Leipzig: Die ganze Stadt muss ein "Gefahrengebiet" für Rechte werden

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Mythos Connewitz

Für den 17. Juli war ein rechter Aufmarsch in Connewitz geplant und wurde Aufgrund einer „entscheidend verschärften Gefahrenprognose“ wieder in die Leipziger Innenstadt verlegt. Der nächste Aufmarsch in Connewitz wurde für den 14. August angekündigt. Hierzu einige Gedanken.

Es war schön zu sehen, dass kurzfristig so schnell viele Menschen gegen den Aufmarsch mobilisiert werden konnten und diese dann auch zum neuen Versammlungsort der Rechten gegangen sind. Uns wird auch zukünftig nichts anderes übrig bleiben als den Rechten jeden Aufmarsch in der Stadt zu versauen, egal ob in Connewitz oder woanders.

Bekommen die Faschos auch nur jemals den Eindruck vermittelt, dass Leipzig ein ruhiger Spaziergang wird, werden wir bald Dresdner Verhältnisse haben. Es ist dabei völlig unwichtig, ob es 50 oder 500 Neonazis sind, wenn diese auf die Straße der Stadt wollen, muss es Konsequenzen haben. In Leipzig waren wir während der Hochphase der rechten Aufmärsche auf einem guten Weg, ob Grünau oder Markkleeberg mit konsequenten antifaschistischen Widerstand musste gerechnet werden. An der Aussage der Antifaschist*innen des Antifa-Komitee Leipzig hat sich nichts geändert: "Lieber militante experimente als rassistische Katastrophen". Wir müssen wieder mehr dazu übergehen, dass es uns egal ist wo die Faschisten in der Stadt aufschlagen.

Natürlich geht es bei Connewitz auch um einen Mythos, der gar nicht so sehr von uns, wie von den Rechten am Leben gehalten wird. Dennoch muss ein Aufmarsch im Viertel für Faschos, Stadt und Bullen andere Folgen haben, nicht nur, weil sie sich eingeladen fühlen würden öfter vorbei zu kommen. Oder weitere "rechte Führer" sich ermutigt fühlen es Poggenburg und Co. gleich zu tun. Nein, auch wie selbst der MDR gemerkt hat, wir haben in diesem Stadtteil ganz andere Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt.

Natürlich planen auch die Bullen das ein, die mehr als 500 Cops aus allen möglichen Bundesländern haben das wieder gezeigt. Es ist schwer in einem kleinen Gebiet zu agieren, welches von mehreren Hundert Bullen besetzt ist, aber eben nicht unmöglich. Es bedeute eben mehr Aufwand, auch von unserer Seite. Leipzig als Aufmarschort für Rechte muss auf weiterhin ein gefährliches Unterfangen bleiben. Wir müssen das staatliche Verhalten in Leipzig auch als eine Art der Wertschätzung jahrelanger militanter Praxis gegen Faschisten verstehen. Wenn für jeden rechten Aufmarsch in der Stadt mehrere Hundert Bullen zusammen gezogen werden müssen, dann sind Jahrzehnte der autonomen Antifa in Leipzig eine Erfolgsgeschichte und "Autonome" in jeder Einsatzplanung ein wesentlicher Faktor. Am Mittwoch hatten Bullen es oft auch auf Gruppen von Jugendlichen abgesehen, selbst diese wurden also zur potenziellen "Gefahr" für die Rechten angesehen, ein gutes Zeichen, auch für die Vermittlung an nachfolgende Generationen.

SPD und Grüne im Urlaub, kein Protest?

Interessant war die Reaktion der "Zivilgesellschaft" in Leipzig, kaum sind die entsprechenden Parteiköpfe eines angeblichen "Bündnis" im Urlaub, wird der "zivilgesellschaftliche Protest" abgeblasen, konnten die entsprechenden Leute sich doch nicht vor Ort in Szene setzen. Hier hat sich gut gezeigt, wer es mit seinem antifaschistischen "Protest" ernst meint oder diesen nur betreibt um sich selbst zu inszenieren. Die Aussagen haben an längst vergangen Zeiten in Leipzig erinnert als kurzzeitig ein "Antifa heißt Ausschlafen" propagiert wurde. Die Erwiderung auf "Leipzig nimmt Platz" aus Altenburg ist richtig und wird von uns geteilt:"Leipzig, wir müssen reden. Warum wir als #Provinz-Antifa heute zu #le1707 angereist sind.."

Mehr Konsequenzen für die Rechten!

Es ist dennoch am Mittwoch aufgefallen, dass nicht mehr bei allen die erprobten "Umgangsformen" von den vielen rechten Aufmärschen der vergangenen Jahre gepflegt werden. Es konnten Neonazis zum Teil unbehelligt durch die Gegend laufen oder mit dem Auto vorbei fahren und viele registrierten diese nicht mal, nicht mal angepöbelt wurden diese, da war es in Leipzig schon ungemütlicher. Daher achtet mehr auf die Umgebung und lasst die Faschos doch nicht unbedacht an euch vorbei ziehen, wenigstens eine Ansage sollte möglich sein.

