Offener Brief von #FFFbleibtAktiv (3. April 2020)
»Wir hören auf die Wissenschaft und helfen selbstverständlich mit, die Gesellschaft zu schützen, insbesondere ihre verletzlichsten Mitglieder. Wir knicken aber nicht ein vor willkürlichen Repressionen der Regierenden und ihrer Handlanger. Ganz im Gegenteil: mit gebotener Schutzausrüstung und unter Wahrung empfohlener Abstände erobern wir unser Demonstrationsrecht zurück!«
Liebe Aktivistinnen und Mitstreiter,
die Corona-Pandemie stellt uns auch als Bewegung vor neue Herausforderungen und zwingt uns, unsere Aktivitäten ins Internet zu verlegen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern…
Doch ist das wirklich so?
Mit diesem offenen Brief wollen wir eine neue Diskussion über unsere Aktionsformen anstoßen und dazu motivieren, trotz Corona auch auf der Straße sichtbar und wirksam zu bleiben.
Die aktuelle Situation:
Ab Mitte März wurden quasi alle FFF-Aktionen auf der Straße eingestellt. Der bayernweite Streik zur Kommunalwahl wurde abgesagt und stattdessen zum #netzstreikfürsklima aufgerufen. Dem folgten dann auch alle anderen Ortsgruppen.
Gewiss gibt es neben den "Netzstreiks" und tollen, nachbarschaftlichen Hilfsstrukturen auch ein Online-Bildungsangebot von und für Aktivist*innen in Form der Kampagne #wirBildenZukunft. Wir finden dies wichtig und wünschen uns eine Fortführung auch nach der Corona- Krise.
Allerdings müssen wir uns auch selbstkritisch der Realität stellen, dass Resonanz und Durchschlagskraft von digital-only Aktionen zur Klimakrise außerhalb unserer Bubble eher beschaulich bleibt und Bedeutung wie Dringlichkeit nicht zu vermitteln vermag.
Nach der freiwilligen Absage unserer (Massen-)aktionen haben wir es mittlerweile zudem mit einer Situation zu tun, in der unter dem Deckmantel des Seuchenschutzes Grundrechte wie das Versammlungsrecht ohne jede Rücksicht auf Verhältnismäßigkeit und wissenschaftliche Evidenzen ausgehebelt werden.
Dies, obwohl Arbeiter*innen weiter in Großraumbüros, Fabriken und Supermärkten ohne ausreichende Schutzmaßnahmen arbeiten, in öffentlichen Verkehrsmitteln dicht an dicht stehen, und obwohl in Krankenhäusern wie Sozialstationen unverzichtbare Hilfsmittel zur Neige gehen. Geflüchtete leben schon hier bei uns unter unwürdigen Bedingungen in Massenunterkünften, an den EU-Außengrenzen – insbesondere auch der griechisch-türkischen – noch deutlich mieser.
Nun wird also versucht, selbst unstrittig ungefährliche Protestformen im öffentlichen Raum zu kriminalisieren, ungeachtet der Einhaltung aller gebotenen Sicherheitsvorkehrungen wie ausreichendem Abstand und dem Tragen (mittlerweile sehr wohl als wirksam anerkannter) selbstgenähter Masken.
Die gewiss auch panische, nichtsdestotrotz autoritäre und in ihrer Undifferenziertheit irrationale Verbotswut interessiert sich nicht für die Ausübung zentraler Grundrechte, sie interessiert sich nicht für bürgerlich-demokratische Mindeststandards. Im Übrigen interessiert sie sich auch nicht für wissenschaftliche Erkenntnisse, etwa dass die von Aerosol- und Schmierinfektionen ausgehende Gefahr in Innenräumen um ein Vielfaches höher ist.
Hier wollen vornehmlich "starke Männer" ihre autoritäre Tatkraft beweisen, indem sie den Holzhammer herausholen. Wenn's bei der Gelegenheit auch uns von FFF trifft, umso besser.
Auch während Corona darf unser Kampf für Klimagerechtigkeit und eine lebenswerte Zukunft der jungen Generationen aber nicht unter die Räder geraten. In den Braunkohlerevieren werden weiterhin Dörfer zerstört, Datteln IV soll weiterhin ans Netz gehen, die Anstrengungen zur Energie- und Verkehrswende sind immer noch unzulänglich. Es ist sogar zu befürchten, dass im medialen Windschatten der Coronakrise fossilen Energiekonzernen und allerlei anderen Klimasündern weitere Milliarden Euro an Subventionsgeldern zugeschanzt werden.
Daher werden wir in den nächsten Wochen unter dem Hashtag #FFFbleibtAktiv über die im ganzen Bundesgebiet geplanten, verantwortungsbewussten Aktionen auf Straßen & Plätzen des Landes berichten, Strategien, Ideen und Best Practices zusammentragen, weiterentwickeln und geballt auf die Straße tragen.
Dies mag ein bisschen verwegen klingen, aber wir sollten uns nicht täuschen lassen: viele Millionen Menschen in diesem Land sind die Klimapolitik der Regierenden und ihren Konzernlobby-Freunden satt. Viele Millionen Menschen sind ihre inkompetente, verantwortungslose, dafür umso autoritärere Corona-Politik satt. Und niemand vertraut noch ihren leeren Blicken und ihren leeren Worten.
Wir hören auf die Wissenschaft und helfen selbstverständlich mit, die Gesellschaft zu schützen, insbesondere ihre verletzlichsten Mitglieder. Wir knicken aber nicht ein vor willkürlichen Repressionen der Regierenden und ihrer Handlanger. Ganz im Gegenteil: mit gebotener Schutzausrüstung und unter Wahrung empfohlener Abstände erobern wir unser Demonstrationsrecht zurück!
Aktivist*innen aus diversen Ortsgruppen im gesamten Bundesgebiet