B: Katastrophenwarnung gegen Militaer und die Festung Europa

Regionen: 
Event: 

Anlässlich des bundesweiten #Warntag2020 haben Aktivist*innen heute an digitalen Werbetafeln in Berlin auf den Zusammenhang zwischen Katastrophenschutz und der Bundeswehr und den katastrophalen Umgang mit Menschen auf der Flucht aufmerksam gemacht. Als Teil des bundesweiten Probealarms um 11:00h sollten auch digitale Warnnachrichten erprobt werden. Theoretisch haettet ihr an dieser Stelle also Bilder mit dem Warnhinweis im Hintergrund bestaunen koennen - das fiel wohl flach. [Beschwerden hierzu bitte an die BBK] Diese sollten durch Poster mit der Aufschrift “Für einen zivilen Katastrophenschutz statt Militär im Inneren – Bundeswehr abschaffen! #Warntag2020” oder „Katastrophenschutz jetzt = Moria evakuieren“ kommentiert werden. Daneben finden Passant*innen einen Hintergrundtext zu der Aktion. [Die Poster sind da - die Warnungen nicht.]

Am 10. September findet erstmals ein deutschlandweiter Warntag statt. Laut der Internetseite zum Warntag sollen um 11:00 sämtliche Warnmittel erprobt werden, die im Fall einer Katastrophe eingesetzt werden. Zuständig ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). ¹ Laut Pressemitteilung des BBKs ist die Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ) “eine wichtige Aufgabe” im BBK. “Das Amt arbeitet hier eng mit dem Kommando für Territoriale Aufgaben der Bundeswehr zusammen.”²

Das Kommando Territoriale Aufgabe hat den Sitz in Berlin in der Julius-Leber Kaserne.
Es ist zuständig für alle Einsätze der Bundeswehr im Innern. Dem Kommando sind 20.000 Soldat*innen und über 10.000 Reservist*innen unterstellt.²

Bundeswehreinsätze im Innern haben sich zunehmend normalisiert. Bundeswehrsoldat*innen werden bei Naturkatastrophen, zur Terrorbekämpfung, bei der Protestbekämpfung, im Rahmen der sogenannten Flüchtlingshilfe und auch während der Corona-Pandemie im Innern eingesetzt.⁴

Das deutsche Militär präsentiert sich im Rahmen des Katastrophenschutzes als ‚helfende Hand`. Doch auch bei Einsätzen im Innern bleibt die Bundeswehr eine herrschaftsstabilisierende Institution, in der Sexismus, Rassismus und Antisemitismus gedeihen. Es ist kein Zufall, dass es weitreichende rechtsextreme Netzwerke innerhalb der Bundeswehr gibt. Dass nahezu alle Offiziere und Unteroffiziere zu Gründungszeiten der Bundeswehr eine Vergangenheit in der Wehrmacht oder sogar in der Waffen-SS hatten, zeigt eine lupenreine faschistische Kontinuität auf. Auch über die Julius Leber Kaserne, in der Einsätze im Innern genehmigt werden, gibt es Informationen über Nazis die als Soldaten in der Kaserne arbeiten.³ Ein weiteres Beispiel für ein solches Netzwerk ist der Hannibal-Komplex, ein militantes, rechtes Netzwerk in der Bundeswehr. Unter anderem wurden Waffendepots angelegt, Feindeslisten angefertigt und sich auf die Ermordung politischer Gegner*innen an einem „Tag X“ vorbereitet. Die Erkenntnisse um den Hannibal-Komplex haben gezeigt, dass Einzeltäter*innenkonstruktionen von der Hand zu weisen sind. ^4 Rechtsterrorist*innen in der Bundeswehr sind keine Zufälle, keine Unglückstreffer, sondern werden von strukturinhärenten Dynamiken und Werten wie Corpsgeist und militärischer Habitus geprägt. Das zeigt uns, dass die Bundeswehr nicht reformierbar ist, dass das teilweise Auflösen einzelner Einheiten keine rechten "Tendenzen" bekämpft, sondern dass einzig und allein das vollständige Abschaffen der Bundeswehr notwendig ist.

Die humanitäre Inszenierung der Bundeswehr als rettende Wasserlieferantin oder Unterstützerin in Covid-Testzentren ist gefährlich, weil sie ihre Rolle in bewaffneten Konflikten verschweigt. Tatsächlich führt das deutsche Militär seit 1999 Kriege in denen sie kapitalistische Interessen, um die Absicherung von Absatzmärkten und Handelswegen vertritt. In dieser Hinsicht reiht sie sich ein in die Traditionslinie ihrer faschistischen Vorgängerorganisationen.

Auch ist die Bundeswehr aktiv an der Militarisierung der europäischen Außengrenzen beteiligt.
Im Mittelmeer bekämpfen ganze drei Militäroperationen – an denen sich die Bundeswehr maßgeblich beteiligt – offiziell "Schmuggler_innennetzwerke". ^6 Es soll also die Flucht nach Europa erschwert, die Festung abgeschottet werden. Auch wenn die technischen, finanziellen wie auch logistischen Mittel zur Schaffung sicherer Fluchtwege nach Europa da sind, werden sie explizit gegen Menschen auf der Flucht eingesetzt. Sie werden nicht geschützt - nicht vor den Katastrophen Krieg, Verfolgung oder Armut.

Neben der Kritik an der Bundeswehr im Katastrophenschutz wurde deshalb auch auf den Doppelstandard zwischen dem humanitärem Umgang mit Katastrophen und dem gleichzeitigen Festhalten von Menschen in menschenunwürdigen Lebensbedingungen an Europas Außengrenzen hingewiesen. Der Zustand in Lagern wie Moria ist verheerend und grausam. Die Feuer seit letzter Nacht sind dabei nur die absolute Spitze des Eisbergs; davor der Corona-Ausbruch und schon immer die generellen Lebensbedingungen.
Auf Plakaten forderten die Aktivist*innen ebenfalls; „Katastrophenschutz jetzt – Moria evakuieren!“ , „Warnung: Menschenrechtsverletzungen innerhalb der EU – Moria evakuieren!“ und  „Wer schützt illegalisierte Menschen vor der katastrophalen Auswirkungen des Kapitalismus? Moria evakuieren!“.

Deswegen: Für einen zivilen Katastrophenschutz statt Militär im Inneren – Bundeswehr abschaffen! Und für ein gutes Leben für alle - Moria evakuieren!

¹ https://warnung-der-bevoelkerung.de/
² https://www.linksfraktion-hamburg.de/polizeieinsatz-bei-g20-ein-erfolg-n...
³ https://taz.de/Nazis-in-der-Bundeswehr/!5632431/
https://taz.de/Rechtsextreme-in-der-Bundeswehr/!5601769/
4 https://www.sueddeutsche.de/panorama/terrorismus-von-der-leyens-truppenb... deutschland-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-160803-99-922668 , https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bundeswehr-im-coron...

5https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2019-4%20Hannibal-Web.pdf
6 http://www.imi-online.de/2017/05/08/eu-migrationsabwehr/

Bilder: 
webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Public Domain (cc0): Weiternutzung ohne Einschränkung. Gemeinfrei im Sinne der Public Domain