Für den nächsten Aufmarsch haben wir in Leipzig jetzt einen Monat Zeit uns vor zu bereiten. Egal wo und wann, es gilt den Faschos auch weiterhin auf allen Ebenen und mit allen Mitteln zu begegnen. Wir sehen uns am 14. August in Leipzig!

 


 

Beiträge in der Presse:

Demo beendet – Poggenburg will wiederkommen

Wegen einer verschärften Gefahrenprognose hat die Stadt Leipzig ihren eigenen Versammlungsbescheid kassiert: Ex-AfD-Mann André Poggenburg und seine AdPM durften wieder nicht nach Connewitz. Am 14. August wollen sie es erneut versuchen.

Leipzig

Das war also der Grund für die Geheimniskrämerei der Stadt: Ex-AfD-Mann André Poggenburg durfte mit seiner Partei Aufbruch deutscher Patrioten Mitteldeutschland (AdPM) nun doch keine Kundgebung im linken Szenestadtteil Connewitz abhalten. „Ein am 12. Juli ergangener Bescheid, wonach die Versammlung im Kreuzungsbereich Brandstraße/Windscheidstraße/Selneckerstraße hätte stattfinden sollen, ist aufgehoben worden“, teilte das Ordnungsamt am Mittwoch um 13.48 Uhr, knapp vier Stunden vor dem geplanten Versammlungstermin, völlig überraschend mit. Bis dahin hatte die Verwaltung sämtliche Anfragen rigoros abgeblockt und im Gegensatz zur Polizei zu dem erwarteten Ausnahmezustand im Leipziger Süden hartnäckig geschwiegen.

Aufgrund einer „entscheidend verschärften Gefahrenprognose“ werde die AdPM-Versammlung „Linker Anarchie und Aggression konsequent entgegnen“, für die 50 bis 100 Teilnehmer angemeldet waren, auf den nördlichen Simsonplatz verlegt, so die Stadt. Auch Grünen-Politiker Jürgen Kasek kommentierte, wie viele andere Twitter-Nutzer, über den Hashtag #le1707 die Entscheidung der Stadt online.

Hier fanden sich am Abend dann rund 30 Poggenburg-Sympathisanten ein, begleitet von lautstarken Protesten durch mehrere Hundert Gegendemonstranten. Kurz vor 18.30 Uhr begann Poggenburg mit seiner Kundgebung. Der Simsonsplatz war komplett mit Polizeifahrzeugen abgesperrt. Ernsthafte Zwischenfälle blieben nach Polizeiangaben aus. Gegen 20.30 Uhr wurde der Einsatz der Polizei beendet.

Wenig Koordination

Für Außenstehende wirkte das behördliche Vorgehen rund um die Versammlungsanmeldung wenig koordiniert. Wusste die Polizei was im Rathaus vorgeht? Längst hatten sich die Ordnungshüter mit einem Großaufgebot auf ihren brisanten Einsatz in Connewitz vorbereitet – und zwar auf Grundlage des von der Versammlungsbehörde der Stadt ergangenen Auflagenbescheids. Neben Kräften der Polizeidirektion und der sächsischen Bereitschaftspolizei sollten auch Einheiten aus anderen Bundesländern auf eine mögliche Gewalteskalation reagieren. Noch am Dienstagabend hatte sich Polizeipräsident Torsten Schultze mit einem Statement und einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit gewandt – ein Novum. „Zur Gewalt gegen Polizeibeamte wird in Leipzig mittelbar, aber auch unverhohlen aufgefordert“, sagte er. „Es verwundert nicht, wenn sich dann Straftäter unter der Rechtfertigung der Moral finden, die die zunächst verbalisierte Gewalt dann ausleben.“ Am Mittwochmorgen wurden dann in Connewitz weiträumig Absperrungen aufgebaut und Autos abgeschleppt.

Depots von Pflastersteinen

Währenddessen wurden jedoch im Rathaus die bisherigen Planungen über den Haufen geworfen. Anlass seien Gewaltaufrufe auf dem linken Szene-Portal Indymedia, „denen bereits mit tatsächlichen Aktionen in Form von Sperrmüllanhäufungen auf den Straßen, angelegten Depots von Pflastersteinen als offensichtlich gedachte Wurfgeschosse gegen friedliche Demonstranten und Einsatzkräfte der Polizei sowie auch mit einigen Brandstiftungen im öffentlichen Raum im Bereich Connewitz, in den letzten Stunden tatsächlich gefolgt wurde“, begründete die Stadt ihren Rückzieher.

