Hausdurchsuchung: Allein, machen sie uns ein.
Die letzte, uns bekannte Hausdurchsuchung bei Genoss*innen in Leipzig fand am 15. Juni 2022 in Connewitz statt. In einem Text des Solidaritätsbündnis Antifa Ost (SAO) zu dieser Hausdurchsuchung heißt es:
Erfreulich an diesem düsteren Tag war, dass sich innerhalb kurzer Zeit viele Unterstützer:innen einfanden, welche die vollen 8 Stunden ausharrten, um mit Musik, Transparenten, Reden und schlicht mit ihrer Anwesenheit Kraft gespendet haben.
Die konkrete Anwesenheit von Unterstützer*innen wird folglich von Betroffenen von Hausdurchsuchungen nicht nur wahrgenommen, sondern kann auch situativ Kraft spenden. Entsprechend ist es eine wichtige und solidarische Praxis, die es fortzusetzen, zu intensivieren und perspektivisch besser zu koordinieren gilt. Uns sollte bewusst sein, dass weitere Hausdurchsuchungen folgen werden, teilweise auch parallel zueinander. Hierfür sollten und können wir uns in unseren jeweiligen Kontexten vorbereiten.
In diesem Text geht es konkret darum, was aus unserer Sicht zu tun wäre, wenn Hausdurchsuchungen stattfinden und nicht ihr oder eure konkrete Gruppe davon betroffen seid, sondern Genoss*innen aus linken Kontexten oder Menschen in eurem Stadtteil.
Vor-Absprachen in eurer Gruppe I: Wie erfahrt ihr von der Hausdurchsuchung>
Sprecht euch in euren Gruppen ab, wie ihr untereinander kommuniziert, wenn ihr von Hausdurchsuchungen in der Stadt erfahrt: Etabliert Meldeketten, klingelt beieinander, ruft euch an oder vereinbart etwas, was für euch in Frage kommt. Zentral ist, dass möglichst viele von euch, möglichst frühzeitig von etwaigen Hausdurchsuchungen erfahren, um:
- gegebenenfalls vor Ort unterstützen zu können,
- weiteren Personen Bescheid zu geben,
- mit den zur Verfügung stehenden und bestätigten Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen (via Indymedia oder euren Social-Media-Kanälen).
Infos verbreiten, Spekulation vermeiden
Über den gesamten Verlauf der Hausdurchsuchung(en) gilt, möglichst breit über diese und das Verhalten der Cops auf den zur Verfügung stehenden Kanälen zu informieren und Personen zu animieren, sich solidarisch zu zeigen und vor Ort zu unterstützen. Jedoch sollte es vermieden werden, Spekulationen anzustellen, Aussagen der Behörden 1 zu 1 zu übernehmen, sowie diese und andere Gerüchte zu verbreiten. Damit ist keiner Person geholfen, weder Unterstützer*innen vor Ort, noch den Betroffenen selbst.
Vor-Absprachen in eurer Gruppe II: Organisiert notwendiges im Vorfeld
Wir können auf Hausdurchsuchungen vorbereitet sein, auch als Unterstützerinnen. Wie im Text des SAO angemerkt, waren Personen mit “Musik, Transparenten, Reden” vor Ort. Das alles lässt sich vorbereiten. Erstellt im Vorfeld eine Playlist mit passenden Songs, aber auch Stücken, die ihr gerne hören würdet, wenn ihr betroffen von Hausdurchsuchungen wärt. Solche Songs, die euch in der Situation Kraft geben würden, könnt ihr auch in euren Zusammenhängen teilen, dann wissen eure Genoss*innen, was zu spielen ist, falls ihr einmal betroffen sein solltet.
Schreibt als Einzelpersonen oder als Gruppe Redebeiträge, die sich mit Hausdurchsuchungen befassen und an die Betroffenen wenden, aber auch an die Anwohner*innen oder die anwesenden Cops. In diesen Beiträgen könnt ihr, je nach Adressatin, eure Anteilnahme und Solidarität ausdrücken, aber auch eure Wut und euren Hass. Aber sie können auch informativ an die Nachbar*innenschaft gewandt sein, um diese für das Vorgehen der Repressionsbehörden zu sensibilisieren.
Ihr könnt im Vorfeld zudem thematische Transparente anfertigen und zu Hausdurchsuchungen mitbringen. So helfen diese nicht nur den Unterstützer*innen vor Ort vor Blicken und Videoaufnahmen der Cops, sondern auch vor Fotos der Presse. Zugleich machen sie Passant*innen und andere vorbeikommende Personen darauf aufmerksam, was hier gerade passiert.
Zum notwendigem Material, was es im Vorfeld zu organisieren gilt, sodass es schnell verfügbar ist, gehört auch Technik. Mindestens eine Box, mit welcher über den Zeitraum der Hausdurchsuchung Lieder abgespielt werden können. Aber auch ein Mikro sollte anschließbar sein, um Redebeiträge verlesen zu können. Letzteres wäre aber auch mit einem Megaphone machbar. Überlegt, wo ihr so etwas herbekommen bzw. anfragen könntet und holt es euch, wenn es gebraucht wird.
Als Unterstützer*innen vor Ort Vor Ort gilt es bei einer Hausdurchsuchung auf diese aufmerksam zu machen und zu schauen, wie die Betroffenen unterstützt werden können. Ein wichtiger Punkt ist heraus zu finden, ob Anwält*innen vor Ort sind. Ist das nicht der Fall, versucht das zu organisieren.
