Was tun?
Die Linke, der Polizeistaat und der Widerstand zum G 20 in Hamburg
Für den Vorabend des G 20 Gipfels 2017 in Hamburg plante die radikale Linke eine Demo vom St. Pauli Fischmarkt in Richtung des Gipfel-Tagungsortes in den Messehallen. Vorab hatte die Polizei unter Führung des G 20 Gesamteinsatzleiters Hartmut Dudde keine Auflagen für die Demo gemacht. Angeblich, weil es nach dem Lagebild der Polizei keine Gefahrenhinweise gab. Sehr schnell war klar, dass es an diesem Abend keine Demo vom Fischmarkt geben würde. Mit zahlreichen Wasserwerfern und Räumpanzern blockierte die Polizei den Abschnitt der St. Pauli Hafenstraße, auf der sich die Demo aufstellen sollte. Die schweren Polizeifahrzeuge hätten in dieser Aufstellung auch gar nicht wenden können, um die Straße frei zu machen. Nur die Spitze des Demozuges von ca. 12.000 Teilnehmer*innen passte auf den verbliebenen Abschnitt auf der Hafenstraße. Nach Aufforderung der Polizei legten die Genoss*innen an der Spitze des Demozuges ihre Vermummung ab. Ohne weitere Aufforderungen oder Anlass griff die Polizei dann die Spitze der Demonstration mit der nachgereichten Begründung an, der angeblich militante vordere Teil der Demonstration hätte vom größeren Rest getrennt werden sollen. Hätte dies geklappt, wären wahrscheinlich die Spitze der Demo in einen Kessel verwandelt und die Genoss*innen bis zum Ende des Gipfels in die Gefangenenlager gebracht worden. Diese Abtrennung gelang der Polizei zwar nicht, es kam aber durch den Angriff zu vielen Schwerverletzten unter den Demonstrant*innen und es hätte durch Mauerstürze und Massenpanik auch leicht zu Toten kommen können. Noch bis in den späten Abend nach der Zerschlagung der Demo behauptete die Polizeiführung sie habe nur auf Flaschen- und Böllerwürfe etc. aus der Demo reagiert, was jedoch auf Grundlage von eindeutigen Filmaufnahmen auch von den bürgerlichen Medien als gezielte Desinformation entlarvt wurde.
Der Polizeiangriff auf die Wellcome to Hell-Demo war der zwischenzeitliche Höhepunkt einer Eskalationsstrategie gegen die Anti-G20-Mobilisierungen, mit der die Hamburger Stadtregierung und die Polizeiführung den G20-Gipfel gegen die angekündigten Massenproteste abzuschirmen versuchte. Danach entglitt ihnen die Kontrolle über das Gesamtgeschehen: die Polizei konzentrierte sich auf den unmittelbaren Schutz des Gipfels selbst und gab viele Teile der westlichen Innenstadt zumindest phasenweise auf. Nach der als Militäreinsatz inszenierten Beendigung der Straßenschlachten in St. Pauli und im Schanzenviertel begann dann bundesweit das politische Aufräumen: Polizist*innen wurden als heldenhafte Veteran*innen eines Bürgerkriegseinsatzes gefeiert, linksradikaler Widerstand wurde mit Terrorismus von Nazis und IS gleichgesetzt. Als Generalprävention wurde von der CDU die Räumung von jeweils mindestens einem linken Projekt in jeder deutschen Großstadt gefordert. Die Auseinandersetzungen innerhalb der radikalen Linken verbleiben im Wesentlichen ritualhaft in dem von den bürgerlichen Medien und der herrschenden Politik gesteckten Rahmen: Es geht vor allem um Distanzierungsforderungen und Kritik an Distanzierungen, es geht um einzelne Personen. Es geht leider selten um eine jetzt notwendige politische Bewertung der Anti-G20-Mobilisierung und den Gipfeltagen in Hamburg, um eine Diskussion über Kriterien unserer Praxis und über mögliche Perspektiven.
Für eine Diskussion um die politische Einschätzung der Anti-G20-Mobilisierung haben wir einige Thesen formuliert. Sie sind für die schnelle Lektüre knapp gehalten. Im Anschluss findet ihr noch eine umfangreichere Ausführung.