Mumia Abu-Jamal wird unter den Augen der Weltöffentlichkeit zu Tode gefoltert

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Keine Hinrichtung durch medizinische Nichtversorgung - Free Mumia NOW!

Seit Ende 2014 ist der in den USA gefangene Journalist Mumia Abu-Jamal an Diabetes erkrankt. Zusätzlich leidet er an einer schweren Hautkrankheit und hat starke Anzeichen für einen Nierenschaden, ohne jedoch angemessen medizinisch durch die Gefängnisbehörde Pennsylvanias versorgt zu werden. Am Montag, dem 27. April 2015 erklärte die Behörde, dass sie weder externe medizinische Hilfe noch einen Informationsaustausch zwischen der Krankenstation des SCI Mahanoy Gefängnisses und Mumias Vertrauensarzt zulassen werde. In der vergangenen Woche hatten sie bereits gesagt, selbst nichts weiter für den Gefangenen unternehmen zu können.

 

 

Mit anderen Worten: die Gefängnisbehörde verweigert öffentlich, eine bekannte Krankheit (Diabetes) an einem Gefangenen zu behandeln. Es ist klar, dass das zu einem langsamen, schmerzhaften Tod führen wird. Niemand weiß, ob Mumia diesen Zustand noch lange überleben kann.

 

 

Obwohl die Todesstrafe gegen den politischen Gefangenen 2011 vom Obersten Gerichtshof der USA wegen schwerwiegender Verfahrensfehler aufgehoben wurde, findet seine Hinrichtung nun durch unterlassene medizinische Hilfeleistung unter den Augen der Weltöffentlichkeit statt.

 

Zusätzlich wird diese inoffizielle Hinrichtung durch Folter begleitet. Es ist dem Gefangenen bis auf wenige Zugeständnisse (hin und wieder einen Rollstuhl, selbst durchgeführte Blutzuckertests, gelegentlicher Aufenthalt in der Krankenstation des Knastes sowie ab und an Insulinspritzen) unmöglich, ein schmerzfreies Leben in der Haft zu führen. Zu dem extremen Gewichtsverlust und seiner stark eingeschränkten Bewegungsfähigkeit kommen offene Wunden am gesamten Körper und Schmerzen an verschiedenen Organen hinzu.

 

Es ist aber auch klar, dass eine Gefängnisbehörde nicht nur sich selbst und den jeweiligen Profitinteressen ihrer Public Private Partnership Konzerne verantwortlich ist. Lobbygruppen wie die rechte Fraternal Order of Police (FOP) haben sich seit 1981 für die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal eingesetzt und bedrängen den Gouverneur von Pennsylvania aktuell, die vor kurzem erfolgte Aussetzung der Todesstrafe im Bundesstaat wieder rückgängig zu machen. Derzeit scheint es ihm opportun, die FOP zumindest mit der inoffiziellen Hinrichtung von Mumia zu besänftigen. Gouverneur Tom Wolf ist derjenige, der die Gewalt gegen Mumia beenden könnte, wenn der politische Preis andernfalls zu hoch wäre.

 

Abu-Jamal war 1982 in einem umstrittenen Verfahren ohne Beweise zum Tod für einen angeblichen Mord an einem Polizisten verurteilt worden. Amnesty International und zahlreiche andere Institutionen haben immer wieder auf die offen politische und rassistische Prozessführung von Staatsanwaltschaft und Richter hingewiesen, die allein zu der Verurteilung des engagierten Journalisten führten. Auch in der Berufungsphase liessen sich die gleichen Merkmale beobachten. Es waren (und sind bis heute) seine Angehörigen sowie eine länderübergreifende Solidaritätsbewegung mit "The Voice of the Voiceless" ("Der Stimme der Unterdrückten", Ehrenbezeichnung verschiedener US Medien für Mumia Abu-Jamal), die den kämpfenden Gefangenen am Leben halten.

 

Mumia selbst hat in über drei Jahrzehnten aus den Gefängnissen der USA über die Rechtlosigkeit aber auch Kämpfe von Gefangenen berichtet. Er war einer der ersten, der der Öffentlichkeit plausible Einblicke in die Gefängnisindustrie verschaffte sowie die ökonomischen Interessen hinter der Masseninhaftierung in den USA benannte. Seine Berichte aus und über den Todestrakt haben inzwischen mehrere Generationen von Todesstrafengegner*innen inspiriert. Mumia gehört innerhalb der US Knäste zu den meist gelesenen Autor*innen und war bis kurz vor seinem Zusammenbruch am 30. März 2015 zusammen mit vier weiteren Gefangenen gegen ein neues Knebelgesetz aktiv, was allen verbieten möchte, öffentlich über knastinterne Vorgänge zu berichten.

 

Auch in der BRD gab es in den vergangenen Wochen Proteste gegen die systematische Folter des Gefangenen. Die VVN-BdA forderte die US Behörden auf, endlich ihre Blockade Haltung aufzugeben und Mumia externe medizinische Hilfe zu gewähren (1), ebenso das PEN Zentrum Deutschland. Einige EU- und Bundestagsabgeordnete erklärten der Gefängnisbehörde von Pennsylvania ihr Unverständnis über die offensichtliche Vernachlässigung ihrer Sorgfaltspflicht gegenüber Gefangenen am Beispiel von Mumia Abu-Jamal (2). Auch die Obleute des Menschenrechtsrechtsauschusses im Bundestag haben sich inzwischen mit dem Fall beschäftigt. Allerdings haben sie sich bis jetzt (noch) nicht öffentlich geäußert.

