Mit Adbusting in den Verfassungsschutzbericht?

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Mit dem Begriff „Adbusting“ wird eine Spielart der Kommunikationsguerilla bezeichnet, die sich mit dem Verfremden und Verändern von Werbung im öffentlichen Raum beschäftigt  Der euphemistisch als „Verfassungsschutz“ bezeichneten Inlandsgeheimdienst findet diese Tätigkeit neuerdings sehr alarmierend. Im sogenannten „Verfassungsschutzbericht“ warnt der Geheimdienst vor der diskreditierenden Wirkung von verfremdeter Werbung.

Proteste gegen den Polizeikongress
Wer nicht glaubt, dass demokratische Geheimdienste sich mit so etwas beschäftigen, möge sich im aktuellen sogenannten „Verfassungsschutzbericht“ auf Seite 127 vom Gegenteil überzeugen. Auf Seite 127 findet man im aktuellen sogenannten „Verfassungsschutzbericht“ ein wunderschönes Aktionsfoto. Es stammt von einer Protestaktion der Gruppe "Da_fuer_dich" gegen eine als „Polizeikongress“ bezeichnete Werbe- und Lobbying-Veranstaltung der Aufrüstungsindustrie in Berlin Jahr 2018.

"Da für 5003 Schlagstockeinsätze"
Das Foto zeigt ein bis zur Kenntlichkeit entstelltes Werbeplakat der Berliner Polizei. Statt dem originalen Propaganda-Spruch„Da für 5003 Demos pro Jahr und die Freiheit der Meinung“ lautet die Variante im VS-Bericht: „Da für 5003 Schlagstockeinsätze und die beste G20-Party“. Auch die Unterzeile ist verändert. Statt „Da für Berlin“ heißt es passenderweise „Da für Gewalt“ (die Aktionsfotos von damals sind u.a. auf maqui.blogsport.eu dokumentiert. Das Original-Posting bei linksunten.indymedia gibt es nicht mehr, weil der deutsche Staat diese Veröffentlichungs-Plattform verboten hat).

Polizeikräfte diskreditieren
Das Bild der Adbusting-Aktion ist in folgenden Absatz eingebettet: „Neben physischen Angriffen auf Polizeikräfte versuchen Linksextremisten gezielt, die Polizeibehörden allgemein in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Dazu bedienen sie sich neben den klassischen Verbreitungsformen wie Printmedien auch der Aktionsform des „Adbustings“. Dabei verfremden Linksextremisten Werbeplakate der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden im öffentlichen Raum, indem sie diese mit Parolen versehen, welche Polizeibeamte oder Angehörige der Sicherheitsbehörden als Verbrecher oder die Polizei als Instrument eines willkürlich agierenden Unrechtsregimes darstellen. So wurden im Vorfeld des am 6. und 7. Februar 2018 in Berlin veranstalteten Europäischen Polizeikongresses Werbeplakate der Berliner Polizei so verfremdet, dass damit der Polizei willkürliche Gewaltausübung, „institutioneller Rassismus“ und die Absicherung bestehender „Ausbeutungsverhältnisse“ unterstellt wurden".

Unsichtbare Gewalt
In dieser unterhaltsamen Darstellung des "Verfassungsschutzes" zeigt sich ein generelles Dilemma der bewaffneten Organe des demokratischen Staates. In demokratischen Staaten ist Gewalt und Gewalteinsatz weitgehend tabuisiert. Gleichzeitig werden in Demokratien (wie in allen anderen Staaten auch) politische Entscheidungen bei Bedarf selbstverständlich mit Gewalt gegen Widerstände durchgesetzt.

Polizeigewalt als gesellschaftlicher Tabu-Bereich
Neben diversen Risiken bei der Legitimierung von Macht führt die tabuisierte Gewaltbereitschaft des demokratischen Staates zu dem Widerspruch, dass Polizei und Militär auf der einen Seite einen gesellschaftlichen Parallelbereich formen, in der andere Regel gelten als im Rest der Gesellschaft (und sich die polizeilichen Schläger* und die Nazis in der Bundeswehr fast alles erlauben können).

Polizeiliches Geltungsstreben
Gleichzeitig ist die staatliche Exekutive immer mehr mit ihrer unsichtbaren Rolle unzufrieden. Die staatlich bezahlten Gewalttäter*innen wollen wir ihre Gewaltbereitschaft auch noch Respekt. Außer kostenlosen Bahnfahrten in Uniform sind ein Ergebnis davon die diversen öffentlichen Veranstaltungen, wo Uniformträger*innen sich als nett inszenieren wollen und ganz viel Respekt von der Gesellschaft fordern. Die Slogans dort lauten dann z.B. "Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst" und gleichzeitig wird dabei regelmäßig mit Gewalt und Platzverweisen gegen Kritiker*innen vorgegangen. Daran zeigt sich, dass Organisationen, die es gewohnt sind, im Geheimen zu agieren, sehr schlecht darin sind, die Öffentlichkeit, die sie suchen, auch zu ertragen.

Wer Öffentlichkeit will, muss sie auch ertragen
Ein ähnliches Dilemma hat die Polizei beim Polizeikongress und bei öffentlicher Plakatwerbung. Der Polizeikongress ist eine Inszenierung von Handlungsfähigkeit. Die ganze Armada von Absperrungen und Anti-Terror-Polizei wird erst morgens um 7 aufgebaut, weil um 8 das Publikum kommt. Diese hohle Inszenierung von Stärke, Durchsetzungsfähigkeit und Handlungsfähigkeit wird versaut, wenn direkt vor dem Kongressort auf einmal veränderte Plakate hängen, die die Polizei kritisieren. Deshalb reagieren die Behörden angesichts dieser Adbustings so über, und wollen, dass das aufhört.

Wie geht Adbusting?
Falls die Promotion der Aktionsform des Adbustings durch den deutschen Inlandsgemeindienst nun Menschen inspiriert, es auch einmal mit dieser Taktik zu versuchen, dem seien unsere Texte Was ist Adbusting? und Was ist Kommunikationsguerilla? empfohlen. Interessant ist auch diese Anleitung, die erklärt, wie man Nachschlüssel für Werbevitrinen aus Sachen aus dem Baumarkt baut.

Mehr Infos:

Adbustings gegen den Polizeikongress 2018:
maqui.blogsport.eu/2018/02/07/b-polizeikongress-protest-mit-adbusting-am-alex/

Der Verfassungsschutzbericht 2018 (die erwähnten Stellen finden sich auf Seite 127):
https://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen...

Wie öffnet man Werbevitrinen?
maqui.blogsport.eu/2019/01/03/wie-oeffnet-man-werbevitrinen/

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