Hand in Hand mit den Bullen - Die politische Mission von Jörg Reichel (dju)

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Jörg Reichel, Geschäftsführer der „Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union Berlin-Brandenburg“ (dju - eine Untergliederung der Gewerkschaft ver.di), nutzt seinen Job und seine beruflich erworbene Reichweite, um politisch missliebige Meinungen mundtot zu machen. Sein Monitoring von vermeintlichen „Angriffen auf die Pressefreiheit“ unterläuft dabei in vielen Fällen fachliche Standards. Letztendlich schreckt er nicht davor zurück, die Polizei hinzuzuziehen und gezielt staatliche Repression gegen Teilnehmende von nicht-rechten Demonstrationen zu provozieren. Dieser politische Missbrauch beruflicher Privilegien macht ihn auch zu einer Gefahr für linke Versammlungen, die ihm nicht in den Kram passen.

 

Meine Rolle vor Ort ist nicht die eines Journalisten, sondern die eines Beobachters. Meine Rolle vor Ort ist, dass ich mich um die Arbeitsbedingungen und die Pressefreiheit der Kolleg:innen kümmere. Ich bin nicht vor Ort um zu recherchieren, zu berichten, sondern ich schaue, ob die Kollegen vor Ort frei arbeiten können. Dokumentiere Übergriffe und löse Sicherheitsprobleme gemeinsam mit der Polizei.“ Jörg Reichel Deutschlandfunk 25.04.2022

 

Von der Beobachtung von Rechten zur Bespitzelung von Linken

 

Jörg Reichel tauchte in Berlin erstmals vor einigen Jahren am Rande von Demonstrationen auf, um im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer der dju „Gewalt gegen Journalist:innen“ zu dokumentieren. Mit Beginn der Querdenken-Proteste 2020 verstärkte Reichel seine Aktivitäten auf der Straße und auf twitter und inszenierte sich fortan öffentlich als kritischer Beobachter. Zuerst besuchte er fast ausschließlich Neonazi- sowie rechtsoffene Querdenken-Demonstrationen und dokumentierte dort tatsächliche Angriffe auf Journalist:innen und Behinderungen ihrer Berichterstattung. Ab 2021 tauchte er dann auch vermehrt am Rande missliebiger linker Demonstrationen auf – zumeist in Begleitung einer einschlägig bekannten „Journalistin“ aus einem politischen Spektrum, das eine unbedingte und unhinterfragte Israel-Solidarität einfordert („Friedensdemo Watch“ auf twitter). Ihre politische Praxis zeichnete sich über die vergangenen Jahre vor allem dadurch aus, Teilnehmende missliebiger Veranstaltungen gezielt abzufotografieren und anschließend zumeist mit konstruierten Antisemitismusvorwürfen unverpixelt in Fotogalerien im Netz zu veröffentlichen. In diesem Zusammenhang nutzte Jörg Reichel in der Vergangenheit seine berufliche Position zunehmend, um verbale Unmutsäußerungen gegen die politische Arbeit seiner Begleitung als vermeintliche „Angriffe auf Journalist:innen“ aufzubauschen und damit eine vermeintlich allgemeine Bedrohung für Pressearbeit, kurz „Pressefeindlichkeit“, aus bestimmten Teilen des linken Spektrum zu konstruieren. Inzwischen besuchen beide nun unter dem Deckmantel „journalistischer Arbeit“ beinahe wöchentlich gemeinsam Versammlungen, um Teilnehmer:innen abzufotografieren und darauf folgende Reaktionen via twitter als „Angriffe“ auf bürgerliche Freiheiten zu skandalisieren. So bilden Jörg Reichel und die besagte Aktivist:in von „Friedensdemo Watch“ auf entsprechenden Veranstaltungen mittlerweile ein eingespieltes Team.