Entsprechendes Equipment für eine solidarische Begleitung habt ihr bestenfalls. Entkoppelt davon empfiehlt es sich, mit anderen Anwesenden abzusprechen, was alle gerade bereit wären zu geben. Ist es erst einmal nur Dasein und vielleicht Transparente halten; ist es je nach Lage und Ausstattung auch der Einsatz von Musik und Reden; sind es eventuell auch abgesprochene und laute Sprechchöre.
Etwaige Sprüche für die Sprechchöre könnten im Vorfeld gesammelt und bestenfalls ausgedruckt mitgebracht werden. So muss nicht lange überlegt werden, was gerufen werden könnte, sondern es gäbe bereits Vorschläge.
Über den Tag hinweg gilt vor Ort: Keine Gespräche mit der Presse, keine Gespräche mit Cops. Vor allem letztere sind unsere Feinde! Haltet Ausschau nach auffälligen Fahrzeugen und notiert euch die Kennzeichen, notiert euch bestenfalls auch die Kennzeichen der Zivilfahrzeuge der Cops.
Fotografiert gegebenenfalls auffällige Personen im Umfeld, die möglicherweise Cops in zivil sind. Sprecht die Menschen an, bei denen ihr denkt, es könnten “Zivis” sein. Bevor ihr diese Bilder jedoch irgendwo veröffentlicht, gilt es vorher zu prüfen, ob es nicht doch solidarische Anwohner*innen oder Genoss*innen sind. Sprecht daher unbedingt mit linken Strukturen, bevor Menschen leichtfertig als “Zivis” geoutet werden. Teilt nicht einfach ungeprüft “Outings” von “Zivis”, oft genug wurden Falschmeldungen verbreitet.
Was auch wichtig ist!
Kommt zum Ort der Hausdurchsuchung, auch wenn ihr nur kurz Zeit habt. Je mehr wir sind, desto eher können wir vor Ort agieren und unsere Solidarität artikulieren, ohne uns von den Cops einschränken und einschüchtern lassen zu müssen. Zudem ist es auch gerne gesehen, wenn solidarischen Personen Getränke oder Essen vorbeigebracht wird, gerade wenn die Hausdurchsuchungen über viele Stunden dauern. Dies kann jederzeit geschehen und nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, ist aber ein ebenso wichtiger und solidarischer Akt. Dies gilt auch für (Geld)Spenden, denn jede Durchsuchung geht mit “Beschlagnahmungen” und Zerstörungen einher. Wartet nicht bis zu nächsten Soli-Aktion. Denkt daran, wie es euch gehen würden, wenn Laptop, Handy, Router, etc. mitgenommen und Sachen in eurer Wohnung zerstört werden.
Am Ende der Hausdurchsuchung
Wenn die Soli-Aktion der Unterstützer*innen bei einer Hausdurchsuchung beendet wird, geht nicht sofort, sondern fragt, ob ihr gegebenenfalls helfen könnt, sei es beim Aufräumen oder Abtransport des genutzten Materials oder anderem.
Koordination bei parallel stattfindenden Hausdurchsuchungen
Sollte es zeitgleich mehrere Hausdurchsuchungen im Stadtteil / der Stadt geben, ist mehr Kommunikation untereinander erforderlich. Was wird wo noch gebraucht, wo stehen Menschen, wo überhaupt nicht? Gibt es überall Anwält*innen? Eine solidarische Begleitung mehrerer Hausdurchsuchungen gelingt uns mit einem höheren Grad der Organisierung, Vorbereitung auf diese Form der Repression und der Kommunikation untereinander.
Danach: Politische Antworten
Hausdurchsuchungen sind staatliche Angriffe auf Bewohner*innen des Stadtteils, linker Strukturen und Personen. Sie bedürfen einer politischen Antwort und sollten nicht einfach hingenommen werden. Eine Reaktion auf der Straße ist wünschenswert, zeigt den Betroffenen, dass sie nicht alleine sind und macht deutlich, dass wir nicht ohnmächtig den Repressionsbehörden ausgeliefert sind. Ob die Reaktion immer noch am selben Tag erfolgt oder etwas später, liegt letztendlich an uns allen.
An unserer Vorbereitung, Organisierung, Spontanität, schlicht unserer Solidarität mit den Betroffenen. Die Vielzahl an Hausdurchsuchungen der letzten Jahre in Leipzig macht jedoch deutlich, dass es sinnvoll ist, sich schon auf zukünftige vorzubereiten. Wartet nicht darauf, dass andere Menschen alles vorbereiten, organisieren und die Verantwortung übernehmen, sondern überlegt, was ihr euch wünschen würdet und zu einer politischen Antwort auf ihre Repression beitragen könnt.
United we stand. Divided we fall.
Ergänzungen
Bitte nicht wild fotografieren
[...Fotografiert gegebenenfalls auffällige Personen im Umfeld, die möglicherweise Cops in zivil sind....]
Habt bei soetwas allerdings im Kopf, dass solltet ihr Genoss*innen oder unbeteiligte Fotografieren, diese durchaus angepisst und auch agressiv reagieren können, da davon aus zu gehen sein sollte, dass auch Nazis, Zivis und evtl. der VS Fotografi*innen schicken könnte .
Habt auch im Kopf, dass Bullen durchaus schon Menschen im Nachhinein ihre Fotoaparate oder Telefone abgezogen haben um an solche Fotos zu kommen. Es ist eure und nur eure Verantortung, soetwas aus zu scließen. "Die dürfen das nicht!" ist dabei kein Argument, da bekannt ist, dass sie es trotzdem tun!
Dem entsprechend achtet darauf wer bei solchen Anlässen Fotos macht und scheucht die Leute weg. Solltet ihr Genoss*in auf Zivi Jagd sein, habt Verständnis wenn ihr aufgefordert werdet nicht zu fotografieren UND LASST ES!