[B] Liebig34.Bleibt.Laut.Dreckig.Widerständig...und jetzt erst recht!
Ihr habt es wahrscheinlich schon mitbekommen: der Pachtvertrag des anarchaqueerfeministischen Hausprojektes Liebig34 in Berlin-Friedrichshain endet heute, am 31.12.18. Das heißt ab morgen, dem 01.01.19 ist das Projekt räumungsbedroht. Bevor wir geräumt werden können muss Gijora Padovicz, Immobilienspekulant und Eigentümer unseres Hauses, rein rechtlich aber zunächst Räumungsklagen gegen den pachtenden Verein und uns Bewohner*innen erwirken. Wir rechnen zunächst mit einer Razzia im Januar 2019, bei der die Personalien von uns Bewohner*innen festgestellt werden sollen. Dies wäre der erste Schritt, um Räumungsklagen einzuleiten. Wie solche Razzien in unserer Nachbar*innenschaft aussehen können, haben wir bei unseren Freund*innen in der Rigaer94 gesehen.¹ Ebenso hat die Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die Bullen nicht unbedingt auf juristischen Grundlagen handeln und auch illegal Häuser räumen können.² Es kann also sein, dass auch alles anders kommt.
Wir sollten die kommende Zeit nutzen weiter Druck auszuüben. Wir möchten unser Haus nicht verlassen und werden es verteidigen. Wir nehmen nicht hin, dass unser Wohn-, Schutz- und Organisierungsraum Spekulationsinteressen weichen soll. Durch eine Zwangsräumung, Sanierung und Neuvermietung der Liebig34 würde Padovicz noch reicher werden und wir auf der Straße sitzen. Der Kiez würde "aufgewertet" werden, der Mietspiegel steigen, die Nachbarschaft würde unkommerzielle, selbstorganisierte Räume verlieren, die Welt feministisch selbstorganisierte Wohn- und Schutzräume. Wir werden nicht gehen. Wir werden bleiben und nicht aufhören ungemütlich zu sein.
Wir wissen, dass Florian Schmidt, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, weiterhin in Verhandlung mit Padovicz über einen Grundstückstausch zum Abwenden der Räumung steht. Wir haben deutlich gemacht, dass wir uns nicht auf schmutzige Deals einlassen wollen, die zulasten anderer Mieter*innen gehen. Wir wollen unser Haus behalten, aber nicht um jeden Preis und nur mit der unbedingten Solidarität zu und mit anderen Betroffenen. Unserer Information nach wird Padovicz derzeit ein brach liegendes Grundstück zum Tausch angeboten. Er könnte dort neu bauen, hätte seine Ruhe vor uns und der Senat wäre unsere neue Eigentümerin. Uns ist nicht bekannt um welches Grundstück es ich handelt. Und wir sind uns nicht sicher, ob wir einen solchen Deal befürworten. Der Ausverkauf der Stadt geht voran und Padovicz als zentraler Akteur wird von dem Deal definitiv profitieren.
Uns ist bewusst, dass das Interesse am Verhandeln und Befrieden nicht aus dem Nichts kommt. Wir erhalten eine Stimme aufgrund der internationalen Bekanntheit der Liebig34 und der globalen Verbundenheit vieler Menschen mit dem Projekt. Diese Menschen stehen hinter uns und schauen argwöhnisch auf die Entwicklungen. Weiterhin kommt uns die Lage des Hauses im Friedrichshainer Nordkiez zugute und unsere Verbundenheit mit den anderen Hausprojekten, insbesondere der Rigaer94, welche seit Jahren widerständig ist. Direkt gegenüber von unserem Haus befand sich die Liebig14, deren Räumung im Jahr 2011 ein kollektives Moment des Widerstands gegen den Ausverkauf der Stadt schaffte und zu neuem Antrieb in der radikalen Linken verhalf.
Die Liebig34 steht nicht im luftleeren Raum. Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die von Gentrifizierung und Verdrängung betroffen sind. Wir stehen in Solidarität mit Potse, Drugstore und Syndikat, die ebenfalls aufgefordert wurden heute ihre Räume zu verlassen, der Meuterei, der Großbeerenstraße 17a und der B5355, deren Zukunft ungewiss ist. Selbst wenn unser Haus in irgendeiner Form "gerettet" werden sollte, haben wir den Kapitalismus nicht abgeschafft. Es gibt noch viel zu tun.
2019 wird ein hartes Jahr. So viele Projekte sind räumungsbedroht, der staatliche Repressionsapparat greift zu immer drastischeren Mitteln der Kontrolle und Überwachung während der Rassismus und Faschismus immer offener zutage tritt, ein Angriff auf Rojava steht vermutlich kurz bevor. Es sind Angriffe auf unsere Strukturen, die wir nicht einfach so hinnehmen. Wir sollten mit Gegenschlägen reagieren. Wir müssen uns gegen Gentrifizierung und eine spürbare Zunahme faschistischer Offenkundigkeit wehren. Werdet aktiv und zeigt vielfältigen Widerstand!
1) https://de.indymedia.org/node/26080
2) http://liebig14.blogsport.de/2012/01/30/liebig-14-illegale-raeumung-kein-einzelfall/
https://de.squat.net/2009/01/11/berlin-die-raumung-der-yorck-59-war-illegal/