Uelzen: Satirische Bundeswehr-Plakate aufgetaucht
In Uelzen sind mehrere manipulierte Plakate im Stil der Bundeswehr-Werbung aufgetaucht. Zu der Aktion bekennt sich die Adbusting-Gruppe „Dies Irae“, die bundesweit Werbeplakate verändert, oder Werbekästen für eigene Plakate kapert.
P R E S S E M I T T E I L U N G
Uelzen: Satirische Bundeswehr-Plakate aufgetaucht
In Uelzen sind mehrere manipulierte Plakate im Stil der Bundeswehr-Werbung aufgetaucht. Zu der Aktion bekennt sich die Adbusting-Gruppe „Dies Irae“, die bundesweit Werbeplakate verändert, oder Werbekästen für eigene Plakate kapert.
In Nacht zu Samstag 04.07. sind in Uelzen zehn Plakate aufgetaucht, die Kritik an der Bundeswehr und Hennig Otte (MdB) üben. So steht auf einem Plakat am Hammsteinplatz „Je mehr Waffen, Munition und Sprengstoff von Soldaten geklaut wird, desto besser fürs Geschäft“. Schließlich ist Otte Funktionär bei Lobbyverbänden der Rüstungsindustrie. Die Schaukästen an den Bushaltestellen wurden dafür mit einem einfachen 8mm Rohrsteckschlüssel aus dem Baumarkt geöffnet und wieder sachgerecht verschlossen. Dabei entstand kein Sachschaden und die Original-Plakate wurden nicht entwendet.
Bundeswehr-Werbung ein beliebtes Ziel für Adbusting
34,5 Millionen Euro gab die Bundeswehr in 2018 aus, um Nachwuchs-Kanonenfutter zu gewinnen. Deswegen werden vielerorts die Straßen mit den in Camouflage gehaltenen Plakaten vom Verteidigungsministerium zugepflastert.(1) Die Zielgruppe ab 17 Jahren soll mit den markigen Sprüchen von der Schulbank am besten direkt zum Befehlsempfänger des Kriegsministerium werden. Diese gezielte Militarisierung der Gesellschaft wird immer wieder Ziel von Adbusting-Aktionen. Adbusting ist eine Protestform, angesiedelt zwischen Kunst und Politik und eine Spielart der Kommunikationsguerilla. Dabei werden die Werbebotschaften umgedeutet und „die Werbung bis zur Kenntlichkeit entstellt“. Der Begriff setzt sich zusammen aus Advertising (Werbung) und to bust (stören, kaputt machen).
"Das KSK hat bisher gute Arbeit geleistet"?
Das behauptet Hennig Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Nachdem sich sogar die Verteidigungsministerin dazu genötigt sah, einen Teil des KSK aufzulösen, eine steile These. Aber spätestens mit Sätzen wie „die überwältigende Mehrheit des KSK steht fest auf dem Boden unserer Verfassung und stehen ein für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie“ relativiert Otte die zahlreichen Skandale der Spezialkräfte. Otte stützt seine These auf seine „persönlichen Eindrücke“, die er beim Besuch des KSK gewonnen habe. Schließlich wurde ihm dort vom Kommandeur und Soldaten bestätigt, dass alles in bester deutscher Ordnung sei.(2)
KSK: nicht reformierbar!
Laut Verteidigungsministerin soll der Militärische Abschirmdienst (MAD), bei der Extremismusabwehr professionalisiert werden. Ob dazu gehört, dass MAD-Fahnder aufhören geheime Unterlagen fröhlich an ihre Kumpels vom KSK weiter reichen(3), wird sich zeigen. Allerdings zeigen die Enthüllungen über rechtsextreme Netzwerke der letzten Wochen, dass das KSK nicht reformierbar ist.
Henning Otte: Rüstungslobbyist mit Zugang zum Bundestag
Rheinmetall baut in Ottes Wahlkreis Panzer, Waffen und Munition. Das Unternehmen liefert auch in Länder wie die Türkei oder Saudi-Arabien und trägt zum Krieg, Tod und Zerstörung in Nordsyrien oder dem Jemen bei. Otte scheint dies weniger zu stören und macht sich wohl schon Gedanken, wie er seine Rüstungslobbyisten-Tätigkeit, nach dem Bundestagsmandat weiterführen kann. So setzt er sich regelmäßig für die Interessen der Rüstungsindustrie ein. Auch sein Pöstchen als stellv. Präsident der „Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik“, dürfte ihm dabei helfen. (4)
Hält der Staat die Kritik an seinen Institutionen nicht mehr aus?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und der MAD kriminalisieren immer wieder diese gewaltfreie Form des Protests. Das BfV argumentiert beispielsweise, dass die Plakate „verallgemeinernd“ und über eine sachliche Kritik hinausgingen. Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linke) findet das Vorgehen des Staates gar „lächerlich“ und erklärt sich den Ermittlungseifer damit „weil die Adbusting-Künstler ins Schwarze getroffen haben“(5). Der Bremer Staats- und Verfassungsrechler Prof. Dr. Fischer-Lescano erkennt einen Konflikt mit der Art. 5 des Grundgesetzes, welches ein Vorgehen gegen spezifische Meinungsinhalte grundsätzlich untersagt und meint: „Unbequemes Adbusting ist grundrechtlich geschützt“ (6).
Gratiswerbung im Verfassungsschutz-Bericht
„Während Horst Seehofer nicht müde wird zu betonen wie schlimm die Gefahr von Links ist, plündern rechtsextreme Soldaten aus Bundeswehrbeständen alles womit man unliebsame Feinde töten kann, tauschen Hitler-Bildchen in Chat-Gruppen aus und bereiten sich auf den Tag X vor.“ äußert sich Anna, eine Sprecherin von „Dies Irae“ zur Kritik an der Bundeswehr. „Ob sich Seehofer noch einmal die Blöße gibt, und solche Aktionen kriminalisiert, wissen wir kommenden Donnerstag, wenn der Verfassungsschutzbericht veröffentlicht wird. Natürlich hoffen wir auch mit der Aktion in den Verfassungsschutz-Bericht zu kommen. Wo bekommt man sonst gratis Werbung?“ fragt sich Anna. „Die Justiz sollte endlich aufhören Zeit und Ressourcen in Aufklärung von Satire zu stecken.“ Etwaige Strafverfahren sieht die Gruppe gelassen entgegen. Denn alle bisherigen Strafverfahren wurden bisher eingestellt.
(2) Deutschlandfunk-Interview vom 01.07.2020 https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2020/07/01/bundeswehr_wie_geht_es_weiter_mit_den_ksk_interview_mit_dlf_20200701_0815_4c0d1a8d.mp3
(4) https://lobbypedia.de/wiki/Henning_Otte
(5) https://taz.de/Kriminalisierung-von-Adbusting/!5664706/
(6) https://verfassungsblog.de/adbusting-unbequem-aber-grundrechtlich-geschuetzt/