Knäste zu Baulücken - Lautstarke Silvesterdemonstration vor und um den Freiburger Knast
Der Auftakt der Kundgebung
Die erste Stunde der Kundgebung vor Freiburgs Gefängnis verlief kämpferisch, laut und immer wieder von Rufen wie: „Es fehlen die Gefangenen“ oder „Knäste zu Baulücken“ geprägt. Auf dem Boden liegen die ausgebreiteten Transparente, auf welchen eine knastfreie Gesellschaft gefordert wird. Um die 70 oder 80 Menschen haben sich versammelt, bewacht von fast einer ähnlich hohen Zahl an Polizist:innen.
In der Auftaktrede der Orga wird angeklagt, wer denn vor Gericht und dann in den Gefängnissen lande: marginalisierte Menschen, solche aus prekären Lebensverhältnissen, Antifaschist:innen. Dazu internationale Bezüge in der Rede, beispielsweise auf die Befreiung Gefangener in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes. Aber auch Antifa-Ost und das Budapest-Verfahren fanden Erwähnung.
Weitere Redner:innen wiesen darauf hin, dass Gefängnisse nicht der „Gerechtigkeit“ dienen, sondern Instrumente der Unterdrückung sind. Wichtig war dabei der Fokus auf die Forderung nach der Freiheit für alle Gefangenen, und nicht nur der linken Genoss:innen. Aus anarchistischer Perspektive sind Gefängnisse insgesamt von Übel, es kann also keine Differenzierung geben, bei der Forderung, diese Institution abzuschaffen.
Ein Redebeitrag kam von AZADI e.V, dem Verein, der sich insbesondere für aus politischen Gründen in Deutschland inhaftierte Kurdi:innen engagiert, sie in der Haftzeit begleitet und auf politischer Eben für eine Abschaffung der §§ 129 a und § 129 b StGB kämpft, jener politischen Gesinnungsparagrafen des Strafrechts, welche als „Anti-Terrorgesetzgebung“ gelten.
Zudem sprach ein ehemaliger Langzeitgefangener über seine Zeit nach der Haft und was es für ihn bedeutet, nun vor der Mauer stehen zu dürfen und nicht mehr in der Zelle sitzen zu müssen, und wie wichtig dabei die Solidarität sei.
Rap-Künstler:innen performten zwischen den Redebeiträgen live.
Die Teilnehmer:innen in Bewegung
Gegen 19:00 Uhr setzte sich die Demonstration in Bewegung um das Gefängnis zu umrunden. Begleitet von einem Lauti-Rad, vorne eine Flagge mit Totenkopf und Schwertern, hinten die Flagge der Antifaschistischen Aktion. Auf dem Rad war die Technik für die Lautsprecheranlage montiert. Ein zweites Rad, eine Rikscha, kam von Radio Dreyeckland, mit der mobilen Sendeanlage konnte die gesamte Kundgebung live übertragen werden, auf UKW und im Internet.
Nach wenigen Minuten ein kleiner Tumult an der Spitze der Demonstration, denn Polizeikräfte versuchten in die Menge zu stürmen. Laut eines Augenzeugen sei der Einsatzleiter der Polizei losgestürmt, es sei um eine angebliche Verletzung von Demoauflagen gegangen. Die Reihen der Demonstrant:innen schlossen sich und es wurde solange skandiert: „Haut ab! Haut ab“, bis die Polizei sich wieder zurückzog, ohne dabei jemanden festzunehmen. Das blieb der einzige kritische Moment des Silvesterabends.
Immer wieder wurden Bengalos, Rauchbomben, Raketen gezündet. In einer Schlussrede sprach eine Abolitionistin darüber, weshalb sie für eine Abschaffung von Gefängnissen und für die Schaffung von Alternativen zu dem Knastsystem kämpft.
Eine vollständige Umrundung der JVA Freiburg verhinderte die Polizei, da direkt neben der Anstalt ein Krankenhaus steht. Die von der Demonstration ausgehende Geräuschkulisse, so heißt es, sei den Patient:innen nicht zumutbar.
Gegen 20 Uhr endete die Kundgebung und die Teilnehmenden zogen weiter, um das Ende des Jahres zu feiern.
Radio Dreyeckland hat zu der Demo einen Radiobericht produziert und dokumentiert die einzelnen Reden vollständig.