(B) Kirchlicher, sozialer Verein "Stadtmission" heißt Berliner AfD willkommen
Vor ungefähr zwei Wochen mussten wir feststellen, dass die Berliner AfD auf ihrer verzweifelten Suche nach Räumlichkeiten, nicht mal davor zurückschreckt, Lokalitäten anzufragen, die in der Öffentlichkeit für ein diverses, multikulturelles und multiethnisches Leitbild stehen. Genau die Leute, gegen die die Partei und ihre AnhängerInnenschaft sonst ungeniert hetzen und sie in Teilen sogar mit dem Tode bedrohen, sollen den völkischen NationalistInnen also nun Räumlichkeiten bereitstellen.
Umso erschreckender ist hierbei die Tatsache, dass ihnen laut einem Tagesspiegel Artikel die Berliner Stadtmission mit genau dieser Bitte nun entgegenkommt. Die Berliner Stadtmission ist ein selbstständiger Verein unter dem Dach der evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg und unterstützt u. A. Obdachlose und Geflüchtete. Der Verein betreibt die Kältehilfe, die Bahnhofsmission am Zoo, sowie das Hotel Albrechtshof in der Albrechtstraße 8 in Mitte. Am Montag den 08.07. um 14 Uhr soll dort die Filmpremiere “Dieselmord im Ökowahn” stattfinden. Organisiert wird dies von den Mitarbeitern des Bundestags Peter Felser und Dirk Spaniel.
Begründet wird die Unterstützung der AfD mit der alten Leier, der allumfassenden Toleranz. “Wir möchten allen Gästen, unabhängig von Herkunft, Glauben, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Überzeugung, mit der gleichen Freundlichkeit und Wertschätzung begegnen. Dies gilt auch gegenüber Menschen, die diese Werte nicht teilen”
Weiterhin wird erklärt, dass die AfD mit ihrer Anmietung von Räumlichkeiten die Kältehilfe für Obdachlose, die Resozialisierung von Straffälligen und die Flüchtlingshilfe unterstützt und dass durch die im Albrechtshof angestellten Geflüchteten eine diffuse Hoffnung auf eine wie auch immer geartete moralische “Besserung” der AfDlerInnen zu bestehen scheint. Natürlich darf auch die im öffentlichen Diskurs stets genannte “Gefahr der Viktimisierung” nicht fehlen.
Die Lieblingsrolle der Partei: Rumopfern bis zum Sieg
Diese Begründungs- und Erklärungsversuche zeugen von verschiedenen grundfalschen Annahmen, die sich leider immer noch hartnäckig im öffentlichen Diskurs halten können:
Die AfD ist eine Partei, die davon lebt und die mit ihren vielfältigen rechten Vernetzungen, stets bestrebt ist sich weiter in der Gesellschaft zu verankern. Den ausgestreckte Arm von Vereinen und Menschen, die ihnen zumindest von ihrem Werteverständnis her eigentlich als politischer Feind gelten müssten, weiß sie besonders clever für sich zu verwenden.
Für die AfD stellt es nämlich keinen Widerspruch dar, sich Räumlichkeites eines sozialen Trägers zu mieten, sich dabei von Geflüchteten bedienen zu lassen und bei den Treffen gleichzeitig an deren zunehmender Drangsalierung und Abschiebung zu werkeln.
Im Gegenteil: Nicht nur die verschiedensten AfD- Untergruppierungen wie die “Juden in der AfD (JAfD)” oder die “Verfolgte(n), Aussiedler und deutsche Minderheiten (VAdM)” wissen die Menschen, gegen die sie eigentlich stets ungeniert Stimmung machen, besonders perfide für sich zu nutzen.
Nämlich als Aushängeschild, um Rassismus und Antisemitismus mit dem Verweis auf ebenjene Untergruppierungen, weit von sich zu weisen und sich selbst einen Persil-Schein auszustellen.
Wir können gar keine Antisemiten sein, wir haben doch auch Juden in unserer Partei. Wir können keine Rassisten sein, wir treffen uns doch auch in Räumlichkeiten der Stadtmission wo viele Flüchtlinge arbeiten.
Mit Aktionen wie der öffentlichkeitswirksamen Raumvergabe an die AfD wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was die Stadtmission eigentlich bezwecken möchte. Die Raumvergabe wird von der Partei für die eigenen Zwecke instrumentalisiert und sie kann sich öffentlich von den Vorwürfen gegen sie reinwaschen. So auch zu sehen auf dem Twitter-Auftritt der AfD Berlin (s. Bild im Anhang).
