Wir sind die Aufstände der Erde - Man kann eine Bewegung nicht auflösen

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Aufruf der Bewegung soulevement de la terre (Aufstand der Erde) gegen die Polizeirepression

 

Wir sind die Aufstände der Erde

 

Wir erheben uns. Jede_r von ihrem Platz aus. Jede_r auf ihre Art und Weise. Die Bewegung der Aufstände der Erde kann nicht aufgelöst werden, denn sie ist vielfältig und lebendig. Man kann eine Bewegung nicht auflösen, man kann einen Aufstand nicht auflösen.

 

Wir rufen alle auf, sich uns anzuschließen, um diesen Versuch uns zu ersticken für null und nichtig zu erklären. Wir repräsentieren kollektiv die Aufstände der Erde.

 

 

Liebe Freund_Innen!

 

Am vergangenen Wochenende haben sich 30.000 Menschen auf dem Land in Frankreich versammelt, um gegen ein Mega-Wasserbecken zu protestieren - ein riesiges offenes Wasserreservoir, das der Aufrechterhaltung der industriellen Landwirtschaft dient und sich als Katastrophe für das Grundwasser und die Umwelt im Allgemeinen erwiesen hat. Die Aktion war Teil eines Aktionstages, der vom Kollektiv "Les soulèvments de la Terre" (die Aufstände der Erde) organisiert wurde.

 

Der Staat hat mehr als 3 200 Polizisten eingesetzt, die mit Kriegswaffen ausgerüstet waren. Mehr als 4 000 Granaten wurden auf die Demonstrant_Innen abgefeuert und verletzten unzählige von ihnen. Zwei Personen liegen noch immer im Koma und kämpfen um ihr Leben.

Es gibt Beweise dafür, dass die Polizeikräfte die Rettungsdienste aktiv daran gehindert haben, den Opfern zu helfen. Der Innenminister hat ein Verfahren zur Auflösung der « Aufstände der Erde » eingeleitet, eine gesetzliche Form der Repression.

 

Unsere Botschaft ist ein Aufruf zur Solidarität und wir hoffen, dass er bei euch auf offene Ohren stößt, ihr ihn unterzeichnet und mithelft ihn weiter zu verbreiten.

 

Wir sind uns bewußt darüber, dass einige von euch diese Art der Unterdrückung täglich erleben, und zwar unter Regimen, die noch brutaler sein können. Wir erkennen auch an, dass der Einsatz von Waffen und juristischen Manövern in Frankreich zuerst und vor allem eingesetzt wurde, um BIPoC Menschen ins Visier zu nehmen. Wir behaupten nicht, dass das, womit wir es hier zu tun haben, einzigartig ist: Es ist Teil eines größeren Systems von Gewalt, Herrschaft, Extraktion und Rassismus, welches wir entschlossen bekämpfen wollen, heute mehr denn je.

 

Mit Liebe, Wut und schweren Herzen,

Wir sind die Aufstände der Erde

 

Der Widerstand in Sainte Soline gegen die Mega-Wasserbecken und die Privatisierung von Wasser dauert seit Monaten an. Die Reaktion der Polizei am 25. März war darauf ausgelegt, Angst zu verbreiten und die Gewissheit, dass es weder klug noch safe ist, gegen die Politik der Regierung zu demonstrieren. Wir lassen uns nicht einschüchtern !

 

Heute sind wir in Gedanken bei denjenigen, die am 25. März verletzt wurden, sowie bei den beiden Aktivist_Innen, die immer noch im Koma liegen. Wir denken an all diejenigen, die mit polizeilichen Repressionsmaßnahmen konfrontiert worden sind - Maßnahmen, die darauf abzielen, Angst zu verbreiten und dafür Tote in Kauf zu nehmen. Außerhalb jeglicher Grenzen der Verhältnismäßigkeit und Vernunft haben wir eine Organisation der Repression von beispielloser Brutalität erlebt, die sogar so weit ging, dass der Einsatz der Rettungsdienste verhindert wurde.

 

Am Dienstag den 28. März fanden in ganz Frankreich Demonstrationen gegen die Rentenreform statt. Dabei fanden zahlreiche Solidaritätsbekundungen für die Verletzten der Repression in Sainte Soline, wo das Mega-Wasserbecken gebaut wird, statt.  Am 29. März, während der Demonstrationen, kündigte der französische Innenminister (G. Darmanin) an, dass er ein Verfahren zur Auflösung der "Aufstände der Erde" einleiten werde. 