 

Gefährliche Allianzen und falsches Monitoring

 

Dabei ist ein deutliches Muster zu erkennen. Zuerst veröffentlicht Jörg Reichel einen Post auf twitter, in dem vermeintliche Angriffe oder Bedrohungen behauptet werden. Häufig enthalten diese Posts bereits Aufnahmen, die zuvor von „Friedensdemo Watch“ angefertigt wurden und offensichtlich ohne Umwege den Weg zu Jörg Reichel fanden. Auf eine Quellenangabe wird in Reichels Posts jedoch verzichtet. Etwas später, nachdem Reichels „Monitoring“ und erste Empörungs-tweets bereits einige Reichweite generiert haben, und dabei zum Teil auch von Multiplikator:innen bürgerlicher Medien aufgegriffen worden sind, retweetet der Account von „Friedensdemo Watch“ Reichels Posts und liefert weitere – häufig einseitig diffamierende – Anschuldigung. Dieses Vorgehen im Zusammenhang mit Vorfällen, in die „Friedensdemo Watch“ involviert ist, weicht signifikant von der sonstigen Meldepraxis Reichels ab. In der Regel retweetet er sonst nur twitter-Posts, in denen Journalist:innen selbst von Bedrohungen berichten. Aufgrund dieses arbeitsteiligen und offensichtlich eng aufeinander abgestimmten Vorgehens entsteht mittlerweile der Eindruck, dass Reichel aktiv in die Praxis des Projektes „Friedensdemo Watch“ und der dahinter stehenden Aktivistin involviert ist. Damit steht die Überparteilichkeit seiner Stelle massiv in Frage. Jörg Reichel nutzt seine Position, um unter dem Deckmantel des Monitorings politische Arbeit zu betreiben.

 

Zuerst richtete sich diese gemeinsame Arbeit von Reichel und „Friedensdemo Watch“ noch vorrangig gegen Versammlungen aus dem Querdenken-Spektrum. Dennoch zeigen sich auch hier schon kritikwürdige Tendenzen. Sie dürfen nicht übersehen werden, nur weil die politischen Positionen dieser Demonstrationen konträr zu fortschrittlichen politischen Zielen stehen, da sie zumindest als rechtsoffen gelten müssen, in weiten Teilen jedoch längst von extremen rechten Akteur:innen gesteuert werden. So ist die Monitoring-Arbeit von Reichel seit langem zweifelhaft, wenn er zum Beispiel jede Unmutsbekundung pauschal als „Einschüchterung“ oder physische Annäherungen an ein Kameraobjektiv ohne weitere Differenzierung als „tätliche Angriffe“ vermeldet.

 

Haben Gefilmte beispielsweise lediglich versucht, sich durch ein Abschirmen der Kameralinse gegen allzu penetrantes Abgefilmtwerden aus nächster Entfernung zu schützen, ohne dass der Person hinter der Kamera ein Haar gekrümmt worden ist, tut das der Meldung eines vermeintlich „tätlichen Angriffs“ in Reichels Monitoring vielfach keinen Abbruch. Die derart fragwürdigen Maßstäbe seines Monitorings scheint Reichel ausschließlich als Einzelperson und ohne Rücksprache mit anderen, professionellen und erfahrenen Monitoring-Projekten festzulegen. Damit liefert er einerseits kein realistisches Abbild etwaiger Gewalt- und Bedrohungspotentiale. Andererseits verursacht er potentiell einen politischen Schaden, da eine derart inflationäre und relativierende Handhabung von Meldekriterien auf lange Sicht zwangsläufig Folgen haben wird. Unklar bleibt, ob von ihm jemals eine an transparenten fachlichen Standards orientierte Auswertung gesammelter „Vorfälle“ erfolgt, wie sie bei seriösen Monitoring-Projekten üblich wäre. Oder legt Reichel den Fokus seines „Monitorings“ weiterhin auf kurzweilige Empörungs-tweets und die Steigerung seiner Followerzahl?

 

 

Friedensdemo Watch“

 

Nach der offenkundigen Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Tagesspiegel, um eine maoistische Splittergruppe in den Fokus staatlicher Sanktionen zu rücken, muss wohl nicht mehr viel über die Arbeitsweise und politische Verortung von „Friedensdemo Watch“ gesagt werden. Ohne Zweifel dokumentiert „Friedensdemo Watch“ auch Nazis und andere Rechte, dennoch verwendet sie einen Großteil ihres Engagements darauf, antiimperialistische und internationalistische Positionen zu diskreditieren und sich dabei immer wieder an einzelnen Akteur:innen exemplarisch abzuarbeiten.