Das oft angeführte Argument, man dürfe die AfD nicht zu einem Opfer werden lassen, läuft dabei ins Leere. Natürlich gelingt es der Partei nicht sich in dieser Situation als Opfer zu inszenieren; Dafür aber als Gewinner. Sie, die wegen ihrem beispiellosen Hass und ihrer Ausgrenzung Andersdenkender, bereits zahlreiche Räume für wichtige politische Vernetzungen und Parteitage verloren hat, bekommt die für sie so relevanten Räumlichkeiten und kann obendrein noch mit dem Finger darauf verweisen, dass sie wie jede andere Partei auch behandelt wird.
Das Problem dabei ist, dass sie eben nicht wie jede andere Partei ist. Zwar wurde sie in einem demokratischen Prozess gewählt, den sie durch illegale Parteispenden, massive Beeinflussung der sozialen Medien und durch ein Wohlwollen des rechten Sicherheitsapparats (Polizei, Verfassungsschutz etc.) zu ihren Gunsten entscheiden konnte. Dass die Partei aber mitnichten demokratische Ziele verfolgt, sondern an dem Aufbau einer völkisch-rassistischen, sexistischen illiberalen Demokratie nach dem Vorbild Ungarns, orientiert ist, gelingt ihr nach wie vor zu verschleiern.
Keine Bühne der AfD
Ebenso verhält es sich mit Diskussionsrunden und Talkshows zu denen VertreterInnen der AfD eingeladen werden. Allein die Einladung ist eine Legitimation ihrer völkischen Positionen und rassistischen Programmatik.
Wer, so wie neulich in der Talkshow “Hart aber fair” geschehen, die AfD einlädt, um über den rechtsterroristischen Mord an dem liberalen CDUler Walter Lübcke durch die AnhängerInnenschaft der Partei zu diskutieren, bietet der AfD eine Gelegenheit den Mord zu relativieren und sich aus der Verantwortung zu ziehen. Genau dies geschah in der skandalträchtigen Sendung bei der dem widerlichen Vorsitzenden der AfD NRW Uwe Junge am meisten Sprachzeit eingeräumt wurde und viel Kritik an seinen Positionen mithilfe des erzkonservativen Moderators Frank Plasberg zum Schweigen gebracht wurde.
Junge ging am Ende mit dem Schlusswort als Gewinner aus dieser Sendung. Während rund 70 Minuten Sendezeit gelang es ihm, durch Faktenresistenz und das eigens geschaffene Weltbild, seine Partei vor mehreren Millionen Zuschauer*innen reinzuwaschen.
Zurück zur Stadtmission Berlin: Vollkommen absurd wird die Akzeptanz der AfD in den eigenen Räumlichkeiten, wenn davon gesprochen wird, dass Toleranz Grenzen habe und wer sich rassistisch oder diskrimierend verhält oder äußert, der künftige Zugang verwehrt werden soll.
Hier wird völlig verfehlt, dass die komplette Partei und ihr komplex verzweigtes Netzwerk zutiefst rassistische und diskriminierende Ziele verfolgen. Hierfür gibt es unzählige Quellen und Beweise.
Die Krux ist, dass in der AfD-eigenen Weltsicht Rassismus und Diskriminierung in der Partei nicht existent sind. Rechtsradikales Gedankengut wird schlicht weggeleugnet oder in unabstreitbaren Einzelfällen auf ein Ausschlussverfahren verwiesen, dass durch die personelle Zusammensetzung der Schiedsgerichte de facto niemals zustande kommen wird.
Es ist und bleibt ein fundamentaler Widerspruch sich auf der einen Seite gegen Rassismus und Diskriminierung zu positionieren, aber auf der anderen Seite Geschäfte mit der Partei zu machen und sie zu unterstützen.
Wir hoffen, dass dieser offene Brief eine progressive Debatte über den Umgang mit der AfD in den eigenen Räumlichkeiten befeuert. Zumal der nächste AfD-Termin in den Albrechtshöfen bereits feststeht: Am Montag den 08.07. um 14 Uhr soll dort die Filmpremiere “Dieselmord im Ökowahn” stattfinden. Organisiert wird dies von den Mitarbeitern des Bundestags Peter Felser und Dirk Spaniel.
Unsere Forderungen sind klar: Wir fordern einen sofortigen Rausschmiss der AfD aus den Räumlichkeiten der Stadtmission.
Machen Sie nicht den Fehler und gehen der AfD und ihrer Normalisierungs-Strategie auf den Leim.
Distanzieren Sie sich glaubwürdig von Rassimus, Antisemitismus und völkischem Nationalismus und ziehen sie daraus die einzig logische Konsequenz: Kein Raum der AfD!
Ergänzungen
Ergänzung
Bitte noch zu den Bildanhängen hinzufügen. Freudige Twitter-Reaktionen der AfD zum Statement der Stadtmission
Hat sich erledigt
https://www.landeszeitung.de/blog/nachrichten/politik/2591922-christlich...