Gegen Ausgrenzung in jeder Form – Video zum 20. Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen

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Dokumentation
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Am 21. Juli 2018 jährte sich der Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen zum 20. Mal. Von Beginn an war er neben Ausdruck der Trauer immer auch Protest gegen eine verfehlte Drogenpolitik, die bis heute in erster Linie auf Verbote und Kriminalisierung ausgerichtet ist. Bundesweit sind im letzten Jahr 1272 Menschen durch Drogenkonsum verstorben. Viele dieser Toten wären vermeidbar gewesen und in den meisten Fällen hat nicht die Droge, sondern der gesellschaftliche Kontext zum Tode geführt.

Anstatt auf gesellschaftlicher Ebene einen mündigen und weniger riskanten Umgang mit Drogen zu entwickeln, werden Drogengebraucher*innen durch ordnungspolitische Maßnahmen und betäubungsmittelrechtliche Regelungen kriminalisiert.
Die Beschneidung öffentlicher Räume durch Privatisierung, Verdrängung durch Stadtteilaufwertung (Gentrifizierung) und polizeiliche Interventionen wie Platzverweise , Ingewahrsamnahmen und Haft gehören für viele zum Alltag.

Soziale Teilhabe wird Drogengebraucher*innen erheblich erschwert, was die persönlichen Entwicklungschancen der Betroffenen deutlich einschränkt.
Der soziale Abstieg durch Stigmatisierung und die damit verbundene soziale Ausgrenzung werden gesellschaftlich begleitet. Kontrolliert und leistungsfähig zu sein ist in der kapitalistischen Werteordnung von hoher Bedeutung und wer dagegen verstösst wird mit dem Attribut der Willensschwäche versehen. Drogengebraucher*innen werden – vor allem in der Figur des obdachlosen und verwahrlosten Junkies – als willensschwach, schlecht und böse beschrieben. Sie tragen den Makel des Kontrollverlustes für alle sichtbar zur Schau. Wenn Drogengebraucher*innen vor allem illegale Substanzen konsumieren und zusätzlich kriminell sind, bieten sich eine Fülle von Attributen zur weiteren Stigmatisierung geradezu an. Das Leben in der Illegalität führt zu weiteren stigmatisierten Merkmalen wie Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Prostitution und ansteckenden Infektionskrankheiten. Ohne Rücksicht auf Verluste wird dem/der Drogenabhängigen angelastet, was ihm/ihr die Gesellschaft zuvor angetan hat. Der gesamte Lebensstil wird verurteilt und die Drogenkonsumierenden haben die Schuld an ihrer Misere allein zu tragen.

Drogengebraucher*innen müssen aber diffenziert betrachtet werden als Personen, die abgetrennt von der Tatsache existieren, dass sie Drogen konsumieren und sie haben ein Recht auf Menschenwürde, das sie sich nicht erst durch Abstinenz verdienen müssen. Hilfen in Anspruch zu nehmen, sollte Menschen in solchen Lebenslagen möglichst einfach gemacht werden, wenn sie dazu bereit sind.

Durch hartnäckigen Einsatz konnten einige Kämpfe im Gesundheitsbereich für Selbstbestimmung und humane drogenpolitische Ansätze Erfolge erzielen. Beispiele sind Drogenkonsumräume, Substitutionstherapie und Diamorphinbehandlung. Die Substitutionsbehandlung konnte sich als die erfolgreichste Behandlungsform der Opiatabhängigkeit in Deutschland etablieren. Statt Heroin werden Medikamente eingesetzt die “den Suchtdruck” mindern. Für viele stehen die gesundheitliche und soziale Stabilisierung sowie ein Leben ohne Beschaffungskriminalität bei dieser Behandlung im Vordergrund. Für manche selbstverständlich auch die Abstinenz. Einige Substitutionspraxen verschreiben inzwischen auch Heroin (Diamorphin bzw. halbsynthetisches Heroin) auf Rezept. Bisher ist ihre Zahl allerdings gering, denn bei der Behandlung mit Diamorphin gelten viele Sonderregelungen, die die Verschreibung erschweren.

Gleichzeitig ist für viele Drogengebraucher*innen der Zugang zum vorhandenen Hilfesystem durch Haft, fehlende Kostenträger oder rassistische Ausgrenzung verschlossen.

Drogengebraucher*innen sind genauso unnormal wie jeder normale Mensch in der kapitalistischen Produktion. Abstinenz ist kein Zeichen für Gesundheit! Ob im Kopf oder zwischen uns. Überwinden wir die Mauern, die uns eingrenzen!

Gegen Ausgrenzung in jeder Form! Für ein selbstbestimmtes Leben! Keine Stigmatisierung von User*innen!

Video: https://vimeo.com/284265303

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Left Report 2018

https://leftreport.org/

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