Infostand zur Situation von politischen Häftlingen in der Türkei an der EHS Dresden

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Wir als AstA und Studierende Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit haben am 28.01.2019 auf dem Campus einen Infostand zur Situation von Gefangenen in der Türkei durchgeführt. Es wurde über die Situation einzelner Gefangener in der Türkei informiert, Briefe geschrieben und eine kleine Ausstellung präsentiert. In den zwei Stunden konnten wir viele gute gespräche mit den Studierenden führ und ein wenig für das Thema sensibilisieren.

 

Darüber hinaus haben wir einen Brief an Adil Demirci verfasst, der in den nächsten Tage an den in Türkei inhaftiert Sozialarbeiter und Journalist gesendet wird. Anbei findet ihr sowohl den Brief, als auch eine offene Erklärung.

 

Wir werden weiterhin aktiv bleiben - in der Hochschule und überall.

 

 

 

 

 

 

DER OFFENE BRIEF AN ADIL DEMIRCI

 

von Studierende der Evangelischen Hochschule Dresden

 

 

 

Lieber Adil,

 

 

 

hochachtungsvoll möchten wir uns mit Dir und den weiteren politischen Gefangenen in der Türkei solidarisieren. Vor einigen Wochen wurden wir durch die Soli-Kampagne über Deine Verhaftung und den anschließenden Gerichtsprozess informiert. Die uns seit längerer Zeit erreichenden schockierenden Nachrichten über die Zustände in der Türkei haben uns veranlasst, selbst aktiv zu werden.

 

 

 

Wir sind Studierende der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden. Wie Du, haben wir dieses Studium begonnen, weil wir die Gesellschaft verändern möchten. Für uns steht nicht die Verwaltung von Menschen innerhalb des Systems im Mittelpunkt, sondern die Emanzipation aller Menschen von Herrschaft, Unterdrückung und Ausgrenzung. Wir sind uns der Grenzen von Professuren und damit auch derer eines Studiums bewusst: Sie führen allzu oft nur dazu, Elend nur zu verwalten und den Menschen darin zu integrieren und ihn damit klein zu halten. Aus diesem Grund sind viele von uns auch außerhalb des Studiums in verschiedenen politischen Initiativen aktiv: Sei es der Kampf gegen die faschistische Reaktion (Dresden ist eine Brutstätte des aufkommenden Nationalismus in Deutschland), die Organisation gegen den immer repressiver werdenden Staat oder die Einforderung für das Recht auf Gestaltung des städtischen Raumes. Uns ist es wichtig, diese kritischen Positionen sowohl in unser Studium als auch in praktische Lohnarbeit hineinzutragen, einen Antagonismus gegenüber den Herrschenden herzustellen und kritisch das Gelernte zu reflektieren. Solidarität ist dabei für uns eine wichtige Waffe: Solidarität mit unseren Kommiliton*innen, aber auch mit den Frauen, LGBTQ, Arbeiter*innen, Gefangenen, Arbeitslosen, Drogenabhängigen, Geflüchteten, Menschen mit Behinderung, Prekären, Illegalen, Obdachlosen etc. Kurz: Solidarität mit allen Menschen, für die in unserer allein auf Profitinteressen ausgerichteten Gesellschaft kein Platz ist!

 

 

 

Aus diesem Grund möchten wir uns an Dich wenden, um zu zeigen, das wir – wenn auch in Freiheit – mit den Gedanken bei Dir sind. Wir möchten Dir Kraft und Mut zusprechen, in dieser unerträglichen Situation die Hoffnung nicht zu verlieren. Weltweit sind wir viele, die sich für den Kampf um Gerechtigkeit, Freiheit und gegen Unterdrückung begeistern lassen. Wir werden immer mehr! Ob die „gilet jaune“ in Frankreich, die Kampagne um den von Polizisten ermordeten Geflüchteten Oury Jalloh in Deutschland oder die Frauen in Syrien/Kurdistan, die für Emanzipation kämpfen – überall auf der Welt setzen sich Menschen für eine bessere Welt ein.