 

 

Wer sich im politischen Umfeld nicht auf eine einseitige und bedingungslose Solidarität mit dem Staate Israel vereidigen lässt oder nicht bereit ist linke Zusammenhänge aufgrund von einzelnen problematischen Positionierungen oder Berührungspunkten zu Dritten in Gänze der staatstragenden Hetze bürgerlicher Medien und letztlich auch staatlicher Repression auszusetzen, gerät dabei kompromisslos in den Fokus einer angedichteten Kontaktschuld. In der antideutschen Bubble vermeintlich linksliberaler Neokonservativer, von der „Amadeu Antonio Stiftung“ bis zur „Jungle World“, kommt „Friedensdemo Watch“ damit gut an. Und auch bürgerliche Kampfblätter wie den Tagesspiegel erfreut die – mehr oder weniger – gut informierte Schützenhilfe beim Linken-Bashing. Vor allem autonome, migrantische, revolutionäre und kommunistische Gruppen geraten auf diese Weise mit zunehmender Schärfe in den Fokus einer ideologisch aufgeladenen Pseudo-Kritik. Dazu werden sie oft geradezu kampagnenartig angegangen – mit einer Praxis, die ihre ideologische und tatsächliche Nähe zu staatstragenden Akteur:innen und deren Praktiken kaum noch zu verstecken braucht. „Friedensdemo Watch“ schreckt dabei längst nicht mehr zurück, Fotos und personenbezogene Daten von ausgemachten Gegner:innen öffentlich Preis zu geben. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Informationen über linke Strukturen und Aktivist:innen geleaked und mit Behauptungen mutmaßlich strafbarer Handlungen verknüpft oder mit Steilvorlagen für mögliche berufliche Konsequenzen unterlegt. Der Ruf nach (staatlicher) Repression ist nicht zu überhören. Zudem wurde „Friedensdemo Watch“ in der Vergangenheit mehrfach dabei beobachtet, Fotos auf linken Demonstrationen, wie die der Interkiezionalen, anzufertigen, ohne dass die Fotos veröffentlicht werden. Ob sie die angefertigten Bilder für spätere Diskreditierungen speichert oder direkt den Bullen gibt, um „missliebige“ politische Spektren zu schwächen, kann nur vermutet werden.

 

 

Angekommen in der antilinken Blase

 

 

Jörg Reichel spielt dieses Spiel nur allzu gerne mit und leistet sogar eigenhändige Zuarbeit. Am 19. Februar 2022 besuchte er im Alleingang eine von migrantischen Antifa-Gruppen organisierte Gedenkdemonstration für die Opfer des rechten Terrors von Hanau in Berlin-Neukölln. Anders als sonst üblich, wenn Reichel sich am Rande von politischen Versammlungen herumtreibt und seine Beobachtungen macht, gibt es zu diesem „Monitoring“ von ihm keine eigenen twitter-Meldungen. Dennoch drehte er ein 11-sekündiges Video des Frontblocks, welches noch am selben Abend in einem twitter Beitrag durch „Friedensdemo Watch“ veröffentlicht wurde, in dem die Demo insgesamt verächtlich gemacht wurde. Anschließend retweete Reichel den Beitrag von „Friedensdemo Watch“ mit seinem eigenen Video. Dass er das gezeigte Material am Rande der Demonstration selbst angefertigt hatte, sollte dadurch wohl verschleiert werden.

 

Über Inhalt und Interpretationsrahmen der Parole aus dem 11-Sekundenvideo darf durchaus gestritten werden. Nur nicht zum ersten mal betätigt sich die twitter Blase um „Friedensdemo Watch“ und Jörg Reichel als direkter Kanal in die Springerpresse: Keine 24 Stunden später greift die BILD Zeitung die twitter Ko-Produktion von „Friedensdemo Watch“ und Jörg Reichel wortwörtlich auf. Unter der Schlagzeile „Linksextreme hetzten gegen Israel“ empört sich eine Bundesinnenministerin und ein CDU-Politiker fordert nachträglich die polizeiliche Auflösung der Veranstaltung. An einer differenzierten Darstellung der von linken und antifaschistischen migrantischen Organisationen getragenen Bündnisdemonstration zum Jahrestag des rassistischen Terrors von Hanau, bei der sich bis zu 5.000 Menschen beteiligt hatten, ist offenbar keine Seite interessiert.

