Antwort auf die Kriegserklärung der Stadt Berlin an die Anarchist*innen
Antwort auf die Kriegserklärung der Stadt Berlin an die Anarchist*innen
Am 3. Juni 2020 hat die Justiz mit ihrem Urteil den weiteren Weg zur Räumung und Zerstörung der Liebig34 eröffnet. Sie handelte dabei wie gewohnt ohne eigenen Antrieb und lediglich als Instrument der demokratischen Gewalt. Ihre Auftraggeber in Bezirksversammlungen und Abgeordnetenhaus verfolgen unbeirrt die Agenda einer Stadt der Reichen, für die alles andere beseitigt werden muss. Legitimiert fühlen sie sich dabei durch die Teilnahme von etwa der Hälfte der Bevölkerung an dem Ritual, das Wahl genannt wird. Zur Durchsetzung ihrer Ordnungsphantasien und ökonomischen Interessen bedienen sie sich einer Polizei, die immer versucht ihr sexistisches und rechtsradikales Profil als Fehltritte einzelner Beamt*innen zu verkaufen, die weder für rassistische Übergriffe noch für Mord Konsequenzen zu befürchten haben.
Doch es sind nicht allein zugekokste Manager*innen, die mit Politiker*innen hinter verschlossenen Türen die Stadt zum Spekulationsobjekt erheben. Zu der systemimmanenten Logik, nach der Kapitalist*innen dem höchsten Profit nachjagen, kommt ein weiteres Phänomen hinzu, das anarchistischen Perspektiven das größte Hindernis in den Weg legt. Die Bewohner*innen der Stadt werden durch Jahrzehnte neoliberaler Propaganda, Konsumterrors, Sozialchauvinismus und das Framing einer äußeren Bedrohung aka „Flüchtlingskrise“ auf den individuellen Aufstieg, private Absicherung und egoistisches Einzelkämpfer*innentum abgerichtet. Ein Blick in die renovierten und neugebauten Viertel zeigt Familien auf ihren privatisierten Spielplätzen oder junge Software-Entwickler*innen in den hippen Cafés, alle auf der Suche nach ihrem individuellen Lebensglück und in völliger Ignoranz ihrer Umwelt.
Diesen Zustand gilt es zu bekämpfen und dafür brauchen wir Orte, die nicht im selben Moment jenen Sachzwängen und Normen zum Opfer fallen und die Strukturen Platz bieten, mit denen wir nicht immer völlig übereinstimmen müssen, um sie mit Gewalt zu verteidigen.
Wähler*innen, Politiker*innen und Verwaltung werden in wenigen Wochen, direkt oder mittelbar durch pauschale Legitimation, die Liebig34 und ihre Nachbarschaft mit paramilitärischen Methoden angreifen, Menschen ihre Wohnungen nehmen und sie auf die Straße setzen - in der Hoffnung, damit der Auflösung des anarchistischen Raums einen Schritt näher zu kommen. Im Friedrichshainer Nordkiez sind die Liebig34 und die Rigaer94 Ausgangsort offensiver selbstbestimmter Praxis außerhalb gesellschaftlicher Normen und staatlicher Normalität. Ob der Millionär und Hausbesitzer Padovicz ein weiteres Haus zur Spekulation erhält, ist für den kapitalistischen Betrieb der Stadt bedeutungslos. Unter anderem auch in dieser Nachbarschaft jedoch kristallisiert sich die Frage der Stärke und Propaganda, die die anarchistischen Kämpfe, ausgehend vom Dorfplatz, im letzten Jahrzehnt heraus bildeten. Der Senat und auch Innenminister Geisel sind sich jener Lage bewusst und versuchen daher aus der Deckung heraus, ohne großen Paukenschlag wie der Vorgänger Frank Henkel, die Sache abzuwickeln. Gleich seinen Vorgängern manövriert sich auch der aktuelle Kommandeur der Sicherheitsdienste in die Sackgasse der anvisierten Zerschlagung eines der verbliebene sichtbaren Orte des Widerstands.
