Abolish The Police
Zahlreiche #Polizeiprobleme sind in den letzten Jahren öffentlich geworden. Doch die Kritik an der Polizei darf sich nicht darauf beschränken, Fehlverhalten von Beamt*innen zu skandalisieren und Reformen für eine „bessere Polizei“ zu fordern. Unsere Polizeikritik ist eingebettet in eine antikapitalistische Kritik unserer Gesellschaft, deren Konsequenz die Forderung nach Abschaffung der Polizei ist.
„Abolish the Police“
Die Abschaffung der Polizei ist eine Forderung, die nicht erst seit kurzem existiert. Sie ist schon lange Teil Schwarzer und linker Befreiungskämpfe, die bis ins 18. Jahrhundert zurückgehen. Die Überlegung, Alternativkonzepte zur Polizei zu etablieren, um eine Gesellschaft zu schaffen, in der Gerechtigkeit nicht über Kriminalisierung, Strafe, Inhaftierung und Repression aller Art generiert wird, ist ein wesentlicher Bestandteil schwarzer, feministischer und postkolonialer Systemkritik und wurde maßgeblich von schwarzen FLINTA* und illegalisierten Personen entwickelt. Ihr Grundgedanke ist, dass das System, aus dem die Polizei, wie wir sie in ihrer heutigen Form kennen, entstanden ist, nicht reformierbar ist und ihre Abschaffung gleichzeitig eine Überwindung dieses Systems bedeuten muss. Diese Idee ist mit der Außerkraftsetzung rassistischer, kapitalistischer Ordnung verflochten und fordert daher einen Systemwandel entlang intersektionaler Dimensionen.
Woher kommt die Polizei?
Die Polizeiarbeit in den USA ging in den Südstaaten aus den ‚slave patrols’ des frühen 18. Jahrhunderts hervor, die entflohene versklavte Menschen wieder einfingen und die damaligen rassistischen und menschenverachtenden Sklav*innengesetze durchsetzten. In größeren Städten des globalen Nordens halfen die ersten Polizeidienststellen ab Mitte des 18. Jahrhunderts dabei, Arbeiter*innenstreiks und Unruhen gegen Ungerechtigkeiten niederzuschlagen sowie die sogenannte Elendskriminalität beziehungsweise prekarisierte Menschen zu bekämpfen.
Da die diskriminierenden Handlungsweisen und Wertesysteme in der Gesellschaft und der Polizei seitdem weder wirklich hinterfragt, geschweige denn aufgearbeitet wurden (Stichwort für Deutschland: fehlende Entnazifizierung), wird deutlich, dass die Polizei keine Antwort auf eine Zunahme der Kriminalität war und auch keine Methoden zum Umgang mit ihr entwickelte. Sie ist nur die gewaltvolle Antwort auf legitime Proteste und revolutionäres Widersetzen, um bestehende Systeme und die sog. herrschende Klasse zu beschützen. Dies ist bis heute ihre zentrale Aufgabe und Ausrichtung.
Was nun?
Ein Ansatz der Forderung nach Abschaffung der Polizei ist die Polizei überflüssig zu machen, indem wir communitybasierte Sicherheits- und Gerechtigkeitsmechanismen aufbauen, zum Beispiel mit transformativer Arbeit mit Gewaltausübenden sowie auf Wiedergutmachung ausgerichtete Mechanismen. Wir brauchen einen wirksamen Gewaltschutz für insbesondere Kinder und von Diskriminierung Betroffene, sowie solidarische Unterstützungsnetzwerke. Wir sollten die Aufgaben der Polizei und die damit einhergehende Macht reflektieren, und uns fragen, ob sie wirklich im Stande ist, potenziell gefährliche Situationen zu deeskalieren, oder ob sie in Wahrheit nicht sogar in den meisten Fällen das Gegenteil tut.
Doch auch die Aufgabe „Kriminalitätsbekämpfung“ muss infrage gestellt werden. Das beinhaltet zum einen eine Analyse der gesellschaftlichen Ursachen derjenigen Kriminalität, wie zum Beispiel patriarchale Strukturenund soziale Ungerechtigkeit. Daneben muss rechter Gewalt und Hasskriminalität durch eine gesellschaftliche Veränderung der Boden entzogen werden. Dies geht nur mit einem klaren antifaschistischen Bekenntnis und dem Kampf gegen jede Form von Diskriminierung.
Zum anderen sollte hinterfragt werden, warum wir überhaupt manche Verhaltensweisen als „schädlich“ ansehen, wie zum Beispiel der Umgang mit illegalisierten Drogen.
Statt Menschen zu bekämpfen, die gegen eine vermeintliche Norm der Mehrheitsgesellschaft verstoßen, sollten wir uns fragen, ob nicht durch Absicherung der Lebensgrundlage der Menschen enorm viele sog. Eigentumsdelikte vermieden werden könnten. Menschen klauen schließlich selten aus Spaß, sondern meist aus Armut. Auch sog. Wohlstandskriminalität könnte sich reduzieren, wenn individuelle Bereicherung und materieller Reichtum, gemäß den Idealen des neoliberalen Kapitalismus, gesellschaftlich nicht mehr als erstrebenswert angesehen würden. Die Kriminalisierung von Migration tötet jedes Jahr Tausende an den europäischen Außengrenzen. Statt dieser rassistischen, mörderischen Ausgrenzung sollte es ein bedingungsloses Bleiberecht geben.
Das Ziel ist eine gesamtgesellschaftliche Transformation, die gerechte Lebensbedingungen und soziale Sicherheit schafft - eine, in der die Polizei in ihrer heutigen Form überflüssig ist.