Das Schweigen durchbrechen!
Am Montag, dem 9. Juni, erinnerten in Nürnberg zwei antifaschistische Kundgebungen an die Mord- und Anschlagsserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“.
Ab 9 Uhr 15 versammelten sich um die 25 Antifaschist_innen in der Scharrerstraße, um İsmail Yaşar zu gedenken, der dort am 9. Juni 2005 gegen 10 Uhr hingerichtet worden war. Nach einer Schweigeminute zur ungefähren Tatzeit wurde eine Gedenktafel angebracht und die Straße symbolisch in İ.-Yaşar-Straße umbenannt. Dies veranlasste die vorher nur sporadisch anwesende Polizei mit mehreren Streifenwägen anzurücken sowie willkürlich Versammlungsteilnehmer_innen, Pressevertreter_innen zu drangsalieren. Die von Bundespräsident Gauck auf der Gedenkveranstaltung zum Nagelbomben-Attentat in der Keupstraße in Köln in Stellung gebrachten, „geschärften Waffen des Rechtsstaates“ richteten sich damit am selben Tag in Nürnberg gegen das einzige Gedenken, das dort an die Ermordung von İsmail Yaşar erinnerte. Da die uniformierten Staatsdiener_innen bei den angeblichen Tatverdächtigen jedoch trotz verzweifelter Suche kein Tatwerkzeug finden konnten, beschränkte sich der polizeiliche Furor letztendlich auf Einschüchterungsversuche und Platzverweise gegen einzelne Antifaschist_innen. Die Initiative zur Erinnerung an die Opfer rechten Terrors in Nürnberg Das Schweigen durchbrechen! will ungeachtet der polizeilichen Repressalien am Versuch festhalten, in klarer Abgrenzung von der schlechten Symbolpolitik der Stadt Nürnberg, ein emanzipatorisches Gedenken direkt an den NSU-Tatorten zu ermöglichen:
„Wir werden den mörderischen Rassismus dieser Gesellschaft weiter dort anprangern und sichtbar machen, wo er Menschenleben forderte. Wir rufen dazu auf, diesen Freitag an der Ecke Gyulaerstraße/ Siemensstraße die Anbringung einer Gedenkplakette für Abdurrahim Özüdoğru, der dort am 13. Juni 2001 kaltblütig hingerichtet wurde, solidarisch zu unterstützen. Anschließend werden wir von dort gemeinsam zur Liegnitzer Straße fahren, wo mit der Ermordung von Enver Şimşek am 9. September die Mordserie begann“, so ein Sprecher der Initiative.
Am Nachmittag fand am Aufseßplatz, dem zentralen Platz in der Nürnberger Südstadt, dann noch eine weitere antifaschistische Kundgebung statt, welche anlässlich des 10. Jahrestags des Nagelbomben-Attentats auf die Keupstraße in Köln den rechtsterroristischen Anschlag sowie dessen rassistische Fortsetzung in Form von polizeilicher Repression gegen Opfer und Anwohner_innen, medialer Hetze und gesellschaftlicher Ignoranz thematisierte. Trotz drückender Hitze fanden sich um die 40 Kundgebungsteilnehmer_innen zusammen, um themenbezogene Flugblätter zu verteilen, Redebeiträge und Ausschnitte aus der neu erschienenen Publikation „Von Mauerfall bis Nagelbombe“ (www.amadeu-antonio-stiftung.de/aktuelles/neuerscheinung-von-mauerfall-bis-nagelbombe) zu hören sowie den Blick auf die ab September anstehende Verhandlung des Keupstraßen-Attentats vor dem Oberlandesgericht München zu richten.
Mehr zu NSU und NSU-Prozess wird heute Abend im Stadtteilzentrum Desi zu hören sein, bei einem Vortrag des Journalisten und Autoren Robert Andreasch von der Initiative „NSU-watch“.
Einen vollständiger Überblick über die schon gelaufenen und noch anstehenden Aktionen und Veranstaltungen sowie die auf den Kundgebungen verteilten Flugblätter findet sich unter: www.redside.tk/cms/2014/05/22/das-schweigen-durchbrechen/