 

Die Auflösung der "Aufstände der Erde", ein Panikmanöver des Innenministers in letzter Minute, ist ein weiterer grober Versuch, die brutale Unterdrückung, die er inszeniert hat, vergessen zu machen. Dieser hinterhältige Plan wurde der Presse im Dezember 2022 "zugespielt" als erster einer Reihe von Artikeln, die das Porträt "radikaler Öko-Aktivist_Innen" erstellen sollten, die sich "von den Regeln der Republik entfernen".

 

Aus den Äußerungen der Minister_Innen dieser Regierung geht hervor, dass sie entschlossen scheinen das Etikett "ultralinks" gegen alles zu verwenden, was sich ihnen in den Weg stellt. Dieser Begriff wird immer wieder recycelt und beinhaltet nun auf fast perfekte Weise das Konzept des "Gegners", in welcher Form auch immer die Opposition stattfinden mag.

 

In diesem Fall hat die Regierung eine Doppelstrategie verfolgt. Einerseits wirft sie sogenanten « Öko-Terrorist_Innen », dem schwarzen Block und radikalen Umweltaktivist_Innen vor, Scchmarotzer der "legitimen Bewegungen für die Erhaltung des Planeten" zu sein. Auf der anderen Seite werden den Umweltverbänden, die sich gegen die Umweltkatastrophe wehren, heimlich die Gelder gestrichen.

 

So wurden Dutzenden von Sozial-, Umwelt- und Kulturvereinen, denen vorgeworfen wird, sich nicht an den "Pakt der Republik" zu halten, oder die für den Geschmack der Regierung einfach zu kritisch waren, die Finanzierung verweigert, Ermittlungen eingeleitet, sie wurden aus den Beratungsgremien verbannt und auf misteriöse schwarze Listen gesetzt, die von Ministerium zu Ministerium kursieren.

 

Nichts davon ist überraschend. Was uns erstaunt ist, dass sie ernsthaft glauben, dass diese alten Tricks ausreichen, um eine grundlegende Revolte gegen die fortschreitende Zerstörung des Lebens zu verhindern.

 

Die Aufstände der Erde sind eine wachsende Koalition unterschiedlicher Kräfte. Im Laufe der Monate ist eine ganze Konstellation von Gruppen der sozialen und Umweltbewegungen entstanden, die sich im Kampf zusammenschließen: Kollektive, Gruppen zur Verteidigung der Umwelt, Bauernhöfe, Naturforscher_Innen-Gruppen, KüFAs, Bauerngewerkschafter_Innen, rebellierende Wissenschaftler_Innen, Gewerkschaften, autonome Gruppen, Volksbildungsbewegungen, Mandatsträger_Innen, Menschen aller Altersgruppen und aller Horizonte, die sich unter dem Banner der Aufstände der Erde treffen und organisieren. Kein Gesetz kann sie auflösen.

 

Heute ist es diese Regierung, die die Mehrheit der Einwohner_Innen des Landes aufgelösen will. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, werden wir, die Unterzeichner_Innen dieses Aufrufs und alle, die sich uns anschließen, öffentlich unsere Zugehörigkeit zu den Aufständen der Erde bekunden.

 

Wir werden daher an den Solidaritätskundgebungen mit den Verletzten von Sainte Soline und für ein Ende der Polizeigewalt teilnehmen, die am Donnerstag um 19 Uhr vor den öffentlichen Einrichtungen stattfinden, und wir werden uns an den lokalen Komitees der Aufstände der Erde beteiligen, zu deren Gründung wir heute überall in der Region und darüber hinaus aufrufen. 

 

Wir alle erheben uns gegen die Vision der Welt und des Lebens, die diese Regierung verkörpert, gegen die Zerstörung der Umwelt, das Verschwinden von Ackerland, die Privatisierung von Wasser, die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters - die nur eine Tarnung für die ungerechte Verteilung des Reichtums ist -, gegen die manchmal tödlichen Verstümmelungen, die sie unseren Freund_Innen, unseren Kindern, unseren Genoss_Innen schon viel zu lange zufügt werden.

 

Wir erheben uns. Jede_r von ihrem Platz aus. Jede_r auf ihre Art und Weise. Die Bewegung der Aufstände der Erde kann nicht aufgelöst werden, denn sie ist vielfältig und lebendig. Man kann eine Bewegung nicht auflösen, man kann einen Aufstand nicht auflösen.

 

Wir rufen alle auf, sich uns anzuschließen, um diesen Versuch uns zu ersticken für null und nichtig zu erklären. Wir repräsentieren kollektiv die Aufstände der Erde.

Dies ist die deutsche Übersetzung einer Petition die auf der Webseite unterschrieben werden kann

 

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