(K)Ein Vergleich?
"Zwischen dem 11. Juni 1940 und dem 1. Mai 1945, während des Zweiten Weltkrieges, verloren in Mailand während der Bombardierungen innerhalb von 5 Jahren 2.000 Zivilisten ihr Leben; wegen des Coronavirus ließen in der Lombardei innerhalb von zwei Monaten 11.851 Zivilisten ihr Leben, fünfmal mehr... Ein numerisch – überwältigender Zusammenhang".
Domenico Arcuri, 18. April 2020
[ursprünglich aus Kalabrien, heute ausserordentlicher Notstandskommissar für die Stärkung der Krankenhausinfrastrukturen in Folge des Corona - Virus]
Tatsächlich hat er vollkommen Recht. Die vom Notstandskommissar gestern Vormittag genannte Zahl ist wirklich überwältigend. Auch wir waren beeindruckt. Es versteht sich von selbst, dass der Zweck des Funktionärs, wie jene der verschiedenen Medien, die seine Worte aufgegriffen und amplifiziert haben, nur darin besteht, Benzin in das Feuer der Kriegsrhetorik zu streuen, mit der die Regierung eine ansonsten undenkbare nationale Einheit erreichen will. Aber dieser Vergleich zwischen den Bombenanschlägen der Vergangenheit und der Pandemie der Gegenwart ist unter vielen Gesichtspunkten interessant, wir wären fast geneigt zu sagen, entlarvend. Deshalb lohnt es sich, näher darauf einzugehen. Aber nur einen Augenblick, damit das klar ist. Am Rande des Abgrunds könnte zu viel Schwindel(gefühl) schlecht für uns sein.
Bereits der krampfhafte Versuch einen medizinischen Notstand als militärischen Konflikt zu bezeichnen, ist peinlich. Da gesagt und bis zur Erschöpfung wiederholt wurde, dass dieses Virus keine biologische Waffe ist und nicht in irgendeinem Geheimlaboratorium hergestellt wurde, kann ausgeschlossen werden, dass es der plötzliche Angriff eines ausländischen Militärs war, der den Tod in Krankenhäusern und Pflegeheimen in der Lombardei gesät hat. Vielmehr wurde das unvermeidliche Schicksal durch die anhaltende Dominanz der Wirtschaft über jeden Aspekt der menschlichen Existenz beschleunigt. Tausende von alten und kranken Menschen sind gestorben, weil Profit nunmehr sowohl zum sozialen Leitmotiv von Unternehmen, zum politischen Motiv von Staaten als auch die Basis für menschliches Leben geworden ist, im Anbetracht dessen, von Sicherheitsmaßnahmen angefangen, bis hin zu familiären Zuneigungen, alles vergänglich geworden ist. Da aber das praktische Heilmittel gegen diese Offensichtlichkeit nicht nur darin bestünde, die Alltagsroutine für eine gewisse Zeit auszusetzen, sondern ihr vielmehr für immer ein Ende zu setzen, besteht der einzige Weg zur Wiederherstellung der Normalität darin, der unsichtbaren Natur die Verantwortung für eine Entwicklung zuzuschreiben, die von konkreten Menschen mit einer konkreten sozialen Rolle, die allesamt Nachnamen, Vornamen und Adresse besitzen, vorangetrieben wird.
Es ist erstaunlich, wie diejenigen, die vom Wirbel dieser historisch-numerischen Referenz eingenommen sind, nicht erkennen, dass der Vergleich der Bazillen eines Virus mit alliierten Piloten nicht gerade ein brillanter Einfall ist. Noch ist es die Opfer des ersten oder zweiten Falls zu vergleichen. Die Bombardierungen, die Mailand zwischen 1940 und 1945 trafen, wurden von britischen und amerikanischen Streitkräften durchgeführt, um die faschistische Regierung, die damals mit den Nazis verbündet war, zu treffen. Die Absicht war, die Bevölkerung zum Aufstand gegen Mussolini zu drängen. Was für einem kranken Kopf könnte es einfallen, den damaligen Krieg mit der heutigen Pandemie zu vergleichen? Damals starben Tausende von Männer, Frauen und Kinder unter den Trümmern einer von Bomben zerfetzten Stadt. Kann man sie nur wegen des im Übrigen immer ungewissen Ausgangs eines Teststreifens mit den Opfern vergleichen, die jetzt in einer ganzen Region gezählt werden? Kann man die 200 Kinder, die zweifellos Opfer des Bombardements waren, das im Oktober 1944 durchgeführt wurde, um zu versuchen, die Fabrik in Breda zu zerstören, jemals mit den 160 alten Menschen vergleichen, die im Hotel Pio Trivulzio (Lombardei) zum Teil an einem Virus starben?
