Absage der unangemeldeten Demonstration für Lisa und Thomas am 12.05.2018

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Wir haben uns entschlossen die Solidaritätsdemonstration für Lisa und Thomas abzusagen. Dies hat verschiedene Gründe, die wir in diesem Text mitteilen werden. Nach langen Diskussionen mussten wir feststellen, dass wir personell nicht in der Lage sind die Demonstration durchzuführen da wir, als Vorbereitungskreis,uns in der Verantwortung sehen eine Struktur zu stellen, die ein sicheres Partizipieren an eben jener Demonstration ermöglicht. Es wurden weitere Alternativen besprochen, bspw. eine Kundgebung zu machen, aber wir sind zum Entschluss gekommen, dass alle Optionen am Samstag dem 12. Mai um 18:00 Uhr am Herrfurthplatz nicht zufriedenstellend wären und nur einen Versuch darstellen würden, Fehler im letzten Moment zu korrigieren.

Fakt ist, dass die Vorbereitungstreffen für diese Demonstration mehr als schleppend gelaufen sind. Obwohl unserer Meinung nach breit mobilisiert wurde (für diese Art von Aktionsform) sind kaum Leute gekommen oder haben verbindlich Strukturen übernommen. Die Wut, die durch die Razzien am 09.05. entstanden ist, die gestiegene Erwartung an die Demonstration und die damit einhergehende Verantwortung, hätte in jedem Fall auch mehr Personen und Strukturen benötigt. Doch auch nach diesem Ereignis, sind weder neue Leute auf dem Treffen erschienen, noch wurden verbindlich weitere/offene Aufgaben übernommen.

Das was nie hätte passieren dürfen ist nun passiert, denn unser Hauptanliegen war es unsere Solidarität mit Thomas, Lisa und allen Gefangenen mit einer unangemeldeten Demonstration auszudrücken. Das dies nun nicht an diesem Tag, in dieser Form passiert, ist für uns als Vorbereitungskreis der größte Misserfolg und frustrierend.

Kollektive Fehler benötigen eine kollektive Analyse, Auswertung und Debatte. Denn es handelt sich auch hier, in der Auseinandersetzung, um eine kollektive Verantwortung, wenn in Berlin in Zukunft diese Aktionsform stattfinden soll. Die Demonstration sollte von Anfang an ein Versuch sein, sich die Straßen zu nehmen ohne dafür betteln zu müssen. Das dies z.B. am 1.Mai besser funktioniert, ist klar und liegt sicherlich u.a. daran, dass an diesem Tag die politischen Machtverhältnisse andere sind, bzw. dieser Tag innerhalb der "radikalen Linken" mehr Bedeutung geniesst. Die Herausforderung liegt darin diese Praxisform auch an jedem anderen Tag im Jahr durchführen zu können.
Uns war es daher wichtig die Debatte um diese Aktionsform weiter am Leben zu erhalten und praktisch umzusetzen. Wir hätten eventuell im Vorfeld für diese Demo eine öffentlichen Debatte zu dieser Aktionsform im allgemeinen führen sollen, um überprüfen zu können, ob eine reale Bereitschaft / Interesse vorhanden ist. So hätte es ein breiteres Stimmungsbild gegeben, an dem man die Planung und die Durchführung der Demonstration orientiert hätte.

Die Gründe die letztendlich zum Scheitern geführt haben, möchten wir hier transparent machen, um aus eben jenen Fehlern zu lernen und so eine Wissensweitergabe zu ermöglichen, auf die sich andere Gruppen oder Zusammenhänge beziehen können.
Für uns spielen folgende Gründe für diese Entwicklung eine große Rolle, auch wenn es nicht alle sind, wollen wir gerade diesen Ausdruck verleihen.

Wie schon oben mehrmals erwähnt, war der ausschlaggebende Grund für die Absage die geringe Beteiligung an der Vorbereitung und die fehlende Initiative Aufgaben zu übernehmen. Zum einem heißt das, wir der Vorbereitungskreis, waren selber nicht fähig diese Aufgaben zu übernehmen. Dies bahnte sich seit einiger Zeit an und schon da hätten wir ernsthaft überlegen sollen, ob wir die Aktion nicht absagen. Als im Nachgang der Razzien das Interesse und die Bezugnahme auf die Demonstration für Lisa und Thomas anstieg, erhofften wir uns eine breitere Teilnahme an der Vorbereitung. Dies fand aber nicht wirklich statt, obwohl es bekannt war und nochmals dazu eingeladen wurde. Es ist nicht unsere Intention andere für unsere Fehler schuldig zu machen, aber wir müssen Nägel mit Köpfen machen und das heißt, soweit wie möglich, diese vorhandene Situation offen zu legen. Ein weiterer Grund kann auch darin gesehen werden, dass viele Gruppen / Zusammenhänge und Einzelpersonen zur Zeit sehr in anderen Projekten gebunden sind und wir diesen Fakt einfach unterschätzt haben.

