Verschlüsselte Online-Workshops zu Knastkritik & Transformativer Gerechtigkeit: 23.+24. April // Encrypted online workshops on prison critique and transformative justice: April 23+24 [English below]

Wir möchten Workshops, Austausch und Diskussionen auch in Zeiten, in denen wir nicht an einem Ort sein können, aufrechterhalten. Am 23. April, 19 - 21 Uhr, bieten wir daher unseren Workshop "Einsperren, verwalten, abschrecken – die Funktion der Knäste und Utopien jenseits davon" online über Mumble, eine Open Source Plattform für gemeinsame verschlüsselte Chats und Telefonate, an. Trefft euch trotzdem gerne mit euren Mitbewohner*innen oder Freund*innen vor dem Laptop, wenn ihr den Workshop zusammen machen möchtet. Es ist sinnvoll, sich Mumble vorher schon herunterzuladen (https://www.systemli.org/service/mumble.html). Wo genau auf Mumble ihr uns findet, veröffentlichen wir an dem Tag auf unserem Blog ignite.blackblogs.org.

Am 24. April bieten wir unseren Workshop zu Transformativer Gerechtigkeit,"Gerechtigkeit jenseits von Justiz, Polizei und Gefängnis" als DIY-Online-Workshop mit anschließendem Gesprächsraum an. Auf unserem Blog ignite.blackblogs.org stehen dann das Workshopprogramm, Audios, Texte und Aufgaben zur Verfügung, die im Rahmen von ca. 3 Stunden erarbeitet werden können. Von 12-15 Uhr können währenddessen über ein Pad Verständnisfragen gestellt werden. Anschließend laden wir Euch ab 15 Uhr zum Gespräch über Mumble ein. Bitte ladet Euch Mumble vorher schon herunter. Die Zugänge zu allen Plattformen findet ihr kurz vorher auf dem Blog.

***Eine Übersetzung der Workshops in weitere Sprachen können wir in diesem Format leider nicht anbieten. Wir hoffen, es gibt für alle Interessierten die Möglichkeit, eine direkte Simultanübersetzung zu bekommen. Unterstützt Euch gegenseitig!***

We think workshops and discussions are important even in times like these when we can`t meet in person. Therefore we will hold our workshop on prison critique, "Lock up, manage, deter – how prisons work and utopias beyond them" on April 23rd, from 7 to around 9 pm, online via the encrypted open source provider Mumble. If you can, grab flatmates and friends and participate in the workshop together. We recommend you to download Mumble ahead of the workshop. We will let you know where on Mumble you can find the workshop shortly before on our blog at ignite.blackblogs.org. There will also be an extra pad for small discussions during the workshop and a discussion at the end. The pad link will be published on our blog as well.

On April 24th, our transformative justive workshop "Justice beyond state, police and prisons” can be done digitally at home on our blog ignite.blackblogs.org fromnoonto 3 pm.If possible, grab flatmates and friends and join the workshop together. The blog presentsthe workshop programme, audios and tasks that take around three hours to complete. Between 12 am and 3 pm, we'll be aroung online to answer questions via a pad which will also be linked on the blog. From 3 pm, we invite you to discuss the workshop topics in an encrypted call through Mumble. We recommend to download Mumble ahead of the workshop. We will let you know where on Mumble the discussion room can be found on our blog.

***Unfortunately, we can’t provide translations of the online workshops. We hope that you can find solutions for direct translation. Please support each other!***

Workshop Details [English below]:

Online-Workshop "Einsperren, verwalten, abschrecken – die Funktion der Knäste und Utopien jenseits davon": 23. April 2020, 19 Uhr, ca. 2h via Mumble

"Stell dir vor dir würde von einem Tag auf den nächsten die Kontrolle über dein Leben genommen werden. Viele Entscheidungen, beispielsweise wann du isst, wann du schläfst, wann du andere Menschen treffen kannst – und welche anderen Menschen –, ob und welche Bücher du lesen darfst würden von anderen Menschen für dich getroffen. Stell dir vor, du würdest gezwungen werden, für einen Tageslohn von rund 8 Euro zu arbeiten und irgendwer würde dich trotzdem zwingen, einen Teil dieses Geldes zu sparen.“ (kaos muc)

Das Gefängnis ist eine zentrale Institution des Justizsystems. Es wirkt dabei nicht nur auf Gefangene ein, sondern auf uns alle. Die Drohung, eingesperrt zu werden, lässt uns zweimal nachdenken, bevor wir uns nehmen, was wir zum Leben brauchen, bevor wir die herrschenden Regeln überschreiten. Denn Knäste sind eine der krassesten Ausdrucksformen des repressiven Herrschaftsapparates. Sie sichern Eigentum, Ausbeutung und Unterdrückung. Daher ist es nur logisch, dass ein Großteil der Eingesperrten wegen „Eigentumsdelikten“ im Gefängnis sitzt - wegen Vorwürfen wie Diebstahl oder Fahren ohne Ticket. Ohne ausreichenden Zugang zu für sie notwendigen materielle Gütern und Dienstleistungen werden Menschen für den Versuch, sich diese anzueignen, hinter Gitter gebracht. Mehr als ein Drittel der Eingesperrten sitzen in Deutschland, da sie eine Geldstrafe nicht bezahlen konnten. Somit ist die Ersatzfreiheitsstrafe eine der krassesten Ausdrücke der Bestrafung fürs Armsein. Währenddessen verdient eine ganze Industrie rund um Gefängnisse prächtig daran - von überteuerten Dienstleistungen wie Telefonieren im Knast zu Knastarbeit für Löhne, die eigentlich nur ein Hohn sind.

