AfD-Pressesprecher aus völkischem Milieu bewirbt rechtsterroristische Ikone
Robert Offermann ist Pressesprecher der Hamburger Alternative für Deutschland (AfD), hat eine ziemlich rechte Vergangenheit und ließ auch aktuell wenig Distanz zu einem militanten Neuen Rechten erkennen. Im Hamburger Wahlkampf kommt ihm eine zentrale Rolle zu. Die AfD wird jetzt klären müssen, ob ihr Pressesprecher eine ehemalige Mitgliedschaft in der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch geführten Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland ausschließen kann, denn diesbezüglich hat die Partei einen Unvereinbarkeitsbeschluss.[1]
[1] https://afdkompakt.de/2017/02/22/unvereinbarkeitsliste-der-alternative-f...
Der 1982 geborene Offermann stammt aus Stolberg und studierte in Marburg an der Philipps-Universität Politikwissenschaften, Soziologie, Friedens- und Konfliktforschung. Er wurde dort Mitglied der Burschenschaft Germania Marburg, einer schlagenden Verbindung aus dem Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB), der in den letzten Jahren durch Diskussionen um „Arierparagraphen“ und ein völkisches Nationenverständnis ins Gerede kam. Sein Biername (burschenschaftlicher Spitzname) ist „ÖcherJong“ und seine schriftlichen Beiträge im burschenschaftlichen Milieu sind bis zurück ins Jahr 2008 belegt. Als seine Germania 2015 den Vorsitz der DB übernahm titelte die Frankfurter Rundschau „Marburger Burschenschaft – Radikalisierung befürchtet“[1], mittlerweile macht die Zeitung diese Marburger Verbindungen als „Kaderschmiede für Rechte“[2] aus und beleuchtet ihre Rolle für die AfD.
Noch brisanter als die Mitgliedschaft Offermanns in der umstrittenen Burschenschaft ist jedoch eine mail, die dem Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR) vorliegt. Sie datiert von November 2012 und stammt von der Bundesführung der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO), einer neonazistischen Hintergrundorganisation welche seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird[3]. Die JLO veranstaltete vor einigen Jahren mehrmals den größten Naziaufmarsch Europas in Dresden anlässlich des Jahrestags des alliierten Bombardements der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Die Empfänger der mail, darunter Offermann, wurden mit „Liebe Gefährten“ zu einem JLO-Wintersonnenwendlager 2012 eingeladen und ermahnt die Einladung „nur an vertrauenswürdige Personen“ weiter zu leiten.[4] Diese Konspirativität war berechtig, denn unter den gerade mal 18 auserwählten Empfängern der Einladung befanden sich neben vielen anderen Burschenschaftern, mehrere NPD-Führer und (inzwischen) verurteilte Rechte: Arne Schimmer (Burschenschafter, damals wie heute Mitglied im Bundesvorstand der NPD), Jürgen Gansel (Burschenschafter, damals Landtagsabgeordneter und heute Vorstandmitglied in der NPD-Sachsen), Rigolf Hennig (Burschenschafter, langjähriger NPD-Kader, Holocaustleugner und 2005 sowie 2017 zu Haftstrafen verurteilt) und schließlich der ehemalige Wiking-Jugend- und FAP-Aktivist Norbert Weidner. Letzterer spielt bei den braunen Burschen eine zentrale Rolle, jahrelang war er Schriftleiter des Verbandsorgans Burschenschaftliche Blätter, war in Hamburg längere Zeit führend in der Vereinigung Alter Burschenschafter (VAB) tätig und wurde 2013 rechtskräftig wegen der Verunglimpfung des Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer verurteilt. Erwähnung fanden Offermanns Aktivitäten auch schon 2006 im Internetlexikon Wikipedia, dort wurde er als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Südwest der JLO angegeben. Die damalige Version wurde jedoch schon bald geändert, wohl um Informationen über involvierte Personen zu verschleiern.[5] Die mail-Adresse an welche die JLO-Nachricht ging, benutzte Offermann auch noch im April 2016 als Teilnehmer des AfD-Bundesparteitags in Köln.
Neue und terroristische Rechte
Seine Diplomarbeit schrieb Oppermann 2011 über die "Rezeption der ‚Konservativen Revolution’ der Weimarer Republik in der Bundesrepublik Deutschland". Die Konservative Revolution war eine völkische, extrem reaktionäre und präfaschistische ideologische Strömung der Weimarer Repubik, welche entscheidende ideengeschichtliche Beiträge zur Etablierung des Nationalsozialismus leistete. Positiv rezipiert werden diese Vordenker des deutschen Faschismus heute durch die Neue Rechte, wie der Historiker Volker Weiss in seiner aktuellen und vielbeachteten Studie „Die autoritäre Revolte“ erneut belegt.[6]
Wer sich das Twitterprofil von Offermann anguckt, findet hier einen positiven Bezug auf die Neue Rechte. Dort befindet sich 2016 Werbung für ein Buch des Franzosen Dominique Venner aus dem Jungeuropa Verlag. Nur Insidern dürfte dieser Hinweis etwas sagen. Der Verlag ist ein Kleinstunternehmen aus Dresden welches einige zentrale Schriften der Neuen Rechten (wieder-) aufgelegt hat, darunter das Standartwerk „Revolution von Rechts“. Inhaber ist Offermanns Germanenbruder Philip Stein. Der in dem Tweet empfohlene Venner ist allerdings sogar ein Fall für den Hamburger Verfassungsschutz. In seinem neusten Bericht schreibt der Inlandsgeheimdienst im Abschnitt über die Hamburger Burschenschaft Germania: „Venner, von europäischen Rechtsextremisten hoch geschätzt, war in seiner Jugend Mitglied der rechtsterroristischen Untergrundorganisation ‚Organisation de l´armée secrète (OAS)’ ... Die Jungen Nationaldemokraten bezeichneten ihn als ‚Rebell und Vorbild für Europas Jugend’“.[7] Wer sich in seinem Studium intensiv mit der intellektuellen Rechten beschäftigte, dürfte um die rechtsterroristische Vergangenheit des Franzosen und seine ikonografische Verehrung im NPD-Milieu genau gewusst haben.
Hamburger Bündnis gegen Rechts
[1] http://www.fr.de/rhein-main/marburger-burschenschaft-radikalisierung-bef...
[2] http://www.fr.de/rhein-main/burschenschafter-petrys-mitstreiter-von-der-...
[3] „Der Bundesregierung liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die JLO Bestrebungen i. S. d. §§ 3, 4 BVerfSchG verfolgt. Dementsprechend findet die JLO auch im Verfassungsschutzbericht des Bundes Erwähnung.“ Deutscher Bundestag, Drucksache 17/5725; sowie
„Die Mitglieder und Anhänger der JLO versuchen sich als völkische Gemeinschaft in der Öffentlichkeit darzustellen. Auf ihren Treffen thematisieren sie die Folgen des Zweiten Weltkrieges und bedienen sich dabei revisionistischer Publizisten. Bis 2011 war die JLO für die Durchführung des jährlichen „Trauermarsches” der rechtsextremistischen Szene im Februar in Dresden als Großveranstaltung verantwortlich.“ Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2015
[4] Im Anhang die Einladung, welche der mail an Offermann anhing.
[5] https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Junge_Landsmannschaft_Ostdeut...
[6] https://www.klett-cotta.de/buch/Gesellschaft_/_Politik/Die_autoritaere_R...
[7] http://www.hamburg.de/contentblob/8873924/a0a91c9416c772101e55f1a6910944...