Für uns war es eine politische Entscheidung die Demonstration nicht anzumelden und vorher anzukündigen. Die Gründe und Risiken wurden in unserem Aufruf thematisiert:

„Sie ist unangemeldet, weil wir nicht fragen wollen, wann und wie wir unsere Solidarität demonstrieren können. Wir werden nicht mit dem Staat, den wir ablehnen und zerstören wollen, verhandeln. Vor allem nicht, wenn wir unsere Solidarität mit denen zeigen, die eben dieser Staat hinter Gittern und hohen Mauern von uns isoliert. Wir wissen, dass so nicht alle teilnehmen können, arbeiten so jedoch auf den Tag hin, an dem es allen möglich sein wird auch zu nicht angemeldeten Demonstrationen auf der Straße zusammenzukommen.“

Wir hatten das Gefühl, dass innerhalb der radikalen Linken in Berlin, in den letzten Jahren Texte veröffentlicht und Debatten dazu geführt wurden. Neben der 1.Mai-Demonstration, gab es bspw. im Jahr 2014 den Versuch einer unangemeldeten Demonstration in Charlottenburg/ Wilmersdorf, sowie die unangemeldeten Proteste im Zuge der besetzten Schule auf der Ohlauer Straße, beide wurden vorher offen mobilisiert. Inwiefern all diese Beispiele letztendlich als Erfolg zu sehen sind, möchten wir hier nicht bewerten, für uns war es jedoch klar, dass der Versuch eine unangemeldete und vorher offen angekündigte Demonstration zu machen nicht aus der Luft gegriffen war. All das sind natürlich nur Spekulationen und wir hoffen, durch diesen Text eine breitere Debatte anzustoßen, vorausgesetzt es besteht im Moment überhaupt ein generelles Interesse an diesem Diskurs. Denn unserer Meinung nach, bedarf es, wie bei allen theoretischen sowie praktischen Fragen einer kontinuierlichen Auseinandersetzung. Ansonsten läuft man Gefahr alle paar Jahre wieder bei Null anzufangen und / oder die Umsetzung als unrealisitisch bzw. als Fetisch von Einigen anzusehen. Daher sollte diese Absage nicht nur als eine Niederlage gesehen werden, sondern als eine Chance und einen Anstoß sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Denn die Fehler die passiert sind könnten in Zukunft vermieden werden.

Ob richtig oder falsch, ob begründet oder nicht, von Anfang an hatten wir den Eindruck und sind zu der Überzeugung gekommen, dass die Unterstützung von gewissen Gefangenen und die Frage um Knäste und Gefangene im allgemeinen, in der Berliner Szene nicht gerade einen großen Stellenwert genießen.
Aufgrund dieser Erkenntnis, war es umso wichtiger für uns dieses Thema, in Form einer Demonstration, auf die Straße zu tragen.
In der Absage dieser Demo sehen wir also auch einen Konflikt zwischen Praxis und Theorie.
Damit wollen wir sagen, dass die Aktionsform und der politische Inhalt nicht voneinander getrennt werden können. Das heißt, nur weil bspw. eine x-beliebige stalinistische Sekte eine unangemeldete Demonstration durchführt, wir noch lange nicht mit den Inhalten einverstanden sind. In unserem Fall sollte die Demonstration ein solidarisches Zeichen an zwei anarchistischen Gefangene, die wegen Bankraub sitzen und für die Abschaffung aller Knäste, sein. Dass dieses Thema von vielen nicht geteilt wird, hat sich deutlich bei den Vorbereitungstreffen gezeigt. In diesem Punkt sehen wir einen Konflikt. Kämpfe müssen verbunden werden, was im Rahmen der Diskussion- und Chaostage in diesem Fall funktioniert hätte, allerdings wäre es für die Durchsetzung der Demonstration von Nöten gewesen, schon im Vorfeld Initiative zu zeigen, wie bereits im Text erwähnt wurde.

Das hier ist nicht das Ende. Auch wenn durch unsere Absage bei vielen Leuten eine Enttäuschung ensteht, bitten wir euch an dieser Debatte teilzunehmen. Wir sind uns bewusst, dass egal wofür wir uns letztendlich entschieden hätten, ob Demo, Kundgebung oder Absage, dies Konsequenzen mit sich trägt. Es war keine leichte Entscheidung, aber wir denken, dass es am verantwortungsbewusstesten war letzten Endes die Demonstration abzusagen.

Die Möglichkeit abseits der Demonstration eine Antwort auf die Razzien zu geben, sowie sich mit den Gefangenen solidarisch zu zeigen sind vielfältig und weiterhin möglich.

Vorbereitungsgruppe der unangemeldeten Demonstration für Thomas, Lisa und allen anderen Gefangenen.

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Ergänzungen

Wo bleibt die Solidarität, wenn es mal nicht nur darum geht, die coolen Revoluzzer zu markieren, sondern man arbeiten, organisieren, sich einbringen müsste!? Offenbar kriegt so mancher den Arsch nicht hoch...

Vielleicht sollten wir enger mit größeren organisierten Gruppen wie IL, TOP und anderen zusammenarbeiten, um das zu wuppen. Die hatten sich bei G20 gut und solidarisch verhalten und würden das sicher auch jetzt tun, wenn es Razzien wegen G20 gibt...