Diese gesamtgesellschaftliche Konditionierung wird uns dabei als Notwendigkeit dargestellt. Nur so könne Chaos vermieden werden. Das Argument, der Knast wäre nötig, um Gewalt zu verhindern, ist allerdings mehr als fraglich. Selbst das Justizministerium kam in einer Studie zu der Schlussfolgerung, dass Haftstrafen gegenüber nicht einsperrenden Strafen die Wahrscheinlichkeit, eine Gewalttat wieder zu begehen, eigentlich erhöhen. Nicht wirklich erstaunlich, dass ein so gewaltvolles System wie das Gefängnis Gewalt eher fördern. Warum also ist ein System, das die gewaltvollen Zustände in unserer Gesellschaft eher verschlimmert, eine so zentrale und scheinbar unabdingbare Institution? Darüber wollen wir mit euch diskutieren und uns fragen: Warum gibt es Knäste? Was sind ihre Funktionen? Wie hängen soziale Konditionierung, staatlicher Machterhalt und die Idee des Einsperrens zusammen? Und was sind unsere Utopien einer freieren Gesellschaft?

Online-Workshop am 24.4.20 ab 12 Uhr: Gerechtigkeit jenseits von Justiz, Polizei und Gefängnis, ca. 3h DIY + Gesprächsraum

Warum reden wir in unseren Zusammenhängen eigentlich so viel davon, dass wir die Polizei ablehnen und rufen sie dann doch immer wieder an? Oder sind komplett ratlos, wie wir ohne sie agieren sollen? Und warum haben wir auch nach all den Jahren feministischer Kämpfe immer noch keine etablierten Konzepte zum Umgang mit zwischenmenschlicher und sexualisierter Gewalt?

Wir halten es für unabdingbar, unsere theoretische Ablehnung von Polizei und Patriarchat nicht nur als Stickermotive zu verwenden, sondern auch eine Praxis (weiter-)zuentwickeln, die Alternativen sucht und erarbeitet. Wir wollen sowohl Umgänge mit Gewalt in unseren Zusammenhängen finden, die nicht auf den Prinzipien von Strafe und staatlicher Gewalt beruhen, als auch Verantwortung übernehmen für die Umstände, die auch in emanzipatorischen Gemeinschaften zwischenmenschliche Gewalt ermöglichen.

Wir sehen zwischenmenschliche Gewalt nicht als Ausdruck von Krankheit oder Bösartigkeit, sondern als sozial, gesellschaftlich gemacht. Die Gesellschaft, in der wir leben, ist zutiefst durchzogen von Herrschaft, Strafe und Gewalt. Wenn wir (sexualisierte) Gewalt in unseren Räumen, Gruppen und Beziehungen beenden wollen, kommen wir nicht an der Beschäftigung mit diesen Herrschaftsverhältnissen insgesamt vorbei. Daher wollen wir in diesem Workshop mit einigen Überlegungen zu den Zusammenhängen von Patriarchat (geschlechterbezogener Unterdrückung), Staat und Gewalt beginnen, die Logik des Strafens hinterfragen und schließlich alternative Konzepte zu Umgängen mit Gewalt in unseren Gemeinschaften vorstellen. Dabei wollen wir keinen Masterplan erklären, sondern mit Euch zusammen vorhandene Konzepte kennenlernen, Ideen und Erfahrungen austauschen und euch anregen, Euch selbst Gedanken zu machen. Wir wollen mit Euch beginnen, in unseren eigenen Umfeldern daran zu arbeiten, zwischenmenschlicher Gewalt ohne den strafenden Staat begegnen zu können und auf Dauer nicht nur feuerwehrmäßig auf geschehene Übergriffe reagieren, sondern den Umständen, die diese gewaltvollen Verhältnisse erst ermöglichen, ein Ende setzen.

Anschließend an den etwa dreistündigen DIY-Teil des Workshops bieten wir ab 15 Uhr einen Gesprächsraum über den Dienst Mumble an, zu dem auf unserem Blog verlinkt wird.


W
orkshop details:

Online workshop "Lock up, manage, deter – how prisons work and utopias beyond them": April 23rd, 7 pm,ca. 2hvia Mumble

Prisons are a central institution of the justice system. Not only do they affect those incarcerated, but all of us. The threat of being locked up makes us think twice before we take what we need to live, before we break the rules of power. Prisons are one of the most brutal manifestations of the repressive powers of state and capitalism. They protect property, exploitation and oppression. Thus it makes sense that most of those incarcerated are in for property related "crimes" - for allegedly stealing or riding a bus without a ticket. More than one third of the German prison population is locked up for not being able to pay a fee - they are being punished for being poor. Meanwhile, an industry around prisons is making lots of money by overpriced services like phone calls in prison or by forced prison labor for nearly no wage at all.

Society is telling us that this system was necessary and for the best of all of us, necessary to prevent chaos. But is that true? Even the german justive ministry itself admits in a study that prison sentences actually increases the chance to comit a violent "crime" again. Not really a suprise that a violent system as prisons produces more violence. So why is prison, such a failing and violent instituion, deemed nessecary? These are some of the topics we want to talk and think about together. Why are there prisons? What's their purpose? How are social coniditioning, state power preservation and the idea of locking folks up connected? What do our utopias of a liberated society look like?

DIY Online workshop "Justice beyond state, police and prisons”: April 24th from 12, ca. 3 hours DIY + Mumble discussion

How can we deal with conflict and violence in our communities without relying on the patriarchal institutions of state justice and police? How can we put our criticism of those institutions into practice? In this workshop, we want to discuss with you what we need to be able to react to interpersonal violence in anti-authoritarian communities and in the long run end (patriarchal) violence for good. We don’t offer a master plan, but a room for interaction and debate.

 

 All info, DIY online workshops + links: ignite.blackblogs.org

 

 

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