Sechs gefundene Aktenkartons über Mumia in der Staatsanwaltschaft ...
Am 27. Dezember 2018 sprach Revisionskontrollrichter Tucker in Philadelphia (USA) dem seit über 37 (!) Jahren inhaftierten Journalisten und politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal aus vier unterschiedlichen Gründen ein neues Revisionsverfahren zu. Das war das erste mal seit Mumias Todesurteil 1982, dass ein Richter letztendlich eine Neuverhandlung der juristischen Schuldfrage gegen den ehemaligen Black Panther zugelassen hat. Zurecht feierten Unterstützer*innen diesen Erfolg, denn er könnte mittelfristig zu Mumias Freiheit führen. KÖNNTE muss hier allerdings groß geschrieben werden, denn der neue Bezirksstaatsanwalt, der mit Unterstützung von Black Lives Matter, Decarcerate PA und zahlreichen anderen Bürgerrechtsorganisationen ins Amt gewählt wurde, steht unter enormen Druck, gegen diese mögliche Neuverhandlung in Berufung zu gehen. Droht ihm doch heftiger Gegenwind für sämtliche seiner geplanten und z.T. bereits durcheführten Strafrechtsreformen von Seiten der Fraternal Order of Police (FOP) und ihren parteiübergreifenden Lobbymöglichkeiten. Eine rechte Medienoffensive macht deutlich, dass von ihm erwartet wird, sich gegenüber dem bekanntesten und vermutlich auch umstrittensten Fall politischer Repression in den USA auf die Seite der rechten Law And Order Fraktion zu stellen. Nun gibt es neue Entwicklungen in der Auseinandersetzung.
Anfang Januar 2019 wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft von Philadelphia zwischen Weihnachten und Silvester 2018 auf Möbelsuche in ihrer weit verzweigten Behörde gegangen war. Einen Tag nach der für Mumia sehr erfolgreichen Gerichtsentscheidung hatten sie dann doch überraschenderweise sechs weitere, bisher unbekannte Aktenkartons zu seinem Fall gefunden, die möglicherweise zu einer Neubewertung des Falles führen könne. So schrieben sie es allerdings erst einige Tage nach dem Fund an Kontrollrichter Tucker und boten ihm an, die Aktenkartons zur Einsicht zu nehmen, was er Mitte Januar 2019 auch anforderte. Mumias Verteidigung hat bisher noch keine Einsicht nehmen können.
Heute erschien in der Tageszeitung junge Welt die Übersetzung eines Artikels aus dem us-englischen vom 11. Januar 2019. Autor ist Dave Lindorff aus Philadalphia. Er fasst Mumias rechtliche Geschichte vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen noch einmal zusammen und zeigt die juristischen Möglichkeiten auf: (jW) Ein Funken Hoffnung (24.01.2019) - Der Artikel im englischen Original: (This Can't Be Happening) A Potentially Tectonic Event Shakes up the Mumia Abu-Jamal Case (January 11, 2019)
Am Dienstag dieser Woche meldete nun die Tageszeitung Philadelphia Inquirer, dass Bezirksstaatsanwalt Krasners Büro mitgeteilt habe, in den am 28. Dezember 2018, also einen Tag nach der bahnbrechenden Gerichtseintscheidung für ein neues Revisionsverfahren, gefundenen sechs Kartons seien keine für Mumias aktuellen Fall relevanten Akten enthalten. Nach wie vor überlege Bezirksstaatsanwalt Krasner, Berufung gegen Mumias Option auf ein neues Revisionsverfahren einzulegen. Er könnte das noch bis Anfang nächster Woche tun. Der Artikel: (Philadelphia Inquirer) Philly DA’s Office: Mumia Abu-Jamal case not affected by recently discovered files (January 22, 2019)
Johanna Fernandez, langjährige Unterstützerin und Assistentin von Mumias Verteidigung, sagte Anfang Januar bereits in einem Interview mit dem Fernsehsender Democracy Now, dass Bezirksstaatsanwalt Krasner eigentlich keine inhaltliche Chance habe, erfolgreich gegen die Entscheidung auf ein neues Revisionsverfahren vorzugehen. ABER: er könnte mit einer Berufung für jahrelange Verzögerung sorgen, was angesichts von Mumias hohem Alter und seines angegriffenen Gesundheitszustandes aufgrund der haftbedingten schlechten medizinischen Versorgung eine große Gefahr für den Gefangenen darstelle.
