[DAN] Hermann-Löns-Straße in Oury-Jalloh-Straße umbenannt

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Protest gegen rassistische Polizeigewalt Samstag, 10:30 Uhr, Lüchow

 

Wir haben in der Nacht zum Freitag anlässlich des globalen Widerstands gegen rassistische Polizeigewalt die Lüchower Hermann-Löns-Straße in Oury-Jalloh-Straße umbenannt und fordern von der Gemeinde, diese Umbenennung auch offiziell vorzunehmen.

Hermann Löns war Journalist, Lyriker, Antisemit, Frauenhasser – und Rassist. Das machte ihn bis an die Spitze des NS-Regimes beliebt und zum Vordenker. Adolf Hitler persönlich ordnete 1933 die Exhumierung seiner Leiche in Frankreich und die Überführung nach Deutschland an. Daraufhin stritten sich diverse Nazi-Fraktionen darum, wer den Leichnam wo und wie begraben darf und lieferten sich einen skurrilen Ausbuddel-Wettbewerb um seine sterblichen Überreste. Eine Ikone der nationalsozialistischen Bewegung wird in Lüchow mit einer nach ihm benannten Straße geehrt? Nicht mit uns.

Oury Jalloh wurde im Jahr 2005 von Dessauer Polizisten in Polizeigewahrsam ermordet und verbrannt. Die bis heute verschleppte juristische Aufklärung des Falls beschäftigt nach wie vor Angehörige, Freund*innen, Aktivist*innen, Gerichte und Politik. Obwohl offensichtlich ist, dass der oder die Mörder der Polizei Dessau gedeckt werden und die Ermittlungen manipuliert haben, gibt es noch immer keinen ausreichenden politischen Willen, effektiv gegen die Polizeibehörde vorzugehen und die Schuldigen zu finden. Der Name Oury Jallohs erinnert so beispielhaft daran, dass in Deutschland Dutzende Schwarze und People of Color in Polizeigewahrsam umgekommen sind.

Die Rechercheinitiative „Death in Custory“ sprach jüngst von 159 gezählten Todesfällen von Nichtweißen in deutschem Polizeigewahrsam seit 1990. 159 Tote – eine unvorstellbare Zahl. Mariama Djombo Diallo, die Mutter Oury Jallohs, wird die Aufklärung der Ermordung ihres Sohnes nicht mehr erleben. Sie starb 2012.

Wie sie gab und gibt es hunderte Angehörige von in deutschem Polizeigewahrsam umgekommenen, totgeschlagenen und ermordeten Menschen, die wissen wollten und immer noch wissen wollen: Was ist mit meinem Sohn, meiner Ehefrau, meinem Vater, meiner Enkelin, meinem Freund geschehen? Wer ist für seinen oder ihren Tod verantwortlich? Wer läuft weiterhin frei herum, schikaniert als Polizeibeamte*r weiterhin Schwarze und People of Color wie der Mörder von George Floyd, Derek Chauvin, der wegen Dutzender vorheriger Übergriffe und Attacken hätte gefeuert und gestoppt werden können?

Die erneut aufgeflammten Black-Lives-Matter-Proteste in den USA im Nachgang der Ermordung von George Floyd haben eine weltweite Welle der Solidarität mit der afroamerikanischen Bevölkerung und des Protests gegen rassistische Polizeigewalt ausgelöst. In Deutschland gingen Zehntausende auf die Straße und machten deutlich: auch hier ist rassistische Polizeigewalt Alltag, keine Ausnahme. Der Prozess, Rassismus zu beenden und dafür zu sorgen, dass Millionen von Menschen unbehelligt, unbenachteiligt, undiskriminiert und unangetastet in diesem Land leben können, wird Jahrzehnte dauern. Wir fordern ein öffentliches Bewusstsein für diesen Umstand und eine fortlaufende Ermahnung an die Umsetzung der Menschheitsideale allgemeiner Gleichheit und Freiheit. Rassismus beginnt bei Weißen – Weiße sind dafür verantwortlich, ihn zu beenden.

Der mit der Benennung einer Lüchower Straße geehrte Hermann Löns wiederum ließ Ekelhaftigkeiten von folgendem Kaliber von sich: „Weiber sind keine Vollmenschen, denn sie haben keine Seele, sondern nur einen Uterus“, „Ich bin Teutone hoch vier. Wir haben genug mit Humanistik, National-Altruismus und Internationalismus uns kaputt gemacht, so sehr, daß ich eine ganz gehörige Portion Chauvinismus sogar für unbedingt nötig halte. Natürlich paßt das den Juden nicht …“, „So ist die Jagd ein wichtiges Mittel, die Schäden der Überkultur abzuschwächen und der Rassenentartung vorzubeugen“, „Wo auf der Erde etwas Großes geschaffen wurde: immer gab blondes Blut den Anstoß dazu“.

Rassistische Kontinuitäten wie der Kult um Hermann Löns müssen sichtbar gemacht und kritisiert werden. Wenn der Rassismus aufhören soll, müssen wir uns die ganz normale rassistische Sozialisierung, die Abwertung und Entmenschlichung nichtweißer Menschen, immer wieder ins Bewusstsein rufen. Wir müssen verstehen: als Weiße*r in diesem Land zu leben bedeutet, rassistische Privilegien zu haben und rassistische Weltbilder und Normalitäten in sich aufzusaugen. Als Nichtweißer in diesem Land zu leben, bedeutet, die Konsequenz dieser Tatsachen am eigenen Leib zu tragen. Eine Oury-Jalloh-Straße in Lüchow wäre ein kleiner, bescheidener, aber angemessener Schritt, dem etwas entgegen zu setzen. Sie wäre Mahnung an die nach wie vor offene, nicht heilende Wunde, die Ourys Tod in der Schwarzen Community und bei Schwarzen Deutschen hinterlassen hat. Viele weitere, größere Schritte müssten folgen.

Wir fordern von allen Kreisfraktionen außer der AfD, sich unserer Forderung nach Umbenennung der Herman-Löns-Straße in Oury-Jalloh-Straße anzuschließen und dies öffentlich zu bekunden. Namentlich erwähnt und aufgerufen seien die Fraktionsvorsitzenden Christian Carmienke (CDU), Klaus-Peter Dehde (SPD), Kurt Herzog (SOLI), Andreas Kelm (Grüne) und Wolfgang Wiegreffe (UWG). Was tun Sie, um sich mit dem Protest gegen rassistische Polizeigewalt zu solidarisieren?

Um unser Anliegen zu untermauern, rufen wir für Samstag den 13. Juni, 10:30 Uhr, zu einer Demonstration am SKF-Kreisel in der Nähe der Oury-Jalloh-Straße in Lüchow auf.

Kommt mit Mund-Nasen-Bedeckung, Megaphonen und Transparenten, malt Plakate und Schilder und stellt euch auf den Grünanlagen des Kreisels mit Sicherheitsabständen zu einer Protestkundgebung gegen Rassismus und rassistische Polizeigewalt auf – in Gedenken an Oury Jalloh! Im Anschluss wollen wir ab 10:45 über die Königsberger Straße und rechts in die Eichendorffer Straße in die naheliegende Oury-Jalloh-Straße laufen, um dann über die Lessingstraße, den Rehbecker Weg, die Königsberger Straße, die Doktor-Lindemann-Straße und die Lange Straße zum Lüchower Marktplatz zu ziehen und dort unsere Aktion zu beenden.

Black Lives Matter!
Leave No One Behind!

Samstag, 13.06.2020, 10:30 Uhr, SKF-Kreisel nahe der neuen Oury-Jalloh-Straße, Lüchow

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