[B] Ehemaliger JA-Vorsitzender von Berlin geoutet
Mitte der Woche wurde David Christian Eckert, der ehemalige Berliner Vorsitzende der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (kurz: JA) geoutet. Hierzu verklebten engagierte Antifaschist*innen mehrere hundert Aufkleber mit einem Bild und einem kurzen Text zu Eckert in seinem Wohnumfeld am
Rosenfelder Ring 40
10315 Berlin
sowie an den anliegenden Tram- und S-Bahn-Stationen. Wir hoffen, dass Eckert sich in der nächsten Zeit nicht mehr unerkannt aus dem Haus trauen kann. Und vielleicht ermutigt das Wissen um den Nadelstreifen-Fascho in der Nachbar*innenschaft auch einige Anwohnende, selbst aktiv zu werden.
Völkischer Rassismus in modernem Gewand
Bis Anfang Mai 2019 war David Eckert der Vorsitzende der Berliner JA, die er einer Generalüberholung unterzog. Handelte es sich zuvor um einen verlängerten Arm der Berliner Burschenschaftsszene, entwickelte sich die Parteijugend unter Eckert zu einem Sammelbecken junger Rassist*innen.[1] Neben neuen Gesichtern im Vorstand machte die JA vor allem mit einer Vielzahl von Aktivitäten, wie regelmäßigen Tresen oder Freizeitaktivitäten (z.B. wandern oder Public Viewing) sowie Demo-Teilnahmen auf sich aufmerksam und stärkte ihre Position im Parteikontext. Doch hinter dem aufpolierten Jugend-Image mit eigenen College-Jacken steckte immer noch der gleiche völkische Rassismus. Insbesondere Eckert ist als Sympathisant des "Flügels" um Höcke in der AfD einzuschätzen. So nahm er u.a. mit weiteren JA-Mitgliedern am "Wartenberger Fest", einer Versammlung bundesweiter "Flügel"-Mitglieder im Wartenberger Hof in Berlin-Hohenschönhausen, teil, wo er selbst neben Björn Höcke und Andreas Kalbitz als Redner auftrat.
Kein Kiez für die AfD in Lichtenberg
Bevor Eckert Ende 2017 zum Vorsitzenden der Berliner JA wurde, war er Mitglied des Landesvorstandes der AfD in Nordrhein-Westfalen und an seinem ehemaligen Studienort Düsseldorf seit 2014 am Aufbau der studentischen "Campus Alternative" an der Heinrich-Heine-Universität beteiligt. Schon damals beschwerte sich Eckert in mehreren Fernseh-Interviews, dass seine Parteistruktur an der Uni "ausgegrenzt" werden würde und er sich selbst persönlichen Anfeindungen ausgesetzt sah. Aus diesem Grund gehe er "aus Sicherheit" nur noch mit Pfefferspray aus dem Haus. Außerdem wurde Eckert bereits in Düsseldorf in seinem Wohnumfeld geoutet, was dazu geführt haben soll, dass er auf offener Straße angespuckt und beleidigt wurde, wie er freimütig berichtet. Solche Erfahrungen sollte er auch in Berlin nicht vermissen dürfen. Nachdem er bereits Mitte 2018 in der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Lichtenberg eine Frage in der "Bürgersprechstunde" stellte, war zumindest sein Wohnbezirk klar. In den Monaten danach traf sich die JA in Berlin auffällig oft in Kneipen im Lichtenberger Stadtteil Friedrichsfelde - wenn auch meistens nicht sehr lange, da bis auf das AGA's Hotel an der Rhinstraße alle Gastronom*innen die braune Brut nach Kontaktaufnahme vor die Tür setzten. Auch wenn Eckerts Name inzwischen nicht mehr am Klingelschild steht, wohnt er immer noch im Rosenfelder Ring 40
Scheitern am Klimawandel
Allerdings war das Outing nicht der einzige Tiefschlag für Eckert in den letzten Monaten, da er ebenfalls den JA-Vorsitz aufgeben musste. Verantwortlich für das politische Scheitern sind wahrscheinlich seine Versuche, sich an junge Menschen anzubiedern. Nach den für die AfD wenig überzeugenden Ergebnissen bei der Europawahl 2019 versuchte Eckert es mit einer grünen Kehrtwende im Geiste jugendlicher Klimaproteste. Dabei ließ er über die JA Berlin ein Statement u.a. mit folgender Aussage verbreiten: „Wir fordern die Mandats- und Funktionsträger unserer Partei dazu auf, von der schwer nachvollziehbaren Aussage Abstand zu nehmen, der Mensch würde das Klima nicht beeinflussen.“ Außerdem wurden konkrete Maßnahmen zur "Verbesserung des Umweltschutzes" gefordert. Das war nicht nur für viele Altmitglieder zuviel. Auch der burschenschaftliche Teil der Berliner JA wandte sich gegen Eckert, sodass dieser und weitere der unter seinem Vorsitz neu hinzugekommenen Vorstandsmitglieder ihre Plätze räumen mussten. Inzwischen ist der JA-Landesverband wieder streng vom Burschenschaftsmilieu dominiert. Trotz der Neuentdeckung des Klimawandels ist Eckert nicht plötzlich "zur Vernunft" gekommen. Der Versuch, den Klimawandel in der Partei diskutabel zu machen, dient allein strategischen Zwecken. Auch an den Einstellungen Eckerts und seiner unverhohlenen Sympathie für den völkischen Rassismus eines Björn Höcke hat sich nichts geändert. So ist er weiterhin als Mitarbeiter des Brandenburger AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré aktiv, der ebenfalls zum ultra-rechten Rand der AfD zählt. Dieser stellte Eckert und "seiner" JA auch gerne Büroräumlichkeiten für Treffen zur Verfügung.
In diesem Sinne ist das Outing eine Warnung an die Berliner AfD- und JA-Strukturen: Wer sich innerhalb dieser Partei bewegt, muss mit Konsequenzen rechnen, selbst wenn die Person inzwischen in "Ungnade" gefallen ist! Hoffentlich findet die Aktion zahlreiche Nachahmer*innen und setzt einen Folge-Aktivismus in Gang.
[1] Zur Entwicklung der JA in Berlin in den letzten Monaten
[2] Allgemeine Broschüre zur Berliner AfD
Ergänzungen