Erklärung Riseup4Rojava BRD, 27. Oktober 2019

Mit dem türkisch-russischen Gipfel in Sochi, am 22. Oktober 2019 hat Russland offiziell die Besatzung durch die Türkei legitimiert. Diese folgt dem bereits von den USA, mit ihrem Rückzug aus der Region, legitimierten Angriff des türkischen Staates auf Rojava. Der Russisch-Türkische Deal beinhaltet unter anderem die Akzeptanz der bisher besetzen  Gebiete, vor allem der beiden Grenzstädte Sêrekaniye und Girê Spî.

Die imperialistischen Mächte, vor allem die USA und Russland, stellen sich, voller Eigenlob über ihre diplomatischen Erfolge und das angebliche „Retten von tausenden Menschenleben“, als Friedensstifter dar. Unabhängig von den diversen Verlautbarungen über angebliche Waffenruhen gehen die Gefechte der Selbstverteidigungskräfte SDF/YPG/YPJ gegen die türkische Besatzungsarmee und ihre dschihadistischen Banden weiter. In den letzten Tagen wurden immer mehr Stimmen laut, dass die Türkei aus dem NATO-Bündnis ausgeschlossen werden solle, da sie sich den Prinzipien der NATO entgegengesetzt verhalten würde. Für uns ist klar, dass die Kooperation von NATO-Staaten mit dschihadistischen Kräften nichts Neues ist, sondern Teil der NATO-Politik seit jeher. Die NATO ist seit ihrer Gründung ein Bündnis westlicher Aggression zur Durchsetzung westlicher Interessen gewesen.

Die „Waffenruhe“ ist nicht mehr als ein hässliches Theaterspiel der imperialistischen Staaten, dass zu nichts anderem gespielt wird als zur Legitimierung der türkischen Besatzung und ihrer Kriegsverbrechen und dem Ausweiten des eigenen Einflusses in Syrien und dem mittleren Osten einerseits. Andererseits soll so der internationale Widerstand und Solidarität befriedet und unser Widerstand gebrochen werden. Wir aber wissen, was in dieser sogenannten Waffenruhe geschieht und lassen uns nicht davon täuschen.

Der Krieg gegen Rojava ist kein Krieg, der sich lediglich um einige Kilometer Land dreht. Er ist ein ideologischer Krieg, der neo-osmanischen Träume Erdogans gegen die demokratische Moderne. Der Krieg ist vor allem ein Angriff auf eines der zentralen Standbeine der gesellschaftlichen Entwicklung: die Frauenrevolution. Die beteiligten Staaten wissen, dass die Befreiung der Frau zu einer gesellschaftlichen Stärke führt, die für sie bedrohlich werden wird. Die Hinrichtung von Havrin Khalaf, Generalsekretärin der syrischen Zukunftspartei, oder das Verschleppen und Androhen von Hinrichtungen gegen Frauen wie Çiçek Kobanê, die Widerstand gegen die Besatzung leisten, stehen in genau dieser Linie.

Gerade ist es schwierig einzuschätzen, wie sich die Lage in Rojava in den kommenden Tagen und Wochen konkret entwickeln wird. Klar aber ist, dass der türkische Angriffskrieg nur ein Teil eines größeren Plans zur Schwächung und auf lange Zeit Vernichtung der Revolution Rojavas ist. Abseits der zutiefst widersprüchlichen Aussagen der imperialistischen Staaten und ihren Absichten ist es deutlich, dass jeder Staat seine eigenen Interessen verfolgt und es zwischen den Widersprüchen an der Oberfläche direkte Absprachen zwischen ihnen gibt. An der Oberfläche scheinen diese Widersprüche tiefe Widersprüche zu sein. Wir sehen allerdings, dass sich alle Staaten auf das Ziel verständigt haben, die Revolution in Nord-Ost-Syrien und ihre Errungenschaften anzugreifen. Die Errungenschaften der Selbstverwaltung im gesellschaftlichen Leben, die Stärke der Frauenrevolution und das Vertrauen der Bevölkerung in die eigene Kraft sind aktuell eines der größten Hindernisse für ihr Ziel, einer Reorganisierung des mittleren Ostens im Interesse des Imperialismus. Russland und die USA, zunehmend auch Europa, versuchen den Krieg der Türkei gegen die kurdische Bewegung, für ihre eigenen Interessen zu nutzen. Die kurdische Bewegung aber sagt klar und deutlich, dass sie sich zu niemandem Spielballs machen werde, die letzte Stellungnahme der KCK spricht eine deutliche Sprache, die auch uns hier als Orientierung dienen sollte.

Der türkische Staat fungiert gerade als Hammer um die Revolution zu brechen, die Hände die den Hammer schwingen sind andere. Wie vor 100 Jahren versuchen die imperialistischen Staaten erneut, den mittleren Osten auf Basis ihrer Interessen zu ordnen. Diese Ordnung wird gegen die Interessen der lokalen Bevölkerung über ihre Köpfe hinweg entschieden. Wir sagen klar, dass diese Entscheidungen und ihre patriarchal-imperialistische Mentalität von uns nicht akzeptiert werden, diese haben keinerlei moralisch-politische Legitimität. Unser Widerstand wird weitergehen bis die Okkupation beendet ist.

Als #riseup4rojava Deutschland stellen wir uns hinter die Perspektive der kurdischen Freiheitsbewegung einer innersyrischen Einigung unter Berücksichtigung der autonomen Selbstverwaltung und den Errungenschaften der Revolution.

 

Als #riseup4rojava fordern wir:

1. Den sofortigen Rückzug der türkischen Armee und ihrer Verbündeten aus Nordsyrien.

2. Den Stopp der wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei.

3. Sofortige Schritte für eine politische Lösung der Krise in Syrien unter Beteiligung von Frauen, Frauen-und Volksvertretern, aus allen verschiedenen nationalen, kulturellen und religiösen Gemeinschaften in Syrien zu unternehmen, sowie die Anerkennung der Demokratischen Föderation Nord-und Ostsyriens.

4. Stopp der Kriminalisierung des politischen Engagements von kurdischen Aktivist*innen in Deutschland.

 

Riseup4Rojava BRD. 27.10.2019

 

weitere Informationen:

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kck-antwort-auf-abkommen-fuer-rojava-kann-nur-der-widerstand-sein-14929

https://anfdeutsch.com/kurdistan/bayik-das-kurdische-volk-muss-seine-heimat-verteidigen-14965

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