 

 

 

Wir hoffen, dass unser Brief Dich erreicht und wir bald die Nachricht Deiner Freilassung feiern können. Dies wäre ein erster erfreulicher Schritt auf einem langen Weg, der vor uns liegt, bis wir die Früchte unseres Kampfes ernten können: Bis wir nicht mehr die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen hinnehmen müssen, sondern eine Gesellschaft aufgebaut haben, die fernab von Unterdrückung und Ausbeutung funktioniert. Den Glauben daran werden wir nicht aufgeben, auch wenn die Situation noch so dunkel erscheint. Wir hoffen, Du auch nicht!

 

 

 

Solidarische Grüße

 

Studierende der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit

 

 

 

FREIHEIT FÜR ADIL DEMIRCI!

 

SCHLUSS MIT DER ISOLATIONSPOLITIK DES TÜRKISCHEN STAATES!

 

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!

 

 

 

Die Studierendenschaft der Evangelischen Hochschule solidarisiert sich mit den politischen Gefangenen in der Türkei.

 

Wir informieren mit einer Fotoausstellung über die Situation der Inhaftierten. Am Informationsstand können Postkarten an die Gefangenen geschrieben und anschließend verschickt werden. Damit wollen wir ein direktes Zeichen unserer Solidarität setzen.

 

 

 

Zwei Fälle stehen im Fokus der Aktion: Der Prozess gegen Adil Demirci und der Hungerstreik der Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) Leyla Güven.

 

 

 

  • Die 55-jährige Abgeordnete Leyla Güven befindet sich seit dem 8. November im Hungerstreik. Ihr Gesundheitszustand war nach Parteiangaben zuletzt lebensbedrohlich. Mit der über 80-tägigen Hungerstreik begann sie bereits während ihrer Untersuchungshaft. Aktuell wurde sie per Gerichtsbeschluss entlassen und setzt den Streik von zu Hause aus fort. Güven darf das Land nicht verlassen. Mit ihrer Aktion protestiert sie gegen die Haftbedingungen des PKK-Führers Abdullah Öcalan. Der Gründer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sitzt eine lebenslange Haftstrafe auf einer Insel im Marmara-Meer ab, nachdem er 1999 von der Türkei gefasst worden war. Tausende Menschen hatten im mehrheitlich kurdischen Südosten der Türkei für Güven demonstriert. Güven haben sich zahlreiche weitere politische Gefangene angeschlossen.

 

 

 

  • Im April 2018 ist der 33 Jahre alte Kölner Deutschtürke Adil Demirci in die Türkei gereist, um Urlaub in Istanbul zu machen. Vor seiner Rückreise wurde er festgenommen. Der Vorwurf: Der Sozialarbeiter und Journalist der Nachrichtenagentur ETHA soll Mitglied in einer terroristischen Vereinigung sein und Terrorpropaganda verbreitet haben. Ein Standartvorwurf der türkischen Regierung, mit dem sie immer wieder versucht, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Verbreitung von Terrorpropaganda vor, da Sie an Beerdigungen von mutmaßlichen Mitgliedern der MLKP (Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei) und an Gedenkveranstaltungen teilgenommen haben. Bisher hat die Staatsanwaltschaft keine Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt. Die Inhaftierung wird durch die Studierendenschaft der EHS kritisiert und die Freilassung gefordert. Unsere Aktion ist ein aktives Zeichen der Solidarität gegen die Repression des türkischen Staates und die zahlreichen politischen Prozesse und Inhaftierungen. Wir als Studierende müssen über die Lage der inhaftierten Menschen und die politische Situation in der Türkei informieren. Die Türkei ist durch das Präsidialsystem von Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdoğan eine Quasi-Diktatur in der es keine Presse- und Meinungsfreiheit mehr gibt. Die Repressionen durch die türkischen Sicherheitsorgane machen auch vor den Universitäten nicht halt. Als Studierende der EHS Dresden sehen wir es als unsere Pflicht, auch hier aktiv zu sein und unsere Kritik öffentlich hör- und sichtbar zu machen.

 

 

 

WIR FORDERN DIE SOFORTIGE FREILASSUNG

 

DER CA. 55.000 POLITISCHEN GEFANGENEN IN DER TÜRKEI!

 

 

 

Studierende der Evangelischen Hochschule Dresden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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