Wendland Aktivisten nicht mehr terrorverdächtig

Regionen: 

Ein Verfahren wegen angeblicher Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK gegen ein linkes Tagungszentrum im Wendland ist eingestellt worden. Im Februar hatten etwa 80 vermummte und mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten das Gebäude, ein selbstverwaltetes Tagungszentrum der Anti-AKW-Bewegung in Meuchefitz im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg, umstellt und durchsucht.

Ermittlungen wegen Solidaritätsbekundung für in Nordsyrien operierende kurdische Milizen eingestellt

Ein Verfahren wegen angeblicher Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK gegen ein linkes Tagungszentrum im Wendland ist eingestellt worden. Im Februar hatten etwa 80 vermummte und mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten das Gebäude, ein selbstverwaltetes Tagungszentrum der Anti-AKW-Bewegung in Meuchefitz im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg, umstellt und durchsucht.

Beamte beschlagnahmten ein über einen Balkon gehängtes Transparent, auf dem Solidarität mit den kurdischen Milizen YPG und YPJ bekundet worden war. Deren Symbole waren auf dem Bild mit den kurdischen Nationalfarben rot, gelb und grün unterlegt.

Darin hatte die Staatsanwaltschaft Lüneburg eine Unterstützung der in Deutschland verbotenen PKK gesehen. Gäste des Gasthofes, die teils mit ihren Kindern von der Durchsuchung überrascht worden waren, fanden sich sodann formal als Verdächtige in einem Verfahren wegen angeblicher »Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung« nach Paragraf 129b des Strafgesetzbuches wieder.

 

Hans-Erich Sauerteig vom Gasthofkollektiv war Hauptbeschuldigter in dem Verfahren. Er und sein Anwalt erfuhren von der Einstellung telefonisch. Sauerteig und weitere Verdächtigte hatten Akteneinsicht beantragt. Die wurde ihnen bislang jedoch immer verwehrt. Begründung: laufendes Verfahren.

Nach dessen Einstellung will Sauerteig es nun noch einmal versuchen: »Was wurde eigentlich ermittelt? Und was haben sie rausbekommen?«, will der im Wendland bekannte Aktivist wissen. Denn für Ermittlungen nach Paragraf 129b dürfen Ermittler die Telekommunikation und Internetnutzung von Beschuldigten umfänglich überwachen.

Die Razzia in Meuchefitz hatte in der Region weitere Scharmützel zwischen linken Aktivisten und dem Staatsschutz nach sich gezogen. Noch am Tag der Durchsuchung zogen etwa 100 Menschen in einer unangemeldeten Spontandemonstration durch die Kreisstadt Lüchow. Im Mai kreuzten dann 55 Personen vor dem Haus eines Staatsschutzbeamten auf, spielten Lieder auf Gitarren und tackerten YPG- und YPJ-Wimpel der kurdischen Milizen an dessen Carport. Die herbeieilende Polizei verstand keinen Spaß und nahm etliche Teilnehmer der Aktion in Gewahrsam.

In regionalen und überregionalen Zeitungen war von »Chaoten« zu lesen, die das Privatgrundstück eines Polizisten gestürmt und dessen Familie eingeschüchtert hätten. Sauerteig hatte danach mehrere Fernsehinterviews gegeben, um das schräge Bild von der Aktion geradezurücken. Betroffene berichten, sie seien bei der Festnahme geschlagen und, bereits am Boden liegend, getreten worden. Die Ermittlungen gegen die Teilnehmer der Straßenkonzert-Aktion dauern im übrigen an.

In Bayern war es im November zu widersprüchlichen Entscheidungen in Verfahren gegen Menschen gekommen, die YPG- und YPJ-Symbole öffentlich gezeigt oder in Onlinemedien geteilt hatten. Der Journalist Anselm Schindler wurde zu 4400 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er bei einer Demonstration die Fahne der Frauenverteidigungseinheiten YPJ gezeigt hatte.

In einem weiteren Gerichtsprozess sagte ein Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums hingegen aus, die Symbole der Volksverteidigungseinheiten YPG fielen nicht unter das PKK-Verbot. Ein Angeklagter, der einen Facebook-Beitrag mit dem YPG-Symbol geteilt hatte, war freigesprochen worden. Das Amtsgericht hatte sich wegen mangelnden Vorsatzes gar nicht erst mit der Frage beschäftigt, ob die Wimpel unter das PKK-Verbot fallen.

Bilder: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

Federführend bei der Vorbereitung der Aktion, vorher und nachher. Nun ist PHK Olaf Hupp temporär versetzt worden.

Bilder: 

Wer ist Olaf Hupp?

Olaf Hupp ist Polizeibeamter und Chef der Staatsschutzabteilung Lüchow-Dannenberg, der seit mehreren Jahren die widerständigen Strukturen des Landkreises im Wendland durchleuchtet. Sämtliche Anzeigen, Ermittlungsverfahren und Vorladungen gegen Personen, die dem linken Spektrum zugeordnet werden gehen von ihm aus. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die radikale linke Bewegung im Landkreis zu verfolgen. Er agiert dabei übermotiviert und aggressiv – so droht er Betroffenen beispielsweise, dass er sie „fertig machen“ wird. Regelmäßige Durchfahrten durch als einschlägig wahrgenommene Treffpunkte sind an der Tagesordnung. Außerdem versucht er, Einzelne unter Druck zu setzen und damit den Widerstand zu spalten.