 

 

Der jüngste Dammbruch der geschmiedeten Allianz zwischen „Friedensdemo Watch“ und Reichel ereignete sich jedoch jeweils am 16. und 18. April 2022 am Rande von zwei Palästina-solidarischen Demonstrationen in Neukölln. An dieser Stelle wollen wir nicht die Inhalte oder Zusammenhänge dieser Demonstrationen verteidigen oder sie explizit als Teil einer linken Bewegung einordnen. Das gezeigte Vorgehen ist jedoch kein Einzellfall und hat sich in ähnlicher Form bereits auf explizit linken Veranstaltungen angedeutet. Am 16. April wurde „Friedensdemo Watch“ von Teilnehmenden der pro-palästinensischen Demonstration erkannt und am Rande mit verbalen Unmutsbekundungen bedacht - nach jahrelangem Stalking pro-palästinensischer Veranstaltungen kaum verwunderlich. Reichel veröffentlichte kurz darauf ein Video ohne Quellenangabe auf twitter, in dem zu sehen ist wie ein Teilnehmer der pro-palästinensischen Versammlung sehr nah an das Objektiv heran tritt und der filmenden Person, offenbar selbst filmend, sein eigenes Handy entgegen streckt: „Das willst du nicht, wa?“ Die Szene spielt sich direkt vor den Augen einer Gruppe Polizist:innen ab. Noch bevor sich einer der Beamt:innen aus der Gruppe löst und den Teilnehmer schließlich im Alleingang dazu auffordert, weiterzugehen und auf das Recht der „Presse“ zu filmen verweist (Teilnehmer: „Das ist keine Presse!“), sieht man einen mit übergestreiften schwarzen Handschuhen ausgestatteten Begleiter der filmenden Person ins Bild drängen, worauf der Teilnehmer ein Stück zurückweicht.

 

An diesem kurzen Video sind mehrere Sachen erstaunlich. Zuerst wird es von Jörg Reichel auf twitter veröffentlicht, ohne eine Quellenangabe – selbst aufgenommen hat er es jedoch nicht. Gefilmt wurde es nachweislich von „Friedensdemo Watch“. Außerdem ist Jörg Reichel in dem Video selbst ein paar Augenblicke lang zu sehen. Er ist die Person, die an einem sonnigen Frühlingstag – niemand sonst auf dem Video trägt Handschuhe, einige sind mit T-Shirts bekleidet – mit übergestreiften schwarzen Lederhandschuhen durch Neukölln spaziert, und sogleich in die Konfrontation geht. Die Aufnahmen lassen nur den Schluss zu, dass Reichel nicht nur zum Beobachten und Dokumentieren am Rande dieser Demonstration unterwegs gewesen ist. Stattdessen agiert er mittlerweile selbst als eine Art inoffizieller Personenschutz und bereitet sich in dieser Rolle auch auf körperliche Auseinandersetzungen vor. Ein derart offensives Auftreten ist im Rahmen einer „Monitoring“-Funktion nicht bloß fachlich äußerst fragwürdig, es konterkariert auch Reichels professionelle Rolle in geschäftsführender Funktion der dju Berlin-Brandenburg.

 

Zusammenarbeit mit der Polizei

 

Doch damit nicht genug. Zwei Tage später, am 18. April 2022, treibt Reichel sich erneut in Begleitung von „Friedensdemo Watch“ im näheren Umfeld einer pro-palästinensischen Demonstration herum. Auf twitter schreibt Reichel, dass er dabei jener Person begegnet sei, die sich schon am 16. April 2022 über das Filmen von „Friedensdemo Watch“ echauffierte. Reichel berichtet nun, dass er proaktiv auf die Polizei zugegangen sei und eine Anzeige gestellt habe, weil er einen „weiteren tätlichen Angriff“ für möglich hielt. Die Person wurde darauf hin in Gewahrsam genommen.

