Leben statt Knäste! Öffentlichkeit um die prekären Zustände in der JVA Chemnitz und weltweit.
Pressemitteilung – Tag der politischen Gefangenen
Anlässlich des 18.03.2020, dem internationalen Tag der politischen
Gefangenen*, möchten wir auf die menschenunwürdigen Zustände hinter den
Mauern der Gefängnisse weltweit, wie auch in der JVA Chemnitz, aufmerksam machen.
Leben statt Knäste!
Zu aktueller Stunde zeigt der Umgang mit den Gefangenen bzgl. der Corona-Pandemie, wie prekär die Lage in deutschen Knästen ist. Durch die Menschendichte in den Knästen breitet sich ein Virus dort mit rasanter Geschwindigkeit aus. Die Gefangenen haben Angst völlig isoliert und krank zu werden, auch da durch die mangelhafte medizinische Versorgung in den Gefängnissen durch unterbesetzte Stellen, schlecht ausgebildete Ärzt*Innen, schlechte Nahrungsmittel, Bewegungseinschränkung und Suchterkrankungen, die Gefangenen zu einer Risikogruppe gehören, auf Grund der schlechten Versorgung durch den deutschen Staat. Hinzu kommt, dass die Gefangenen im geschlossenen Vollzug kein Internet nutzen können, sich maximal über Fernseher und Radio informieren und durch die Panik und mangelnder Information durch die Justiz, Gerüchte schnell verbreitet werden. Die meisten Knäste haben bereits den Besuch für die Gefangenen auf 1 Stunde im Monat gekürzt, wobei die JVA Chemnitz Besuche fernab von Anwält*Innen oder polizeilichen Kräften bereits komplett eingestellt hat. So bleiben als einzige Möglichkeiten der Kommunikation nach außen überteuerte Telefonate (12ct/min auf Mobiltelefone und das bei einem Stundenlohn von 1,20 Euro) oder Briefverkehr. Auch wenn die Gefangenen die Quarantäne-Situation, vor der es den Menschen hier draußen graut, bereits aus ihrem Haftalltag kennen, so führen die aktuellen „Sicherheitsmaßnahmen“ der Justiz in Bezug auf die Pandemie zu totaler Isolation der Menschen hinter Gittern!
Aus aktuellen Anlass fordern wir deshalb:
• Lockerungen der Kommunikationsmöglichkeiten, d.h. kostenlose oder
stark reduzierte Telefonkosten und Briefmarken
• Informationsfluss seitens der Justiz bzgl. der aktuellen
Entwicklung der Pandemie, was der Fürsorgepflicht entsprechen würde!
• Ausreichendes kompetentes medizinisches Personal (und nicht ein
Arzt auf ca. 270 Gefangene)
• Freilassung der offiziell zur Risikogruppe gehörenden Gefangenen
(alte Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, Lungenerkrankungen,
geschwächtem Immunsystem etc.)
• Die Aussetzung und ein Ende der Ersatzfreiheitsstrafe, um nicht noch mehr
Menschen zu gefährden!
Wir erklären uns solidarisch mit der Gefangenen Gewerkschaft Bundesweite Organisation und unterstützen deren Forderungen. Wir sehen Gesundheit als einen Kernaspekt für ein würdevolles Leben und vor allem für eine erfolgreiche Rehabilitation.
*Der Begriff politische Gefangene bezieht sich auf alle Menschen, die auf Grund von abweichendem Verhalten von der Norm, welches durch Disziplinierung im Knast angepasst werden soll, bestraft werden. Wir glauben, dass alle Menschen fehlerhaft sind und dass Menschen in der Lage sind ihr Verhalten zu ändern, wenn man die notwendigen Rahmenbedingungen schafft. Strafe, Überwachung und Isolation führen nicht zu sozialem Verhalten. Menschen, die im Gefängnis sind, sind arm
und können auch nach der Haft durch die unwürdigen Bedingungen (Zwangsarbeit bei einem Stundenlohn von 1 – 2 Euro, bei Nicht-Einzahlung in die Rentenkasse) kein ökonomisches Standbein in der Gesellschaft finden. Gefängnis reproduziert Armut und Kriminalität! Deshalb verstehen wir alle Gefangenen als Teil der unterdrückten Klasse.