MumiaAbu-Jamal in Bilbao
Über die Arbeit der Solidaritätsgruppe in Bilbao – Euskal Herriko Mumiaren Lagunak (Freundinnen und Freunde von Mumia) – hat die Informations-Kampagne über die Situation des afroamerikanischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal auch im Baskenland Fuß gefasst. Die Medien reagieren langsam und bemühen sich um Information.
Am vergangenen Sonntag gab es im Stadtteil Bilbao La Vieja einen Info-Tisch zur Situation von Mumia. Zusammen mit der Initiative für das Selbstbestimmungs-Recht wurde ein kleines Volksessen organisiert, bei dem auch Mumia präsent war.
Am Mittwoch (15.4.) rief die Unterstützungsgruppe EHML zur Pressekonferenz auf der Fußgänger-Brücke neben dem Markt, die vor 4 Jahren in Mumia-Abu-Jamal-Brücke umbenannt worden war. Damals ging es um den 30sten Jahrestag der Festnahme von Mumia und die Forderung, ihn aus der Todeszelle zu entlassen. Nur wenige Tage vor der Veranstaltungsreihe kam die Nachricht, dass ein Gericht in den USA die Todesstrafe in lebenslang umgewandelt hat. In die erste Freude mischte sich bald auch Besorgnis, denn niemand wusste genau, was Mumia im “Normalvollzug“ erwarten würde. Heute wissen wir es besser: die medizinische Unterversorgung – oder Nichtversorgung – stellt eine lebensgefährliche Bedrohung dar, nicht nur für Mumia, sondern für alle Gefangenen, die medizinische Betreuung brauchen.
Ein Mitglied seines Anwaltsteams bringt es folgendermaßen auf den Punkt: “Mumia Abu Jamal’s near-fatal diabetic emergency was either a case of medical neglect or an attempt at execution through medical neglect”, said Prof. Johanna Fernandez, a member of the political prisoner’s legal team. Eine Übersetzung dieser Feststellung wird kaum nötig sein.
Erinnert sei an dieser Stelle an den tragischen Tod von Phil Africa im vergangenen Januar. Dieser MOVE-Gefangene wurde eines Tages ins Krankenhaus eingeliefert, am nächsten Tag war er tot. Niemand weiß, was geschehen war. An einer Untersuchung gibt es kein Interesse. Oder an den Fall eines anderen Afroamerikaners, der 30 Jahre in der Todeszelle warten musste, bis eine Richterin seine Todesstrafe als Farce netlarvte und ihn vor wenigen Wochen frei ließ.
Nun ist Mumia in einer ähnlichen Situation wie Phil Africa, mit dem Unterschied, dass sein Krankheitsbild nicht ganz überraschend kam, sondern seit Monaten bekannt und absehbar war. Blutuntersuchungen zu machen, ohne einen überhöhten Zuckerwert festzustellen, würde jedem Arzt zwischen Seattle und Berlin normalerweise eine Anzeige wegen Fahrlässigkeit einbringen. Doch genau das passierte Mumia. Seit zwei Wochen haben sich die Symptome derart zugespitzt, dass es nicht mehr von der Hand zu weisen ist, dass es Mumia das Leben kosten kann. Mehr noch: die Behinderungen, die Mumia bei seiner Behandlung erfährt, und die seine Angehörigen erleben, wenn sie ihn besuchen wollen, lassen ahnen, dass es die Verantwortlichen darauf abgesehen haben, durch Nicht-Eingreifen sein Leben in Gefahr zu bringen. Einem schwerkankren Gefangenen im Krankenhaus bei der Behandlung Handschellen anzulegen, spricht für sich. Auch der Zwang, sich vor und nach dem Familienbesuch ausziehen zu müssen. Von den Behandlungsmethoden ganz zu schweigen. Mumias Ehefrau nennt es “Hinrichtung durch Nichtversorgung“ – harte Worte, die leider in jeder Hinsicht gerechtfertigt sind. Auch nach der Aufhebung der Todesstrafe haben die Polizeiverantwortlichen nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie Mumia gerne tot sehen wollen. Wenn diese KKK-Leute solche Bemerkungen ungeschoren in der Öffentlichkeit ausposaunen können, ist es naheliegend, dass sie jede Möglichkeit der Einflussnahme wahrnehmen, um ihr Ziel zu erreichen. Der einzige Schutz für Mumia Abu-Jamal gegen diese Gefahr ist die weltweite Öffentlichkeit, an so vielen Orten wie nur irgend möglich.