 

Die Rote Hilfe e.V. ruft zu Notfallprotesten gegen die faktische Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal auf (3). In Frankfurt am Main, Hamburg und Berlin (4) fanden bereits Kundgebungen und Demonstrationen vor den jeweiligen diplomatischen Einrichtung der USA statt. Ebenfalls in Berlin kam es daraufhin im April zu einem direkten Gespräch zwischen Vertreter*innen der FREE MUMIA Bewegung und der politischen Abteilung der US Botschaft.

 

Allerdings ist deutlich, dass gerade die öffentlich sichtbaren Proteste für das Leben von Mumia Abu-Jamal weit unter ihrem Potential bleiben. Anton Mestin, Pressesprecher von FREE MUMIA Berlin dazu: "Vielleicht haben wir durch unsere kontinuierliche Berichterstattung selbst zu einem Missverständnis beigetragen. Natürlich können wir den Kontakt mit Mumia und anderen Gefangenen halten und uns mit Angehörigen sowie der US Solidaritätsbewegung vernetzen. Es besteht auch kein Problem bei dem Verständnis der Faktenlage oder der Herstellung von Öffentlichkeit. Allerdings sind wir nur begrenzt in der Lage, den notwendigen öffentlichen Druck aufzubauen. Das wird nur gelingen, wenn sich wieder alle für Mumias Leben einsetzen, die z.B. bis 2011 Notfallproteste gegen eine damals noch im Raum stehende Hinrichtung vorbereitet haben. Dann wäre deutlich mehr möglich. Und eins ist völlig klar: wenn ein Knast in aller Öffentlichkeit jemanden wie Mumia durch unterlassene Hilfeleistung zu Tode foltern kann, wie soll es dann denjenigen ergehen, deren Namen wir gar nicht kennen? Wer Mumia jetzt hilft, unterstützt damit alle Gefangenen und ihre Grundrechte in den USA."

 

Neben zahlreichen Aktivitäten in den USA gibt es auch in anderen Ländern Unterstützung für den lebensgefährlich erkrankten Journalisten. Am vergangenen Freitag war Mumias 61. Geburtstag, der von Kundgebungen in Mexiko City, Amsterdam und London begleitet wurde (5).

 

Ständig aktualisierte Infos zu der aktuellen Situationen sind auf der Webseite des Bundesweiten FREE MUMIA Netzwerkes zu finden:   http://freiheit-fuer-mumia.de/

 

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(1) Erklärung der VVN-BdA: Mumia Abu-Jamal darf nicht im Gefängnis sterben! (28.04.2015) http://www.vvn-bda.de/mumia-abu-jamal-darf-nicht-im-gefaengnis-sterben/

 

(2) Öffentliche Stellungnahmen für Mumia Abu-Jamal http://freiheit-fuer-mumia.de/mk.htm#stellungnahmen

 

(3) Rote Hilfe ruft zu Protesten auf, um das Leben von Mumia Abu-Jamal zu retten (8.04.2015) http://www.rote-hilfe.de/77-news/618-rote-hilfe-ruft-zu-protesten-auf-um...

 

(4) Demos und Aktionen http://freiheit-fuer-mumia.de/mk.htm#demosundaktionen

 

(5) Termine http://freiheit-fuer-mumia.de/termine.htm

 

 

 

 

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Ergänzungen

"(... .)

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Die Verweigerung der notwendigen medizinischen Behandlung Abu-Jamals, so Washington, ereigne sich »zu einer Zeit, in der das gnadenlose Vorgehen der US-Polizei mittels Gewalt und Todesschüssen im ganzen Land im Zentrum der Kritik steht«. Abu-Jamal habe sich in seinen im Gefängnis geschriebenen Büchern und Kolumnen genau dazu immer wieder geäußert und »als scharfer Kritiker der Ungleichheit vor der Strafjustiz gezeigt«. Die »von Gefühlskälte und Unmenschlichkeit geprägte Nichtbehandlung seiner Erkrankung« sei dafür gewissermaßen die Strafe. Entsprechend warf Washington die Frage auf, ob die US-amerikanische Öffentlichkeit gerade Zeuge einer »öffentlichen Hinrichtung« wird. Das »Spektakel der staatlichen Tötung« eines weltweit bekannten politischen Gefangenen werde als »langsame Hinrichtung durch seine kalkulierte medizinische Nichtbehandlung« inszeniert...."

 

aus dem Artikel "Stimme der Unterdrückten" (jW, 29.04.2015)

https://www.jungewelt.de/m/2015/04-29/002.php

 

Am 26. April 2015 wendete sich Mumia direkt an die Soli-Bewegung:

http://www.prisonradio.org/media/audio/mumia/4-26-2015-mumias-message-mo...

Gestern hat das 3. Bundesberufungsgericht das Gefangenen-Knebel-Gesetz aus Pennsylvania kassiert, dass direkt gegen Mumia und andere kämpfende Gefangene erlassen worden war:
http://www.pennlive.com/midstate/index.ssf/2015/04/pas_mumia_abu_jamal-i...

 

Mumias Klage hatte also zusammen mit den anderen Gefangenen Erfolg. Nun wird es Zeit, endlich eine angemessene Gesundheitsversorgung für ihn durchzusetzen - das wird wohl nur in Freiheit möglich sein.

 

 

FREE MUMIA - NOW!

Der gefangene Journalist Mumia Abu-Jamal ist nach 34 Jahren Haft an Diabetes erkrankt. Die Gefängnisbehörde des US Bundesstaates Pennsylvania verweigert ihm medizinische Hilfe und hat ihn seit dem 26. April 2015 komplett von der Außenwelt isoliert.

Mumia Abu-Jamals Leben ist in großer Gefahr.

Pressemitteilung vom Bundesweiten Netzwerk gegen die Todesstrafe, Do. 30. April 2015: ESKALATION im Fall Mumia ABU-JAMAL
http://www.bring-mumia-home.de/ALERT_ACT_NOW.html