Dieser Strategie setzen wir unsere Nadelstiche entgegen, die flächendeckend in Solidarität mit der Liebig34 auf Resonanz stoßen werden. Denn der anarchistische Raum erstreckt sich nicht nur auf die sichtbaren Projekte und die Menschen, die sie bewohnen oder nutzen, sondern auch auf viele weitere unsichtbare Netze, die das scheinheilige Image Berlins als weltoffene, prosperierende Stadt nicht ertragen. Den angekündigten Überfall der Bullenarmee auf die Liebig34, deren Ansatz einzigartig und mit ansteckender Konfliktualität ist, werten wir nicht nur als den üblichen Gentrifizierungsterror, sondern auch als expliziten Angriff auf den Charakter des Hauses und als Konsequenz der faschistischen Hetze, die sich seit Jahren auf die kleine Anzahl besetzter Räume ergießt.
Bei aller Kritik, die Anfang der 90er an den ersten Gruppen geübt wurde, die Verdrängung mit Ansätzen einer Kiezmiliz beantworteten, muss doch festgestellt werden, dass bestimmte Schichten und Akteur*innen nur die Sprache verstehen, in der wir am 8. Juni auf dem Arkonaplatz in Mitte zu ihnen gesprochen haben: Vier Nobelkarossen (Porsche, SUV u.a.), mit umgebendem teuren Spielzeug des Mittelschichtpacks, wurden als Erwiderung ihrer Kriegserklärung angezündet. Es sind nicht jene Schichten, die wir erreichen können mit Aufrufen sich dem Casino und Konkurrenzkampf zu entziehen. Aber sie sind es, die Verantwortung tragen, gravierende Entscheidungen treffen und in die Politik vertrauen, die ihr Eigentum zu schützen versprach.
Im Sommer 2016 zeigte sich, wer Henkel wählte, erntete Feuer, Glasbruch und Randale. Bei vier geplanten Räumungen (Liebig34, Potse, Syndikat, Meuterei) ergibt sich eine inflationsbedingte Steigerung der Schadenssumme für das Klientel der regierenden Parteien.
Autonome Gruppen
Ergänzungen
Gehts auch etwas weniger militaristisch und dramatisch?
Ich meine staatliche Repression und die gewaltsame Räumung von Projekten ist schlimm genug. Es gibt keinen Grund bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuschreiben. Das können wir getrost den Medien, der Politik oder rechten Prepper-Millieus überlassen.
Eine inhaltliche Debatte über Bürgerkriegszustände befördert nicht unseren Widerstand, sondern ist kontraproduktiv und lässt sich für rechtsoffene Diskurse instrumentalisieren.
@debatte
ich lese oben keine "inhaltliche Debatte über Bürgerkriegszustände". was meinst du mit deinem kommentar? was ist kontraproduktiv?
"REICHE AUS BERLIN VERDRÄNGEN? 5 – 10 Millionen € Sachschaden!
"REICHE AUS BERLIN VERDRÄNGEN? 5 – 10 Millionen Euro Sachschaden im Vorfeld der ersten Räumung?"
Aus : https://de.indymedia.org/node/59476
In der Berliner linken Szene kursiert ein Aufruf, der hier dokumentiert werden soll. Es geht um die bevorstehenden Gerichtsverhandlungen und Räumungen von Projekten und Freiräumen: "Wir rufen dazu auf, auf keinen Tag X zu warten jetzt. Schon die Ankündigung zu Räumungen ist eine Kriegserklärung. Die betreffenden Immobilienspekulanten werden ihr Eigentum in Flammen aufgehen sehen. Ihr Firmeneigentum in Scherben. Ihr Privateigentum auf der Straße. Früher oder Später."
REICHE AUS BERLIN VERDRÄNGEN?
5 – 10 Millionen Euro Sachschaden im Vorfeld der ersten Räumung?
Geräumte Projekte haben einen hohen Preis!
Wir geben die Stadt nicht für verloren!
Zwangsräumungen, teure Neubauten und unbezahlbare Mieten, Deutsche Wohnen, Tempelhofer Feld, FPÖ-Projekt am Hermannplatz, Terror und Selbstjustiz der Polizei? Damit muss jetzt Schluss sein.
Berlin als Stadt der Reichen? Angreifen! In Mitte, im Grunewald, in Marzahn, in Friedrichshain. In Potsdam, Hamburg, Leipzig, München. Überall.
5 – 10 Millionen Euro Sachschaden im Vorfeld der ersten Räumung?
Wir rufen dazu auf, auf keinen Tag X zu warten jetzt. Schon die Ankündigung zu Räumungen ist eine Kriegserklärung. Die betreffenden Immobilienspekulanten werden ihr Eigentum in Flammen aufgehen sehen. Ihr Firmeneigentum in Scherben. Ihr Privateigentum auf der Straße. Früher oder Später.