So verstand die kleine Solidaritäts-Gruppe in Bilbao ihre heutige Aktion auf der Mumia-Brücke. “Wir hätte eine Kundgebung machen können oder eine Demonstration, aber es wären auch nicht mehr als die zehn Personen gekommen, die zur Pressekonferenz kamen. Also haben wir eine PK gemacht. Es geht uns nicht um die Anwesenheit von Massen, sondern darum, das Thema hier in die Medien zu bringen. Dabei haben wir einen kleinen Schritt gemacht. Heute früh wurden wir von Info Zazpi, einem Radio in Iparralde interviewt, zur PK waren zwei Medien dar, was ein Erfolg ist, wenn wir bedenken, dass es viele Mobilisierungen gegen soziales Elend gibt, dass die staatliche Repression eine große Rolle spielt und dass zusätzlich noch Wahlkampf ist“, resümierte ein Mitglied der Mumia-Gruppe die aktuelle Situation.
“Wir wissen, dass viele, die heute nicht gekommen sind, sich dennoch für das Schicksal von Mumia interessieren und solidarisch sind, das wissen wir aus vielen persönlichen Gesprächen. Am Anfang unserer Solidaritäts-Arbeit hatten wir die Befürchtung, dass es störend wirken könnte, in einem Land, in dem es Hunderte von politischen Gefangenen gibt, mit dem Schicksal eines Gefangenen anzukommen, der in einem ganz anderen Kontinent eingesperrt ist. Aber nichts ist weiter von der Realität entfernt. Die Leute hier haben großes Interesse und sehen es nicht als Konkurrenz, wenn von Gefangenen außerhalb die Rede ist, sondern als Bereicherung des Kampfes gegen Repression. Diese Mentalität hat uns die Arbeit erleichtert. Hier musst du niemand erzählen, was Folter ist, unter welchen Bedingungen Gefangene für ihr Überleben kämpfen müssen. Momentan gibt es 12 baskische Gefangene, die mit Mumia zumindest eines gemeinsam haben: sie müssen sofort entlassen werden, weil sie schwer krank sind, und weil das Festhalten im Gefängnis ihnen gravierende Schäden zufügen oder sie das Leben kosten kann. Hier gibt es den Fall von Ibon Iparragirre, wegen seiner Krankheit wurde er zwischenzeitlich nach Bilbao gebracht. Aber nun ist er wieder in Madrid. Mehrfach wurde er im Knast von Wärtern angegriffen und mehrfach beraubt, als er im Hofgang war. Er hat Krebs, der nicht operiert werden kann, die Justiz ist der Meinung, das ist nicht ausreichend für eine Freilassung aus humanitären Gründen. Das ist menschenverachtend, das würde ich keinem eingesperrten Neonazi wünschen“, so die Vertreter/innen der Soligruppe bei der Pressekonferenz.
“Nächste Woche, am 24.April, ist Mumias Geburtstag, wir werden den Tag nicht einfach so verstreichen lassen, sondern uns etwas einfallen lassen, um noch einmal Leute zu erreichen. Wir sind wenige in der Mumia-Gruppe, aber wir sind genausowenig kleinzukriegen wie Mumia selbst in diesen ganzen 34 Jahren, die er unschuldig im Knast verbringen musste. Mumia ist ein Vorbild“.
Blog der Freund/innen von Mumia im Baskenland (in baskischer und spanischer Sprache):
Quelle: