Berlin: 80 für Mumia an seinem 70. Geburtstag

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Berlin, April 24, 2024: Free Mumia - Free Them All!

42,5 Jahre nach einer rassistischen Polizeikontrolle in Philadelphia (USA), die Mumia Abu-Jamal in Haft brachte, seinen Bruder schwer verletzte und einen bis heute unter ungeklärten Umständen getöteten Polizisten hinterließ, treten noch immer Menschen für die Freilassung des afroamerikanischen Journalisten ein. Mumia, der seit seiner Jugend in der Black Panther Party  als "Voice Of The Voiceless" revolutionären Journalismus betreibt und dabei den Blickwinkel der Betroffenen von kapitalistischer und rassistischer Gewalt einnimmt, wurde gestern - am 24. April - 70 Jahre alt. In den USA, Mexico, Französisch Guiana, Frankreich und der Schweiz gab es Proteste aus dem gleichen Anlaß. Nächste Woche wird es in London, UK weiter gehen.

Auf der Berliner Auftaktkundgebung vor der Kiezkneipe Syndikat sprachen die Rote Hilfe und die Neuköllner Stadteiltreff, letzterer über die Repression und anstehenden Haftstrafen für Betroffene, die wg. der vom Berliner Senat 2023 verschusselten Sozialtickets von der BVG angezeigt und inzwischen verurteilt wurden.

Da gemeine Berliner*innen bei Regen bekanntermassen nicht rausgehen, brach vom Syndikat eine überraschend kleine Fahrraddemo auf. Allerdings hörte der Regen sofort nach Beginn auf und bereits auf der Hermannstraße kam sogar mal kurz die Sonne durch. Es wurde eine schöne Fahrrademo mit sehr guter Free Mumia Playlist durch die Berliner Innenstadt. In Kreuzberg und Neukölln gab es öfter positive Reaktionen von Passant*innen. Einen SUV Fahrer schien das kurz nach dem Alexanderplatz nicht zu freuen, versuchte er doch völlig bekloppt, durch die Demo zu kreuzen. Vor die US Botschaft kamen dann noch weitere Unerschrockene hinzu und nahmen an der Abschlußkundgebung mit insgesamt 80 Leuten teil.

Die Berliner Sektion der Rhythms of Resistance ( https://www.rhythms-of-resistance.org/ ) läutete die Demo mit Rhythmen und Parolen ein: "Brick by brick, wall by wall - free Mumia - Free Them All!" oder "Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen". Die diplomatische Vertretung der größten Kerkermeister*innen des Planeten erzitterte zwar noch nicht in ihren Grundmauern, aber die Lautstärke lockte viele Leute an und hob die Stimmung der Demonstrant*innen.

Es folgte ein Redebeitrag in deutsch und englisch, in dem Mumia Abu-Jamals bisherige Lebensleistung als Author und Aktivist aus dem Knast heraus beschrieben wurde. Daran schloss sich eine Schilderung der Masseninhaftierung und der Gefangenenkämpfe in den USA an.

Da Knäste Orte ultimativer Gewalt der Reichen gegen die Armen sind, folgten nun zwei Beiträge, die es in sich hatten. Zuerst hörten wir eine Beschreibung jüngerer Vorfälle im föderalen Frauengefängnis Dublin bei Oakland (California, USA), was von den Gefangenen als "Rape Club" bezeichnet wird und inzwischen von der US Regierung geschlossen wurde. Allerdings wurden weder der Gefängnisleiter noch die vergewaltgenden Schließer zur Rechenschaft gezogen, sondern genau wie die Gefangenen auf andere föderale Gefängnisse in den USA verteilt, so dass viele Betroffene schwerster sexualisierter Gewalt die Täter wieder treffen werden.

Im folgenden Beitrag ging es um die Todesstrafe, die im momentanen autoritären Sog genau die "widerlichen Gelüste" zu erfüllen scheint, die ihr Albert Camus bereits 1955 in seinem Essay “Die Guillotine. Betrachtungen zur Todesstrafe“ zuschrieb. Es wurde aufgerufen, die konkret von der Gewalt bedrohten Gefangenen zu unterstützen, etwa Rodney Reed im texanischen Todestrakt oder auch Keith Lamar in Ohio.

Paul Geigerzähler spielte mehrere sehr schöne Lieder für Mumias Geburtstag, während voradressierte Postkarten an den Gefangenen und Infobroschüren verteilt wurden.

In den letzten beiden Beiträgen ging es zunächst um Langzeitstrafen, Alter und Gesundheit. Mumia Abu-Jamal ist einer von Hunderttausenden Gefangenen in den USA, die absurd lange Haftstrafen absitzen und durch mangelnde Gesundheitsversorgung und lebensfeindliche Ernährung langsam zu Tode gefoltert werden.

Nachdem der Krieg nach innen so anschaulich beschrieben war, berichtete die Revolutionäre Perspektive Berlin im letzten Beitrag über die horrenden Gewinne, die Rheinmetall und andere deutsche Konzerne aus den derzeitigen Kriegen ziehen. Kriegspropaganda und Steuergelder lassen Konzernkassen klingeln, während viele Menschen in den zahlreichen globalen Kriegen mit bundesdeutscher Technologie ermordet werden. Mumia Abu-Jamal stellte vor Jahrzehnten fest: "Wer keinen Krieg will, muß den Kapitalismus abschaffen". Darunter wird es realistischerweise nicht zu machen sein.

Ein Solidaritätsfoto wurde zum Abschied aufgenommen, um es an Mumia und seine Unterstützer*innen in den USA zu schicken.

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