Weiterer Prozess zum Hess-Marsch 2018
Teil 2
Donnerstag 07.11.2019
14.30 Uhr Amtsgericht Tiergarten
Turmstr. 91, 10559 Berlin
Stock/Raum 572
bisher passiert:
Die Richterin plädierte, nach Einsichtnahme des gefilmten Materials und zweifacher Zeugenanhörung der insgesamt 6 einbestellten Polizist*innen, für Einstellung.
Der Festnahme voraus ging die Lüge des Gruppenleiters der Cops, mit der Behauptung, die Angeklagte hätte "Faschistenschwuchtel" zu ihm gesagt, statt des Rufes der FLTI*- Angeklagten 'Deutsche Polizisten schützen die Faschisten'. Anfangs filmisch undokumentiert, führte diese Lüge zur Festnahme und den Folgevorwürfen des mehrfachen Widerstand und Beleidigung.
Die Staatsanwältin konnte sich nach Rücksprache mit der politischen Abteilung nicht unabhängig ein Urteil erlauben und sich auf eine Prozesseinstellung einlassen.
So wird, nach derzeitigem Kenntnisstand, der Folgetermin am Donnerstag stattfinden. Bitte ggf. auf Absagen achten.
Einladung Prozess-Auftakt zum 29.10.2019
Auf halber Strecke zwischen den U-Bahnhöfen Magdalenenstr. und Lichtenberg kam es zu der Verhaftung, als die Marschis von erschreckend vielen, ebenso marschierenden Cops flankiert, ein haarsträubend ekelerregendes Bild zeichneten.
Die Staatsmacht schaffts mit Masse und Gewalt und leitet die Faschist*innen durch linke Kieze. Eine Provokation, die immer öfter Einzug hält als Drohgebärde gegen rebellische Strukturen.
Der/die Störer*in wird in eine ziemlich einblickslose Seitenstraße mit stationierten Einsatzkräften gedrängt und dort repressiven Maßnahmen unterzogen.
Widerstand und zweifache Beleidigung stehen auf dem Papier.
Eingangsstatement der Angeklagten
Gern verweise ich auf viel Übereinstimmung der Prozesserklärung einer Mitaktivist*in vom 25.07.2019, in der eindrucksvoll die staatlichen Strukturen der Repression auseinandergenommen und dokumentiert werden. Nachzulesen auf der Webseite, der von Innenminister Seehofer mit Verbot bedrohten Roten Hilfe.
Der Hess-Marsch 2018 zeichnete sich aus, dass die üblicherweise in Spandau stattfindende Demonstration mit gut geübter Gegendemonstration, eine Routenverlagerung in die als 'links' bekannten Bezirke Friedrichshain und Lichtenberg erfuhr und damit v.a. die Antifaschist*innen vor die Herausforderung stellte, auf riesigen Paradestrassen mit insgesamt 6 bis 8 Spuren in der Landsberger und Frankfurter Allee, die von den Cops wechselseitig zur Führung der Faschodemo genutzt werden konnte, Blockierungen des Naziaufmarsches zu versuchen, was durch spontane Mobilisierung, Breite der Strasse, einem irrsinnigen Polizeiaufgebot kaum möglich war und doch immerhin hier und dort zu Verzögerungen beitrug. Eine solche Routenverlagerung kann nur als politpopulistisch gewollte Provokation in Richtung linker Strukturen zum Gefallen der eigenen Wählerklientel bezeichnet werden, in Verabredung von Innensenat, Polizei und Faschist*innen. Letztere wissen genau, wie sie sich mit den staatlich legitimierten Protestrahmenbedingungen gut in Szene setzen können. Der Staat bot den Faschist*innen, offensichtlich politisch gewollt, die Bühne mit freiem Durchmarschieren bis nach Lichtenberg und erzeugte damit geradezu haarsträubend ekelerregende Bilder, die in ihrer marschierenden Gewalttätigkeit schon eine Besonderheit darstellten. Gerade auf Höhe meiner Festnahme zwischen den U-Bahnhöfen Magdalenenstr. und Lichtenberg bot sich dieses Bild von ungehindert marschierenden Nazis auf der ostwärts führenden Strasse und begleitenden marschierenden Einsatzhundertschaften von Robocops auf der nach Mitte führenden 4-Spurigen.
Wer sollte diese Provokation aushalten? Nichts durfte unversucht bleiben, um als Störfaktor in dieses Bild einzubrechen und wenigstens für einen Moment für Unruhe, Chaos in diesem Gleichgeschalteten Bild zu sorgen.