Unterstützer*innen von Mumia haben daher eine Online Petition an Bezirksstaatsanwalt Krasner eingerichtet: Don't Stand in the Way of Justice for Mumia Abu-Jamal! Don't Appeal Judge Tucker's Decision!
Die Gewerkschaft IWLU richtet sich in einem offenen Brief (siehe Foto weiter unten) an den Bezirksstaatanwalt, was sicherlich auch Inspiration für andere sein könnte. Das Bundesweite Netzwerk gegen die Todesstrafe schloss sich dem inzwischen an (weitere Fotos weiter unten). Auf der Rosa-Luxemberg-Konferenz am 12. Januar 2019 in Berlin forderten über 2000 Menschen die Freilassung von Mumia Abu-Jamal.
Das alles soll neben Protesten auf der Straße und Veranstaltungen in Philadelphias Communities dabei helfen, den (einstigen?) Hoffnungsträger auf Straf- und Bürgerrechtsreformen an seine Wahlversprechen zu erinnern bzw. öffentlich daran zu messen. In ca. einer Woche wird voraussichtlich bekannt sein, wie sich Krasner verhält.
Ergänzungen
Veranstalung am 29. Januar 2019 in Philly
film - discussion - organize
Krasner stellt sich gegen neues Revisionsverfahren für Mumia
es ist passiert … der “Strafrechtsreformer” und Staatsanwalt Larry Krasner hat Berufung gegen Mumia 's neues Revisionsverfahren eingelegt …
(Dave Lindorff, TCBH) Krasner to Appeal Justice Castille Conflict of Interest Finding, Failing Test of Principle (January 28, 2019)
FREE MUMIA - Free Them ALL!
... und alles, was du da noch sagen kannst
der Kampf geht weiter: FREE MUMIA - Free Them ALL!
Jedn Dienstag: Staatsanwaltschaft anrufen - tweeten - e-mailen
DO YOUR PART TO FREE MUMIA!
EVERY TUESDAY, CALL 001-215-686-8000 BETWEEN 12-2PM
AND TELL PHILLY DA KRASNER:
(Choose the one you prefer)
"Many people who worked tirelessly for your election feel betrayed. We knocked on doors, held fundraisers and gave our own money to support a “Just DA”. We disagree strongly with your decision to appeal the Mumia ruling, in fact we condemn it. Retract the appeal! Release Mumia now!"
Or
“Your appeal of Black Judge Leon Tucker’s ruling in favor of Mumia defends racist Judge Albert Sabo, who said: ‘I’m going to help them fry the N-word’. He also put more Black and Brown men on death row than anyone else in the US. Retract the appeal! Release Mumia now!”
Or
“Mumia Abu-Jamal was convicted because the police tampered with and ‘lost’ key pieces of evidence; the prosecution manufactured evidence of guilt, suppressed proof of innocence and selected a Jim Crow jury, among other due-process violations. Krasner, your appeal of Judge Tucker’s ruling defends those unjust practices. That’s not what you were elected to do. Retract the appeal! Release Mumia now!”
Or
“Krasner, Black Lives Matter! Stop siding with the FOP and racist corrupt judges like Sabo & Castille and against a Black Judge, Leon Tucker. When you appealed Tucker’s decision, you betrayed us and your own rhetoric about ending mass incarceration and wrongful incarceration. Retract the appeal! Release Mumia now!”
You can also flood the DAs office by Email: justice@phila.gov
and Tweets: @philaDAO