Schwarzfahr-Prozess: Immer absurdere Tricks der Staatsanwaltschaft, um Aktionsschwarzfahrer doch bestrafen zu können

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Schwarzfahr-Schild

Am 30. November reichte der Angeklagte eine Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft ein - wegen Verfolgung Unschuldiger. Denn die Staatsanwaltschaft hatte für eine Demonstration gegen die Kriminalisierung von Schwarzfahrer_innen und für den Nulltarif im öffentlichen Personenverkehr einen Strafbefehl beantragt und dort wider besseren Wissens behauptet, die Aktivist_innen "benutzten den äußeren Umständen nach als zahlungswilliger Fahrgast" den Zug am 2. März (Aktionsschwarzfahrt von Kempten über München nach Gießen).

http://www.schwarzstrafen.de.vu

Diese Lüge war notwendig, um ein strafbares Verhalten behaupten zu können – weil die von der Zugbegleiterin beschriebene Demonstration mit klar erkennbarer Kennzeichnung des Schwarzfahrens eben nicht strafbar wäre. Die Strafverfolgung und die belastende Lüge seien derart verfälschend, dass die Straftatbestände der "Verfolgung Unschuldiger" und der "falschen Verdächtigung" erfüllt sind – so der Angeklagte, der nun die ihn verfolgende Behörde also selbst anzeigt. Es sei zudem nicht das erste Mal, dass die Gießener Staatsanwaltschaft mit Lügen und Erfindungen gegen ihn vorgehe, fügte er in der Strafanzeige hinzu.

Doch die Staatsanwaltschaft reagierte schnell und teilte am 11.12. mit, dass "die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt" wird. Die Strafanzeige wurde also gar nicht erst überprüft. In der Begründung hieß es weiter: "§ 344 StGB setzt voraus, dass ein Unschuldiger vorsätzlich verfolgt wird. Unschuldig im Sinne von § 344 SGB ist, wer wegen einer rechtswidrigen Tat materiell nicht schuldig ist (Fischer, StGB, 62 Aufl., § 344 Rdnr. 4.). Selbst wenn der Anzeigeerstatter nicht wegen § 265a StGB verurteilt werden sollte, ist cr keineswegs unschuldig: Wegen des Verteilens von Flugblättern, in denen zum "Schwarzfahren" mit Hinweisschild aufgerufen wird, besteht gegen den Anzeigeerstatter der Verdacht der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten gemäß § 111 Abs. 1 StGB. Gegenstand des Strafbefehls und der Hauptverhandlung ist die prozessuale Tat im Sinne von § 264 StPO. Ob der Anzeigeerstatter wegen Leistungserschleichung oder wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten verurteilt wird, mag dahinstehen: Unschuldig im Sinne von § 344 StGB ist er auf keinen Fall."

Der Angeklagte, der die Anzeige gestellt hatte, kommentierte die Nicht-Ermittlungen so: "Es sind schon schlimmere Fälle ausgedachter Straftaten vertuscht worden - da ist das Verhalten der Staatsanwaltschaft keine Überraschung." Die Begründung sei aber doch bemerkenswert, und zwar gleich in zweierlei Hinsicht: "Erstens wird hier eine Verfolgung Unschuldiger mit dem Verdacht einer anderen Straftat verneint - eigentlich wird der Fehler also zugegeben. Und zweitens deutet die Staatsanwaltschaft selbst an, dass das offensive Schwarzfahren keine Straftat ist, aber der beim Aufruf dazu soll es dann doch eine sein. Absurd!" Außerdem würde auch in Gießen das Sprichwort gelten: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus."

Der Prozess wegen des offensiven Schwarzfahren geht hingegen weiter. "Dass die Staatsanwaltschaft trotzdem weiter offen gekennzeichnetes Schwarzfahren verfolgen will, zeigt sich daran, dass der Prozess gegen mich weiterläuft", weist der Angeklagte auf das mehrfach widersprüchliche Verhalten der Strafverfolger hin und auf den bevorstehenden nächsten Verhandlungstag hin. Am Montag, den 21.12., soll im Amtsgericht Gießen (Gutfleischstraße 1, voraussichtlich Raum 200 im Gebäude A) ab 12 Uhr eine weitere Zeug_in vernommen werden. Behandelt werden muss auch der Befangenheitsantrag, den der Angeklagte stellte, nachdem ihm sowohl eine von ihm vorbereitete Erklärung zu Rechts- und Sachfragen am Beginn der Verhandlung wie auch eine ihm zustehende Erklärung nach einer Zeug_innenvernehmung verweigert worden war.

 

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Ergänzungen

es wäre schön, wenn ihr den begriff "schwarzfahren" ersetzen könnte. aus antirassistischer sicht geht er nicht klar. danke.

weiterhin alles gute bei den prozessen.

solidarische grüße