 

Reichel zeigt hier keine Skrupel, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, um unliebsame Demonstrant:innen zu sanktionieren und mit Repression zu überziehen. Das überschreitet eine beobachtende Monitoring-Aufgabe bei Weitem. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass Jörg Reichel im Verbund mit vermeintlichen „Journalist:innen“ am Rande von Palästina-solidarischen Demonstrationen die Polizei zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen aufstachelt. Bereits am 24. Juli 2021 erschien er gemeinsam mit „Friedensdemo Watch“ und einem Pulk weiterer Fotograf:innen bei einer von linken migrantischen Gruppen organisierten „International Queer Pride“ in Neukölln, an der sich auch palästina-solidarische Gruppen beteiligten.

 

Nachdem der Tross der Fotograf:innen von Teilnehmer:innen und Ordner:innen der Demonstration mehrfach verbal dazu aufgefordert worden war, das systematische Abfotografieren der Teilnehmer:innen zu unterlassen, suchten sie gezielt die Unterstützung der Polizei. Reichel verhandelte dabei mit der Einsatzleitung, sodass der Tross seine Arbeit an der Spitze des Aufzuges unter Polizeischutz fortsetzen konnte. Im Weiteren hetzte Reichel die Beamt:innen auf Demonstrationsteilnehmende, die zuvor Videoaufnahmen der verbalen Auseinandersetzungen gemacht hatten. Diese wurden nun ausgerechnet unter Berufung auf einen Paragrafen zum Schutz der Vertraulichkeit des „nicht öffentlich gesprochenen Wortes“ (§ 201 StGb) verfolgt, weil die Demonstrationsteilnehmenden die Fotograf:innen auf einer öffentlichen Versammlung gefilmt hatten. Ein Paragraf, der sonst regelmäßig von der Polizei selbst instrumentalisiert wird, um kritische Beobachter:innen, die Polizeieinsätze mit ihren Handykameras dokumentieren, mit Repression zu überziehen. Auf „Friedensdemo Watch“ wird später eine „extreme Pressefeindlichkeit“ herbeifantasiert. Jörg Reichel berichtet sogar von einer vermeintlichen „Hetzjagd auf Journalist:innen“. Kein Wort darüber, dass es sich bei mindestens einer der beteiligten Fotograf:innen um eine einschlägig bekannte Aktivist:in handelt, mit deren staatstragendem und diffamierendem Handwerk er sich mittlerweile bestens auskennen sollte.

 

Politische Doppelmoral

 

Dass Jörg Reichel bei der Ausübung seiner Arbeit ohnehin kein linkes oder solidarisches Grundverständnis an den Tag legt, zeigte allerdings schon sein Wirken gegenüber einer stadtteilpolitischen Bündnisdemonstration am 30. April 2021 im Wedding. Einige Stunden nach dem Ende der Veranstaltung postete Reichel einen Screenshot des staatstragenden russischen Mediums RT-Ruptly (zugehörig zu „Russia Today“), auf dem zu erkennen ist, wie ein Teilnehmer sich und seine Mitdemonstrierenden mittels eines Regenschirms vor dem Abgefilmtwerden durch RT-Ruptly zu schützen versucht.

 

Ruptly war Demogänger:innen schon länger dadurch aufgefallen, linke Demonstrationen über Stunden hinweg im Livestream zu begleiten und die Teilnehmenden dabei zu unverpixelt vorzuführen. Die Aufnahmen wurden dem vornehmlich rechten Publikum im Live-Stream präsentiert, Kommentare unter den Streams bestanden ausschließlich aus anti-linker Hetze. Das Abschirmen vor einem Zugriff durch RT-Ruptly wertete Reichel in diesem Fall als „Behinderung der Pressearbeit“ und er hielt es offenbar für notwendig, in diesem Kontext explizit darauf hinzuweisen, dass die „Polizei passiv“ geblieben sei. Damit muss der Eindruck entstehen, als habe Reichel sich ein polizeiliches Vorgehen gegen die linken Demonstrationsteilnehmer:innen, die sich dagegen wehrten, von rechten Medien gefilmt zu werden, geradezu herbei gesehnt.

