Brief von Jason Isadore Oberman an die Präsidentin der Polizei in Berlin, Dr. Slowik
Brief von unserem Mitglied, Jason Isadore Oberman, an die Präsidentin der Polizei in Berlin, Dr. Slowik
Liebe Frau Dr. Slowik,
wir haben uns im vergangenen Sommer bei einem Essen mit einem gemeinsamen Freund in einem chinesischen Restaurant in Berlin kennengelernt. Als eine in Berlin lebende amerikanische Jüdische Person wollte ich Ihnen mitteilen, dass ich über die Gräueltaten der Berliner Polizei in den letzten Monaten schockiert und entsetzt bin. Als eine in Deutschland lebende Jüdische Person fühle ich mich in meiner Sicherheit nicht durch Muslim*innen,
Palästinenser*innen oder Einwander*innen bedroht, wie die Regierung uns glauben machen will, sondern durch den Staat selbst und insbesondere durch das gewalttätige Auftreten der Berliner Polizei.
Als jüdische Person ist es für mich von entscheidender Bedeutung, mich gegen den Völkermord in Gaza zu stellen. Mit meinen politischen Überzeugungen bringe ich zum Ausdruck, was mein Judentum für mich bedeutet und wofür es steht. Aufgrund zahlreicher Berichte weiß, ich, dass jüdische und mit dem Judentum verbündete Demonstrant*innen gewaltsam verhaftet und zu Unrecht der Volksverhetzung oder der Beleidigung von
Polizeibeamten beschuldigt wurden. In manchen Fallen, habe ich persönlich gesehen, dass sie nichts dergleichen getan haben. Es gibt keinerlei ethischen Grund, Jüdinnen*Juden oder deren Verbündete des Antisemitismus zu bezichtigen, wenn sie sich strikt an die Gesetze halten, die jeden Tag willkürlicher zu werden scheinen. Es gab auch Razzien in Berliner Kultureinrichtungen, die von unserer Gemeinschaft geschätzt werden. Vor allem die
gewaltsame Kriminalisierung der palästinensischen Gemeinschaft durch die Polizei und die Übergriffe auf sie sind für mich äußerst beunruhigend. Als jemand, der das Erbe dessen, was Deutschlands Vorväter getan haben - den Völkermord an nicht weißen christlichen Deutschen - überlebe, bin ich schockiert und traurig mitansehen zu müssen, was die Polizei mit palästinensischen Menschen anstellt.
Ich verstehe, dass die Polizei vielleicht Befehle haben und Anweisungen befolgen. Das tat Eichmann auch. Und ja, so ernst ist es. So dringend ist es. Ich stelle diesen Vergleich bewusst an. Wir Jüdinnen*Juden, die wir uns mit unseren palästinensischen Schwestern, Brüdern und Geschwistern solidarisieren, sehen, wie ein weißer, christlicher, von der Polizei gewaltsam durchgesetzter Faschismus wiederauflebt. Ich habe beschlossen, dieses Land für immer zu verlassen, nicht wegen des angeblich importierten Antisemitismus, sondern wegen des sehr realen Antisemitismus, antimuslimischer Rassismus und der extremen antipalästinensischen Gewalt der deutschen Behörden.
Ich bitte Sie von ganzem Herzen, alles in Ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um der Gewalt und Unterdrückung ein Ende zu setzen. Stoppen Sie die Angriffe auf unsere wertvollen Gemeinschaften. Stoppen Sie die Bedrohungen gegen alle Nichtarier. Wenn Sie die jüdische Gemeinschaft wirklich schützen wollen, müssen Sie alle Minderheitengruppen schützen, insbesondere die Palästinenser*innen; wir sind uns ähnlicher, als Deutschland
glauben mag, und eine Gruppe kann nicht sicher sein, wenn die andere gefährdet ist. Sie haben die Macht, etwas zu ändern, Sie haben die Macht, dafür zu sorgen, dass nie wieder tatsächlich nie wieder bedeutet. Bitte helfen Sie mit, dass sich eine weitere unglaubliche Gewalt und Unterdrückung durch deutsche Polizeikräfte nicht wiederholt.
Wir waren schon einmal in einer solchen Lage. Ich bete darum, dass wir dieses Mal noch umkehren können, ehe es zu spät ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Jason Isadore Oberman
3.2.2024
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Dear Frau Dr. Slowik,
We met this past summer while having a shared meal with a mutual friend at a Chinese restaurant in Berlin.
I wanted to write you as an American Jew living in Berlin, that I am absolutely shocked and horrified by the atrocities carried out by the Berlin police force in the past months. As a Jew living in Germany, the greatest threat to my safety is not the Muslim, Palestinian, or immigrant population, as the government wants us to believe, but the state itself, especially its violent articulation through the Polizei Berlin.
As a Jew, it has been critically important for me to stand against the genocide that is ongoing in Gaza. It is critically important for me to define what my Judaism means, and what it stands for, and what my political beliefs are. I have seen and learned of numerous accounts of Jewish and Jewish ally protestors being violently arrested, and sometimes even given false charges of Volksverhetzung or insulting police officers. I have personally witnessed some of these cases. The victims, who often Jewish, personal friends and/or friends working closely with Jewish communities, are attacked by police and sent into the vans. There are absolutely no ethical grounds to charge Jews or Jewish allies with anti-semitism, especially those who strictly
follow the laws, which seem to become more arbitrary every day. There have also been intensive raids of Berlin establishments cherished by our communities. Most critically, the police’s violent criminalization of and assaults on the Palestinian community is beyond disturbing. As someone surviving the legacy of what Germany’s forefathers have done - that is the genocide of the non white christian Germany- I am absolutely shocked and saddened to see what the police do time and time again to Palestinian people.
I understand that the police may have orders; they may be following instructions. But so did Eichmann. And yes it is that serious. It is that urgent. And I will make that comparison. We as Jews in solidarity with our Palestinian brothers and sisters and siblings are seeing the rise, again, of a white christian supremacist fascism, which is being carried out violently by the police force.
I have decided to leave this country for good not due to the so-called imported anti-semitism but by the very real anti-semitism, anti-Muslim racism and extreme anti-Palestinian violence of the German Police and state.
I beg of you with all of my heart to please do everything within your power to stop the violence, to stop the oppression. Stop the attacks on our precious communities. Stop the threats against all non-Aryans. Please listen, if you really want to protect the Jewish community, you must protect all minority groups, especially Palestinians; we are more similar than Germany likes to believe, and one group cannot be safe if the other is endangered. You have the power to make a change, you have the power to really make sure never again is never again. Please help to prevent another iteration of a German police force acting out unthinkable violence and oppression.
We have already been here before. I pray that this time, we can turn around before it’s
too late.
Yours Sincerely,
Jason Isadore Oberman
3.2.2024