Tatsächlich tauchten in Connewitz mittlerweile Flyer und Graffitis auf, in denen die Antifa Nachbarn auffordert, Sperrmüll vor die Tür zu stellen, um Material für den Barrikadenbau zu haben. Und es soll im Zusammenhang mit der Poggenburg-Demo in der Nacht zum Mittwoch auch „einige Sachverhalte in Connewitz“ gegeben haben, wie es aus Polizeikreisen hieß. Allerdings handele es sich um keine schweren Straftaten. In der offiziellen Pressemitteilung der Behörde tauchte am Mittwochnachmittag überhaupt keine Meldung dazu auf. Die Polizei dementierte auch Berichte, die Poggenburg via Twitter in Umlauf gebracht hatte, wonach es in Leipzig „nächtliche Überfälle mit Waffen auf ,Rechte’“ gegeben habe und die Polizei „linke Waffenlager ausgehoben“ habe.

Treffen mit Polizeichef

In einer Pressemitteilung informierte die AdPM, dass der aktuelle Bescheid der Stadt eine ausführliche Gefahrenanalyse beinhalte. Demnach seien „schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte Dritter zu befürchten – insbesondere Leben, Gesundheit und Eigentum“. Damit wollte sich die Stadt vermutlich juristisch absichern. Immerhin hatte das Verwaltungsgericht bereits bei Poggenburgs letzter Versammlungsanmeldung Anfang Juni im Zuge seiner Klage erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids zur Verlegung der Kundgebung durch die Stadt geäußert und der Kommune die Verfahrenskosten aufgedrückt. Ein Grund: Dem Bescheid der Kommune lag damals keine auf den Einzelfall bezogene Gefahrenprognose bei.

Dieses Mal verzichtete Poggenburg auf den Rechtsweg. „Wie fast zu erwarten, knickt der Rechtsstaat ein!“, twitterte er am frühen Nachmittag. „Aufgrund massiver linker Eskalation sieht sich die Stadt Leipzig nun doch außerstande, eine sichere Demo in Connewitz zu ermöglichen. In Absprache mit der Stadt folgen wir noch einmal der Verlegung auf den Simsonplatz.“ Zum vierten Mal scheiterte der Versuch des AdPM-Gründers, nach Connewitz zu gelangen. Er regt nun ein Treffen mit Polizeichef Schultze an. „Zur weiteren Diskussion und Abstimmung über zukünftige Demonstrationen in Leipzig-Connewitz“, wie seine Partei mitteilte. André Poggenburg kündigte zum Abschluss seiner Kundgebung eine erneute und erweiterte Demonstrations-Anmeldung für Leipzig-Connewitz an. Am 14. August will er mit seiner AdPM wieder kommen.

Von Frank Döring

 

Nach Vertreibung aus Connewitz Leipzig pfeift auf Poggenburgs Rechte 

Leipzig – 50 gegen mehr als 500. Leipzig hat dem zuvor schon aus dem Linkenviertel Connewitz verbannten Rechtspopulisten André Poggenburg (44) und seinem mehr als überschaubaren Gefolge am Mittwoch vorm Bundesverwaltungsgericht eindrucksvoll gezeigt, was es von ihm hält: Nichts!

Die Szenerie entbehre nicht jeder Komik, wäre die Thematik nicht ernst. Ein klitzekleines Häufchen Rechtspopulisten mit Sachsen- und Bierfahne wartet trotzig darauf, dass der gescheiterte Ex-AfD-Politiker aus Sachsen-Anhalt zum Mikro greift. Politik ist Nebensache.

André Poggenburg, mittlerweile Frontmann der Splitterpartei „Aufbruch deutscher Patrioten“, kämpft verbissen um die Durchsetzung seines vermeintlichen Rechts auf eine Demo im linksalternativen Connewitz.

 

Dabei ist Connewitz längst da: Hunderte pfeifen Poggenburg am Simsonplatz aus, nur getrennt durch Hamburger Gitter und hunderte Polizisten samt Reiter- sowie Hubschrauberstaffel. Hunderte sind gekommen, um den Rechten aus Leipzig zu jagen.

Und nicht nur Punks oder die Antifa sind da. „Omas gegen Rechts“ ist auf Plakaten, die zwei ältere Damen hochhalten, zu lesen.

Die Polizei vertreibt derweil ein paar Linke von der Fahrbahn. Sie wollten näher an die Rechten ran, blockieren aber die Fahrbahn. Poggenburgs Gastredner wettern indes gegen die Polizei, die ihrer Meinung nach das Versammlungsrecht in Connewitz nicht durchsetzt.

Dabei hatte die Versammlungsbehörde (die Leipziger Stadtverwaltung) die Demo in Connewitz verboten. Zu gefährlich: Linke hatte Sperrmüll auf die Straßen geschoben – Barrikaden und potenzielle Wurfgeschosse.

Poggenburg, der knapp 50 Leute vors Bundesverwaltungsgericht lockt, scheiterte schon mehrfach am Versuch, in Connewitz zu marschieren. Er kündigte an, es im August wieder zu probieren.

 

 

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