 

Wie ernst es Reichel mit der Verteidigung vermeintlicher „Pressearbeit“ durch ein Medium wie RT-Ruptly ist, zeigt sich nur wenige Monate später. Nach dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine likte der dju-Geschäftsführer Meldungen über Entlassungen von Mitarbeiter:innen bei RT und den praktischen Zusammenbruch des Sendebetriebs. Sympathien für die russische Staatsraison sind dem dju-Geschäftsführer und seinem politischen Umfeld sowieso kaum zu unterstellen. Näher liegt, dass es Reichel mit seiner Unterstützung für RT-Ruptly und der Kritik am Nichteingreifen der Polizei, um eine härtere Gangart gegenüber Teilnehmer:innen einer traditionellen linken Veranstaltung im Wedding ging, die in der Vergangenheit bereits mehrfach durch „Friedensdemo Watch“ diffamiert und damit als Gegner:in markiert worden war.

 

Jörg Reichel runter von linken Demos

 

 Jörg Reichels Kampf für „Pressefreiheit“ und gegen vermeintliche „Pressefeindlichkeit“, diente – wie dieser Text aufzeigt – zuletzt vielfach der politischen Beihilfe und Kompliz:innenschaft mit der politischen Praxis seines aktivistischen Umfeldes. Durch die Instrumentalisierung seiner Stellung als geschäftsführender Gewerkschafter der dju ist Jörg Reichel auf linken Veranstaltungen nicht länger tragbar.

 

 

Anstatt ein seriöses „Monitoring“ zu betreiben, beteiligte er sich wiederholt an Aktivismus und tritt zuweilen als de facto Personenschutz von „Friedensdemo Watch“ in Erscheinung, während diese Veranstaltungen und ihre Teilnehmer:innen diskreditiert. Damit überschreitet Reichel die Grenzen seiner vermeintlich professionellen Rolle. Es muss angenommen werden, dass er seine Tätigkeit am Rande von Demonstrationen auch über die genannten Beispiele aktiver Kooperation und Zuarbeit hinaus nutzt, um selbst für „Friedensdemo Watch“ zu recherchieren. Von seiner Aufgabe, Angriffe auf Journalist:innen und Behinderungen von Pressearbeit einem glaubwürdigen Monitoring zu unterziehen, ist er dabei schon lange abgekommen. Vor allem rund um den bevorstehenden 1. Mai und den 30. April muss damit gerechnet werden, dass er mit seinem aktivistischen Umfeld wieder am Rande von linken Veranstaltungen präsent sein wird, um sich mehr oder weniger offensichtlich an der Bespitzelung missliebiger Aktivist:innen zu beteiligen. Angesichts seiner fehlenden Skrupel, die politische Praxis seines Umfeldes mit den Mitteln staatlicher Repression durchzusetzen, stellt seine Anwesenheit eine Gefahr für linke Bewegungen dar.

 

Im Gegensatz zur Praxis von „Friedensdemo Watch“ und Konsorten haben wir uns in dieser Stellungnahme bewusst dagegen entschieden, weitere personenbezogene Details zu den privaten, beruflichen und aktivistischen Hintergründen der genannten Personen öffentlich zu machen. Ein öffentliches Bloßstellen und Ausliefern möglichst vieler persönlicher Lebensbereiche ist nicht in unserem Sinne und der Gedanke einmal so zu arbeiten wie „Friedensdemo Watch“ widert uns an! Wir suchen die politische Auseinandersetzung und da, wo es erforderlich ist, müssen wir einer linken Bewegung die Möglichkeit geben sich vor dieser Bespitzelung zu schützen. In der Öffentlichkeit beziehen wir uns dabei nur in dem Maße auf personenbezogene Informationen, wie sie zur Kritik der beschriebenen Praxis unbedingt erforderlich sind.

 

Von „Friedensdemo Watch“ und Co. erwarten wir eine solche Nachsicht, die wir selbst in einem innerlinken Streit nach wie vor für selbstverständlich halten, nicht. Sie haben es oft genug bewiesen: Wenn sie können, sind sie die Ersten, die uns beim Staatsschutz empfehlen und unsere Lebensläufe der Allgemeinheit zum Fraß vorwerfen.

 

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