Einen Höhepunkt fanden seine repressiven Maßnahmen im Februar 2018 mit einem maßlos überzogenem Polizeieinsatz im Gasthof Meuchefitz. Dabei stürmte eine Hundertschaft vermummter und mit Maschinenpistolen bewaffneter Polizist*innen das Projekt, um ein mit der kurdischen Freiheitsbewegung solidarisches Banner zu entfernen. Betroffene berichten: „Er taucht immer wieder bei uns auf und schränkt unsere Freiheiten durch sein Wissen über uns und die von ihm angestossene Repression enorm ein.“

 

Verschiedene Gruppen und Initiativen planen zwischen Weihnachten und Neujahr in Hitzacker, In den Gärten, bei Olaf Hupp

Konzerte und Kundgebungen.

Achtet auf Ankündigungen!

Mit dabei ist auch

https://www.youtube.com/watch?v=p3A5VWNvQiU

Efrîn-Solidarität nicht mehr unter Terrorverdacht

Das Ermittlungsverfahren gegen Terrorverdächtige im Wendland, die mit einem Transparent ihre Solidarität mit Efrîn zum Ausdruck gebracht haben, ist eingestellt worden.

Am 20. Februar 2018 überfielen Sondereinheiten der Polizei den Gasthof Meuchefitz im Wendland. Parallel dazu fand die völkerrechtswidrige Militärinvasion der Türkei im nordsyrischen Kanton Efrîn statt. Der Polizeieinsatz in Meuchefitz endete mit der Beschlagnahmung eines Transparentes und einem Ermittlungsverfahren nach dem Terrorparagrafen 129b.

Wir haben mit Hans-Erich Sauerteig vom Gasthof Meuchefitz über die Razzia und den Stand des Verfahrens gesprochen.

Kannst du uns erklären, warum und wie diese Razzia ablief?

Der Einsatz hatte das Ziel, ein Transparent am Haus mit der Aufschrift „Türkische Truppen & deutsche Waffen morden in Rojava! Es lebe die YPJ/YPG!" zu beschlagnahmen. Hierzu umstellten ungefähr 80 mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten das Haus und Gelände und drangen ein, als müssten sie einen Terrorangriff abwehren. Dabei waren sie die einzigen, die Terror verbreiteten. Die im Haus anwesenden Personen hatten die Gefahr rechtzeitig erkannt und die Zimmertüren schon mal geöffnet, damit diese nicht zertrümmert werden. Dass die vollvermummten und bewaffneten Polizisten auch noch Kleinkinder bedrohen, konnte nur durch das energische Dazwischengehen der Eltern verhindert werden. Nach Personalienfeststellung und Abhängen des Transparentes, das fast einen Monat an der Fassade gehangen hatte, zogen sie wieder ab. Warum zum Abhängen eines einzigen Transparentes 80 bewaffnete Polzisten notwendig sind, erschließt sich aus der Maßnahme an sich nicht. Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Einschüchterung und Unterdrückung der Solidarität mit dem kurdischen Freiheitskampf im Vordergrund stand.

Aus welchem Grund habt ihr das Transparent aufgehängt?

Mit dem Transparent wollten wir unsere Verbundenheit mit der Bevölkerung in Efrîn und den Befreiungskräften zum Ausdruck bringen und auf der anderen Seite die Unterstützung der deutschen Regierung anprangern.

Habt ihr mit so einer Reaktion wegen eines Transparents gerechnet?

Natürlich nicht, wir hatten eigentlich mit gar keiner Reaktion der Polizei gerechnet, war doch das völkerrechtswidrige Vorgehen der Türkei in allen Medien breit genug behandelt und verurteilt worden. Und der Vorwurf der Waffenlieferung an einem im Krieg befindlichen Staat ist ja nun auch nichts, was neu und besonders linksradikal ist.

Wie war die Reaktion in eurem Dorf, in der Umgebung?

Innerhalb des fortschrittlichen Teils der Bevölkerung haben wir breite Unterstützung erfahren und selbst in der bürgerlichen Presse stieß der Einsatz der Polizei auf breites Unverständnis.

Gegen dich wurde ein Ermittlungsverfahren  wegen „Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach Paragraf 129b eingeleitet. Lief dieses Verfahren gegen dich allein oder sind noch andere Mitglieder des Gasthofkollektivs betroffen?

Soweit bekannt nur gegen mich, aber die Ermittlungsakten wurden meinem Anwalt mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren verweigert.

Hast du oder hat dein Rechtsanwalt jetzt Einsicht in die Ermittlungsakten bekommen?

Nachdem die Ermittlungen abgeschlossen sein sollen, haben wir die Ermittlungsakten angefordert. Mal sehen, mit welchem Hinweis uns diesmal versucht wird, die Ermittlungsakten zu verweigern.

Wurde dir der Grund für die Einstellung des Verfahrens mitgeteilt?

Nein. Wir hoffen aber, dass das aus den Ermittlungsakten deutlich wird.

 

Quelle https://anfdeutsch.com/aktuelles/efrin-solidaritaet-nicht-mehr-unter-ter...

 

Bilder: