Messerverbote im Personenfernverkehr
Geht’s thematisch noch dröger? Vermutlich schon, aber das Thema ist für jede/n die/der reist relevant. Seit knapp vier Monaten ist eine Erweiterung des Waffengesetzes in Kraft, welches zum einen das Mitführen von Messern im Personenfernverkehr im Regelfall verbietet und zum anderen, anlasslose Kontrollen, Befragungen und Durchsuchungen seitens der Polizei gestattet um das Verbot durchzusetzen.
Die Neuregelung
Nach mehreren Angriffen mit Messern, hat sich 2024 der Bundestag auf eine Verschärfung nicht nur asylrechtlicher Bestimmungen geeinigt, z.B. den weitestgehenden Entzug jeglicher Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (hier: Absatz 4) für bestimmte Geflüchtete, sondern es wurde auch das Waffenrecht verschärft. Seit Ende Oktober 2024 ist es verboten, im Personenfernverkehr, also in Zügen (wie ICE und IC/EC) sowie Bussen (wie Flixbus) Messer mit sich zu führen (Mitführverbot nach § 42 b Waffengesetz), zudem können Reisende zur „Durchsetzung gesetzlicher Waffen- und Messerverbote (…) kurzzeitig an(ge)halten, befrag(t), mitgeführte Sachen in Augenschein (genommen) sowie die Person durchsucht“ werden(vgl. § 42 c WaffG).
Das Mitführverbot von Messern
Was ist denn überhaupt ein Messer? Art und Länge spielen keine Rolle, egal ob 2cm oder 20cm Klinge. Steinmesser, Keramikmesser, Stahlmesser: all das sind Messer. Offen scheint noch zu sein, ob selbst ein ungeschliffenes Messer rechtlich als Messer gilt. Für letztere Auslegung spricht, dass das Bundeskriminalamt hinsichtlich eines ungeschliffenen (!) Butterfly-Messers die Waffeneigenschaft vor neun Jahren ausdrücklich bejahte.
Was meint das „Führen“ oder Mitführen eines Messers? Egal ob in der Hosentasche, dem Rucksack, dem Koffer, all das ist umfasst.
Jedoch gibt es eine hier interessierende Ausnahme: das Mitsichführen ist gestattet, sofern dies „im Zusammenhang mit einem allgemein anerkannten Zweck“ (vgl. § 42 Abs. 4a Nr. 10 WaffG) geschieht. Wer sein Brot schneiden, einen Apfel schälen möchte, soll dies dürfen, jedoch muss das Messer bis zum konkreten Einsatz sicher und nicht zugriffsbereit verwahrt werden. Deutsche Jurist:innen scheinen ein dringendes Bedürfnis zu haben, derartiges sehr konkret zu regeln. Danach ist „ein Messer (…) nicht zugriffsbereit, wenn es nur mit mehr als drei Handgriffen erreicht werden kann“ (vgl. Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG: dort Unterabschnitt 3 Nr. 13). Das Messer in der Hosentasche zu transportieren, reicht also nicht aus!
Diese Regelungen gelten nicht nur für die Fernverkehrszüge und Fernbusse, sondern auch für die Bahnhofsgebäude und die Haltestellen, d.h. Bahnsteige.
Zur Durchsuchung
Das Waffengesetz ermächtigt dazu, Reisenden„kurzzeitig an(zu)halten, (zu) befragen, mitgeführte Sachen in Augenschein (zu) nehmen sowie die Person (zu) durchsuchen“ (vgl. § 42 c WaffG). Wer sich dem widersetzt kann strafrechtlich belangt werden, z.B. wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Wiewohl rassistische Kontrollen ausdrücklich verboten werden, so heißt es in §. 42 c WaffG, dass „die Auswahl der (…) kontrollierten Person anhand eines Merkmals im Sinne des Artikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes ohne sachlichen, durch den Zweck der Maßnahme gerechtfertigten Grund unzulässig“ sei, dürfte die Mehrzahl der Kontrollen vermutlich nur eine ganz spezifische Personengruppe treffen.
Strafe bei Verstoß gegen das Verbot
Mit einer Geldbuße bis zu 10.000 €, kann ein Verstoß gegen das Verbot Messer mit sich zu führen, geahndet werden (vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 21 c i.V.m. Abs. 2 WaffG). Zudem kann das Messer eingezogen werden.
Bewertung
Neben den verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten zu bestimmen, was nun ein Messer ist, wo und wie das Verbot des Mitsichführens nun genau gilt, erweist sich die Neuregelung als weiterer Eingriff in die Ausweitung der Überwachung und Kontrolle durch den (repressiven) Staat. Es werden immer weitere Eingriffstatbestände geschaffen, welche die Polizei dazu nutzen kann, Menschen jederzeit umfassend zu kontrollieren, festzuhalten, zu durchsuchen. Meist werden solche gesetzgeberischen Veränderungen im Windschatten von aufgeregten medialen und politischen Debatten durchgesetzt. Freiräume werden weiter beschränkt und Verstöße mit drakonischen, einschüchternden Bußgeldern (in anderen Fällen auch mit Strafen) belegt.
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