Wer uns ans Leder will, der bezahlt teuer!
Wir verteidigen unsere Häuser und Projekte ohne große Illusionen zu haben über deren politische und soziale Widersprüche. Viele Projekte, sehen wir von Ausnahmen ab, sind kein Sehnsuchtsort unserer Träume, wir weben auch keinen Mythos um einige Projekte herum. Denn die Zelebrierung des „Freiraumes“ hat keinen Einfluss auf soziale Kämpfe in der Stadt. Ist ein Projekt bedroht wird die Unterstützung der „Gemeinde“ gegen Gentrifizierung gesucht. Wird es in Ruhe gelassen, schwelgt es in selbstzufriedenen Events, streiterischen Feindseligkeiten und Dogmen. Sie sind in der Regel keine Orte für die Zusammenkunft anderer Menschen, die ebenfalls der Solidarität bedürfen. Keine Orte, von denen Aufstände losgetreten werden, um Menschen in Not beizustehen. Keine herrschaftsfreien Räume.
Aber noch entscheiden wir darüber, wann wir unsere Projekte aufgeben. Auch wenn sie aus der Zeit gefallen scheinen, wie Reliquien vergangener Kämpfe, ihnen wohnt immer die Chance inne, ein Teil eines revolutionären Kampfes gegen Herrschaft zu werden.
Und da wir darüber entscheiden, entscheiden wir auch über die Gegner dieser Projekte.
Spielregeln? 5 – 10 Millionen Euro Sachschaden. Es darf auch mehr sein.
Und in dem Spiel ohne Grenzen sind auch Menschen aus anderen Länderneingeladen.Eigentum von Reichen ist Angriffsziel. Menschenleben ist nicht zu gefährden. Auch kleine Beiträge zählen. Auch Nachreichungen sind möglich. Die Kampagne endet nicht mit der ersten Räumung. Wer einfährt, muss die ganze Solidarität der Bewegung durch die Mauern spüren.
Startbeginn? Jetzt!
Wir fordern auf, die Immobilienwirtschaft, deren Lobbyverbände und Vertreter in Haftung zu nehmen.
Wir nehmen die Reichen in jedem Winkel der Stadt in Haftung. Ihr Eigentum ist unser aller Eigentum. Wir können damit machen, was wir wollen. Sie dürfen die Stadt verlassen oder sich enteignen lassen. Gentrifizierung mal anders herum.
Wir nehmen in Haftung die politisch motivierte Polizeiführung und alle ihr dienenden Behörden und Personal. Ihr Corpsgeist schützt nicht nur brutale Schläger, Machos und Nazis in ihren Reihen – sondern züchtet sie sich bei Bedarf. Ihre Lügen, wie am Beispiel der Friedelstraße mit angeblichen Stromfallen, oder aktuell die angebliche Notoperation eines Polizisten in Leipzig, sind Mittel der Entsolidarisierung und Diffamierung mit dem Ziel, radikalen Projekten das Lebenslicht auszublasen.
Wir nehmen den Teil der Presse in Haftung, der willfährig diese Lügen serviert und verbreitet, um das Kapital der besitzenden Klasse zu schützen und sich nicht um Fakten und Wahrheit bemüht.
Wir nehmen einen Senat in Haftung, der viel redet, nichts ändert und mit dem Mietendeckel wedelt, um Enteignungsdiskursen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein Senat, in dessen Stadt es einen Bauboom gibt, der nur die Reichen versorgt.
Wir nehmen die „Opposition“ des Senates in Haftung, dem die Gentrifizierung der Stadtteile nicht schnell genug gehen kann, um viel Geld zu generieren.
Wir nehmen den Tourismus in Haftung – die Touristenkönnen dann von unseren Kämpfen bei ihrer Rückkehr berichten.
Wir nehmen alle Bauunternehmen und Architekten in Haftung, die Neubauten errichten, die Eigentum generieren. In unserem Gebet der Haftungsansprüche ist auch Platz für Gerichtsvollzieher, Objektschutz, Schreibtischtäter, Abschiebebehörden, BVG-Kontrolleure und Ladendetektive.
Eigentum sabotieren. Stadt lahmlegen. Reiche verdrängen.
Der Räumung unserer Projekte schauen wir nicht zu, es gibt auch nichts da jetzt noch zu diskutieren. Die verschiedensten Interessengruppen sollen ihre Kriegserklärung im Jahr 2020 so schnell nicht mehr vergessen.
Passt gut auf Euch auf!