Covid19 in Berliner Knästen und RBB Hetze gegen Gefangene
Mit der steigenden Anzahl der Covid19 Erkrankungen in Deutschland, insbesondere auch in Berlin, ist das Thema wieder verstärkt für die Gefangenen von Bedeutung. So hat beispielsweise eine Wärterin im Knast Tegel 27 Gefangene mit dem Virus infiziert. #StayHome ist für sie natürlich nicht möglich, sie werden fortan unter Isolation im Knast gehalten, unter „unmenschlichen Bedingungen“, wie ein Gefangener der Presse wohl mitteilte. Auch im Knast Moabit beschäftigt die Gefangenen das Thema, vor allem auch deswegen, weil die Mitarbeiter*innen der Justiz nichts auf die Gesundheit der Gefangenen geben. Im folgenden ein Brief eines Gefangenen:
„Na ihr da draußen, alles in Ordnung bei euch? Ist das langweilig hier im Ferienlager. Ich befinde mich momentan in Untersuchungshaft in der Anstalt JVA Berlin Moabit TA1. Ich möchte euch darüber in Kenntnis setzen, dass hier mit unserer Gesundheit gespielt wird und eine fahrlässige Körperverletzung billigend in Kauf genommen wird. Wir, die Inhaftierten, stecken uns hier mit dem Corona Virus über die hier arbeitenden Bediensteten an!
Viele Inhaftierte, die von der Trostlosigkeit, Kälte und Dunkelheit erdrückt werden in der JVA Moabit, haben das Gefühl des Verlassens- und Vergessenseins. Hinzu kommen die Gedanken, wie es mit einem weiter geht, was muss beachtet werden, wie kann ich mit der Außenwelt in Kontakt treten, wie geht es meiner Familie u.v.m. Da sollte nicht noch die Frage hinzukommen, ob wir uns im Knast durch die Bediensteten mit Covid19 anstecken können. Aber wenn doch, wie sieht dann die medizinische Betreuung und Behandlung aus?
Wie allen bekannt ist, ist die adäquate fachliche medizinische Behandlung ein Witz in den Anstalten! Wo ist die Aufrechterhaltung der Menschlichkeit und der Respekt uns gegenüber? Auf den Fluren sind Schilder angebracht die darauf hinweisen, 1,5 m Sicherheitsabstand zu halten und es gibt ein Verbot, die Hände zu schütteln. Jeden Tag verletzen selbst die Bediensteten des Hauses diese Hygienevorschriften.
Nur die Bediensteten können uns anstecken, weil diese in der Anstalt ein und ausgehen! Es wird fleißig bei Dienstübernahme und nebenbei Hände geschüttelt, abgeklatscht, sich umarmt, Schulter an Schulter gestanden, Küsse links Küsse rechts verteilt, uns gegenüber nicht ausreichend der gesetzliche Mindestabstand gewahrt und es wird grob auf das Tragen eines Mund-Nasenschutzes verzichtet. (…) Bei einem Bediensteten der JVA Moabit ergab ein Covid19 Test ein positives Ergebnis, der zuvor mit einem Insassen im Haus unterwegs war. Dieser Bedienstete hat sich in Freiheit anscheinend angesteckt und trug das Virus in die JVA Moabit. Zwei Tage war der Inhaftierte unter uns anderen Gefangenen auf mehreren Freistunden. Dies lässt eindeutig erahnen, dass das Virus auf uns hätte übertragen werden können. Eingeschleppt durch einen Bediensteten, der sich in der Anstalt nicht an die gesetzlichen Hygieneregeln hielt!
Das haben wir nun davon. Der Bedienstete ist 14 Tage im Zwangsurlaub und der mutmaßlich infizierte Gefangene wird nun aus seinem Knastalltag gerissen und auf die Isolierstation geparkt. Er muss sich an ein neues Sozialumfeld gewöhnen, neue Sozialkontakte knüpfen auf der Isolationsstation sowie auf ein anderen Freistundenhof und läuft jetzt erst recht Gefahr, sich auf der Station mit Covid19 anzustecken, da dort die Tests von Neuzugängen erst abgewartet werden müssen. Dies hat einen faden Beigeschmack, weil wir behandelt werden wie Gegenstände, da diese Verlegung auf eine andere Station und dann noch auf einer Isolationsstation die geistige und seelische Gesundheit der Gefangenen schädigen kann und nicht der Erhaltung dient. (…)
Auch Aussagen wie: ‚Wir (Bedienstete) müssen keine Maske tragen oder die Hygieneregeln einhalten, da wir hier arbeiten und deswegen als Familie zählen!‘ sind an der Tagesordnung. Das ist doch echt ein schlechter Scherz! Ich bin jedenfalls mit Sicherheit nicht ein Familienangehöriger der Justizfamilie, das ist eine Beleidigung!“
Menschen zu diffamieren und zu beleidigen ist vermutlich auch das einzige, was die Justiz und ihre Handlanger können. Nicht nur, dass die Gefangenen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind, sie werden von der Justiz auch derartig respektlos behandelt, verhöhnt, diffamiert und beleidigt, dass offensichtlich ihr Leben garnichts wert zu seien scheint.
Im September wurde über einen Gefangenen aus Moabit wegen eines Brandes im Amtsgericht Tiergarten verhandelt, wir berichteten über die Widerlichkeit des Prozesses. Schmierblatt RBB wollte dem offensichtlich entgegenhalten, in dem sie über den Betroffenen einen Comic rausbrachten, welcher die Widerlichkeit des Prozesses sogar noch übertrumpft. Der Betroffene wird als völlig dumm und geistesgestört dargestellt, gleichzeitig unterstellt ihm der RBB, dass er den Brand gelegt hätte, um seinen eigentlich an den Tag stattfindenden Prozess nicht wahrnehmen zu müssen – was dann wohl zwar funktioniert hätte, dafür sitze er aber jetzt im Bau. Davon war im Prozess selbst zwar niemals mit einem Wort die Rede – der RBB spinnt sich aber natürlich trotzdem diese Geschichte zusammen, um das Bild eines irren, kranken und geistig zurückgebliebenden Gesetzesbrechers mithilfe eines Comics zeichnen und damit das Gericht und den Knast zu legitimieren.
Unnötig zu erwähnen, was wir davon halten, auch unnötig, auf jedes Detail des Videos einzugehen, aber wichtig zu betonen, dass diese respektlose Hetze gegen Gefangene nicht unbeantwortet bleiben darf. Schlussendlich, um mit ein paar positiven Worten abzuschließen, freute es uns, aus den Knast heraus zu hören, dass vor Kurzem ein Päckchen über die Knasttore geflogen ist, welches die Wärter*innen öffneten und darin offensichtlich Scheiße fanden. Davon können sie gerne mehr fressen. Solidarität mit allen Gefangenen!