Der zahlenmäßige Hinweis des Notstandskommissars ist daher nicht nur überwältigend, sondern vor allem abwegig. Aber es gibt ein Merkmal, das es fast komisch macht. Wenn der Krieg gegen das Virus in der Tat ein Krieg ist, weil er in der Lombardei in zwei Monaten fünfmal so viele Opfer der Bombardierung Mailands während des Zweiten Weltkriegs gefordert haben soll, was sollen sie dann in Deutschland sagen? Dass sie sich vor Gelsen schützen? Was sind schließlich die mehr als 4.000 Opfer, die dem Virus heute zugeschrieben werden, verglichen mit den Hunderttausenden von Menschen, die in jenen Jahren in den Trümmern von Hamburg, Dresden, Berlin umgekommen sind...?
Darüber hinaus ist anzumerken, dass vor etwa achtzig Jahren die Moral der italienischen Zivilbevölkerung Gegenstand ständiger Diskussionen zwischen den britischen politischen und militärischen Führern war, welche sich sicher waren, dass Italien das einzige Land in Europa sein würde, das unter den Bombenangriffen rasch zusammenbrechen würde. Im August 1940 schrieb Kriegsminister Anthony Eden an Churchill: "Ich bin der Überzeugung, dass es von größter Wichtigkeit ist, unsere Offensive gegen die Italiener im Mittelmeer auf dem Land-, See- und Luftweg zu entwickeln. Italien ist der schwache Partner [der Achse], und wir haben mehr Chancen, es mittels Bombardement aus dem Krieg zu werfen, als bei Deutschland". Vier Monate später kam ein Treffen im Kriegsministerium zu dem Schluss, dass Italien keine besonders heftigen Bombardierungen brauche, da das emotionale Temperament der Italiener so schwach sei, dass sie sich selbst kleineren Angriffen beugen würden; die "Psychologie der Italiener" wurde als "kriegsuntauglich" angesehen.
Die durch den Bombenangriff auf Genua am 9. Februar 1941 im ganzen Belpaese hervorgerufene Furcht schien die britische Regierung in ihrer Einschätzung des italo-idiotischen [italiota] Mutes zu bestätigen, nachdem dieser von eine Geheimdienstquelle beobachtet worden war: "Obwohl die tatsächlichen Auswirkungen des Bombenangriffs begrenzt waren, sind die moralischen und psychologischen Auswirkungen enorm". Nach den Bombardierungen Ende 1941 auf einige Städte in Norditalien, darunter Mailand, stellte der Chef der britischen Luftwaffe, Arthur Harris, fest, dass sie zwar leichter waren als die, die Deutschland trafen, "aber die Auswirkungen auf die italienische Moral waren enorm und völlig unverhältnismäßig".
Als wolle man sagen, dass die Italiener während des Zweiten Weltkriegs nicht nur als bloße Schlappschwänze betrachtet wurden, die einer Witzfigur wie Mussolini die Macht gegeben hatten, sondern auch als Angsthasen, die wegen einer Kleinigkeit in Panik gerieten. So schlapp [abulici], dass sie weder in der Lage waren, ihr eigenes Regime, das sie zwanzig Jahre lang unterdrückt hatte, zu stürzen, noch sich jene vorzuknöpfen, die sie jetzt bombardierten ("Einer der überraschendsten Aspekte des Gefühlszustands in Italien ist der relative Mangel an Feindseligkeit gegenüber den Briten und Amerikanern. Diese Haltung scheint durch die jüngsten schweren Luftangriffe auf italienische Städte nicht ernsthaft beeinträchtigt worden zu sein", schrieb Eden, der 1943 zum Außenminister wurde).
Kurz gesagt, es wäre zum Lachen, die heutigen Virologen gleich wie die alten Gefolgsleute in schwarzen Hemden zu behandeln - trotz eines Kriegsverbrechers wie Burioni [Roberto Burioni, ein weitbekannter Professor für Virologie und Mikrobiologie der Universität in Mailand, dem rechten Spektrum zugehörig]... -, aber wenn sie wirklich wollen, dass wir das feige, «glauben-gehorchen-kämpfen» derer, die den faschistischen Gruss machten, mit dem feigen, «glauben-gehorchen-sich impfen» jener vergleichen, die sich freiwillig zu Hause einschliessen, wie können wir sie somit nicht zufriedenstellen?
[19/4/20]
https://ausnahmezustand2020.blackblogs.org/2020/04/20/kein-vergleich/