Prozessbericht: #borni 20.01.20
Am 20.01.2020 war der dritte Borni-Prozess. Um die 20 Leute kamen, um die angeklagte Person, Leo, solidarisch zu unterstützen.
Nachdem das Recht auf Mitschriften der Öffentlichkeit zunächst unterdrückt wurde, indem uns die Bleistifte abgenommen wurden und die Justizbeamt*innen rumgemuckst haben, bis sie uns endlich neue gebracht haben, hat Leo am Anfang ihre lange, bewegende Prozesserklärung vorgelesen. Dabei ging es um Polizeigewalt, um das Bornikonzept und um queerfeministische und antirassistische Perspektiven auf Wohnungsnot. Nachdem der Widerstandsparagraph §113 2017 vor G20 verschärft wurde, hat sich die Zahl der Widerstandsvorwürfe verdoppelt.
Am 20.01.2020 war der dritte Borni-Prozess. Um die 20 Leute kamen, um die angeklagte Person, Leo, solidarisch zu unterstützen.
Nachdem das Recht auf Mitschriften der Öffentlichkeit zunächst unterdrückt wurde, indem uns die Bleistifte abgenommen wurden und die Justizbeamt*innen rumgemuckst haben, bis sie uns endlich neue gebracht haben, hat Leo am Anfang ihre lange, bewegende Prozesserklärung vorgelesen. Dabei ging es um Polizeigewalt, um das Bornikonzept und um queerfeministische und antirassistische Perspektiven auf Wohnungsnot. Nachdem der Widerstandsparagraph §113 2017 vor G20 verschärft wurde, hat sich die Zahl der Widerstandsvorwürfe verdoppelt. Leo ist eine von den Personen, denen nach der Verschärfung des §113 “Widerstand” im Zuge der Borniräumung vorgeworfen wird. Auch Hausfriedensbruch wird Leo und allen anderen Borni-Besetzer*innen vorgeworfen, obwohl bis jetzt nicht geklärt ist, ob Ingo Malter, Geschäftsführer von “Stadt und Land”, die Alleinvertretungsbefugnis hatte, um Strafanträge und Räumungsanordnungen zu stellen. Als Ingo als Zeuge aufgerufen wurde, wurde er von seinem treuen Fanclub aus dem Publikum mit Konfetti und Ingo-Shirts begrüßt. Er erklärte, dass er normalerweise ja im Geschäftsführungsduo mit Keilholz jede Entscheidung nach Absprache treffen müsste, aber er an dem Pfingstsonntag der Besetzung natürlich niemanden erreicht habe – tja, und deshalb dann automatisch eine Alleinvertretungsbefugnis hatte. Merkwürdig war auch, dass das leerstehende Gebäude in den Jahren zuvor nicht saniert wurde, was dann eigentlich als Zweckentfremdung angemeldet werden muss. Dies geschah allerdings erst, nachdem das Haus durch die Besetzung in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt war. Auch dass dort laut Ingo nun bald eine Kita eröffnet werden soll, hängt augenscheinlich mit dem Bornikonzept von #besetzen zusammen, in dem Kiezräume und Kita vorgesehen waren. Die Behauptung, er hätte räumen lassen, da es gefährlich für die Besetzer*innen gewesen sei, sich im Haus aufzuhalten, da es statisch nicht mehr sicher war, ist unglaubwürdig, wenn er selbst im nächsten Satz sagt, dass es eine umgehende Prüfung der Gebäudesubstanz erst nach der Besetzung gab.
Als Ingo am Pfingstsonntag bei der Borni ankam, hat er ziemlich direkt Strafanträge gestellt – was er nicht hätte machen müssen, um räumen zu lassen – ohne dass in den Verhandlungen mit #besetzen je ein Wort darüber gefallen ist. Nach 5 Stunden wars ihm dann zu blöd: Er hätte für sein “letztes Ultimatum”, was er nicht als solches angekündigt hat, noch 30 Minuten Zeit gegeben, um die Verhandlungsdelegation ins Haus reingehen zu lassen, um mit den 60 Leuten darüber zu diskutieren, und dann …hats ihm zu lange gedauert. War ja auch schon fast dunkel, das hat die Polizei sicher genervt. Ergebnis: Räumungstitel! (Der war anscheinend schon unterschrieben, als die Delegation das Verhandlungsangebot ins Haus brachte.)
Von dem Verhandlungsangebot, keine Strafanträge zu stellen, wenn die Besetzer*innen das Haus am selben Abend verließen, und eine Nutzung für 6 Euro pro Quadratmeter zu beschließen, habe Ingo noch nichts gehört. Außerdem kann er ja jetzt auf einmal nicht alleine entscheiden, ob die Strafanträge nicht auch wieder zurückgenommen werden können. Obwohl er 2 Monate nach der Räumung das zweite Mal Strafanträge alleine unterschrieben hat…Hä?! Ingo!
Neu war, dass Ingo von einer “Durchbruchsfalle” mit Streusäcken geredet hat, die auf die Polizei hätten fallen können, wenn diese versucht hätten, eine Barrikade zu räumen. Das fände er dann doch “kriminell”.
Auch die Polizeizeugen haben mal wieder bewiesen, dass ihre Arbeit wohl doch sehr beschränkt über den unmittelbaren Sachverhalt hinausgeht: Dass das Haus leer stand, ohne saniert zu werden; dass es in Berlin mehr als 50.000 Menschen gibt, die kein solches Dach überm Kopf haben, und dass Polizeigewalt nicht grade dazu führt, dass sich Aktivist*innen kooperativ zeigen, scheint wohl zu komplex für Team Blau zu sein. Für den einen Kollegen sei es nun mal “passiver Widerstand” wenn Menschen wie Leo sich beim Räumen “einfach hängen lassen” und nicht aufstehen, wenn man es ihnen sagt. Hm, das unterstreicht mal wieder den großen Auslegungsspielraum des Widerstandsparagraphen.
Die Richterin wollte wohl nochmal die Spannung steigen lassen, und hatte eher Lust auf einen frühen Feierabend – deshalb gehts nächste Woche, am 30.01. zum Tag des L34-Prozesses, um 12:15 Uhr im Amtsgericht Tiergarten weiter! Bringt euer Bingo mit, uns fehlt nur noch ein Wort in der 5er Reihe: Freispruch!