Diese sich als Rechtsstaat und Demokratie oft und gerne selbst feiernden kapitalistisch Gleichgeschalteten, üben sich ihresteils in ihrer hohlen antifaschistischen Arbeit in gut eingeübten, ebenso ritualisierten Kranzniederlegungen und einer Denk- und Erinnerungspest an den Holocaust, die zur leeren Phrase verkommen ist. Nicht nur digital bestärkt man sich in der eigenen Blase. Diese Blasen gibt es im realen Leben ganz genauso und werden nicht gesehen!
In bürgerlichen Konzerten und Kerzen halten gegen Rechts klopft man sich selbstgefällig auf die Schulter, streicht zeitgleich ganze Programme für Jugendliche und Kultureinrichtungen, die sich der Basisarbeit und den direkten Reibungspunkten gegen Rechts nicht zu schade sind. Auf Parteiebene wird einer AFD politisch und medial eine demokratische Augenhöhe zugebilligt, die ihr mit ihren rassistischen und überall diskriminierenden Interventionen in keinster Weise zusteht. Man muß diesen Rechtspopulist*innen und sowieso Faschist*innen schlicht das Handwerk legen und ihnen keine Bühne zugestehen!
Wenn aber linke Antifaschist*innen dagegen aufbegehren, werden sie diskriminiert und kriminalisiert und mit Repression und Strafverfolgung bedacht. Gut recherchierte Beiträge zu rechten Vernetzungen etc. auf 'linksunten' können nicht mehr nachgelesen werden, weil dieses selbstorganisierte Medium vieler linker Aktivist*innen verboten wurde. Ein nicht hinzunehmender Skandal nach wie vor!
Linke Strukturen, wie der Nordkiez in Friedrichshin, die tägliche Antifa-Arbeit praktizieren und dazu gehören die permanente Reflexion und Zerstörung von immer noch krass faschistoiden Strukturen in dieser Gesellschaft, werden seit Henkels Zeiten pauschal als kbo, kriminalitätsbelastete Orte, als Gefahrengebiet stigmatisiert, um schnell und rechtsfern widerständigen Strukturen begegnen zu können , die einer sich einzig dem Kapitalwert verschriebenen Gesellschaft nur Unruhe und damit schlechte Rendite bringen. Nur weiter so. Sich auf der Strasse antifaschistisch zu positionieren hat zwar einen Wert, einem bürgerlichen Individuum, das sich um Leistung und Lohnarbeit und Konsum dreht, bringt dieser Wert aber keine Punkte. Warum also sich zu sehr aus dem Fenster hängen? Warum sich der Gefahr von Repression und Strafverfolgung aussetzen, wo man doch ein gefälliges antirassistisches Wohlfühlkonzert konsumieren kann, um seinen Beitrag zur bigotten Staatsräson zu leisten? Sich zum Photo-Presse-Termin die Kippa aufsetzen, reicht das?
Prävention von rassistischer Gewalt und Auseinandersetzung mit faschistoiden Strukturen fängt doch viel früher an. Wo bleibt die unbequeme Reflektionsarbeit, wo bleibt der innergesellschaftliche Dialog darüber, was Faschismus wirklich ist? Eine Gesellschaft, die sich den Kapitalpatriarchalen Strukturen derart hemmungslos hingibt, hat nicht verstanden, wieviel faschistoide Struktur in diesem kapitalistischen System steckt. Es wird nicht verstanden, daß ein 'roll back' des Mackertums mit seinen autoritären Zügen in uns tief verwurzelt ist und offensichtlich immer noch wenig bearbeitet wurde, um zu verstehen, um aufzustehen und wirklich dem Faschismus Paroli zu bieten. Die Morde von rechts sind schon passiert und geschehen weiterhin, von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Der Staats- und Verfassungsschutz schützt klar rechts und schiebt, wie beispielsweise mein Polizisten-Vater klar dokumentiert hat, den Linken gewollt Straftaten in die Schuhe, früher wie heute. Man lese gern den letzten Verfassungsschutzbericht nach. Eine AFD kommt kaum vor, dafür werden die Rigaerstr. und andere Strukturen gegen Rechts genau unter die Lupe genommen. Dann passierts schonmal, dass ein Attentäter Amri aus der Observation fällt, weil dem damaligen Innensenator Henkel so wichtig war, die linksradikalen Strukturen in dem Kiez, in dem ich seit 20 Jahren wohne, platt machen zu wollen, um seinen Kapitalfreunden das Bebauen der letzten Ostbrachen für renditefreundliche Luxusbauten zu ebnen, in denen das steuerbegünstigte reiche Klientel möglichst ungestört unsere letzten bunten Freiräume wegkonsumieren kann, da zu laut und zu bunt. Das könnte ja gefährlich sein!