Feuer und Flamme(n) für die Polizei

 

In der Nacht auf den 05. Juni 2019 wurde das Freiburger Polizeipräsidium mit Molotovcocktails und Farbbomben angegriffen. Wir hoffen, dass damit ab heute weniger Polizeiautos Freiburgs Straßen unsicher machen!

 

 

Diese Aktion ist eine deutliche Antwort gegen die geplante neuerliche Verschärfung des Polizeigesetzes in Baden-Württemberg und Teil einer Reihe von Aktionen, die sich gegen die Militarisierung von Polizei und die zunehmende autoritäre Formierung der Gesellschaft richten.

 

Diese Aktion ist keine bloße Kritik an der Reform von Gesetzen, sondern fordert die Abschaffung von Polizei, Militär und Knast als Ganzes! Da Demos, Petitionen und Aufrufe keine Veränderung im zukünftigen Polizeigesetz bewirkt haben, sehen wir uns gezwungen Feuerzeug und Flasche auf die Ausführenden des Gewaltmonopols Staat zu werfen. Denn die Polizei ist und bleibt angreifbar. Das hat die heutige Aktion verdeutlicht und das werden zukünftige Aktionen untermauern.

 

 

 

Aber nochmal von Anfang an: Nicht erst 2019, sondern bereits 2017 wurde in Baden-Württemberg unter dem Vorwand ‘Schutz vor Terror’ eine Gesetzesnovelle verabschiedet, die die Polizei mit weitreichenden Befugnissen ausstattet. So dürfen Cops nun unter bestimmten Umständen Sprengstoffe wie Handgranaten einsetzen und verschlüsselte Messenger-Chats über Staatstrojaner mitlesen. Die Einstufung von Menschen als ‘Gefährder*innen’ erfolgt nach fragwürdigen Kriterien wie Kontakt zu den ‘falschen’ Leuten, oder sogenannte Intelligente Videoüberwachung in öffentlichen Räumen, die automatisch Verhalten analysiert und kategorisiert, und kann im Extremfall zu präventativen Aufenthalts- und Kontaktverboten führen. Dieses Polizeigesetz wurde 2017 von den Grünen, CDU und SPD abgesegnet mit den Worten: “Wir gehen an die Grenze des verfassungsmäßig Machbaren” (Kretschmann).

 

 

 

Nichtsdestotrotz steht nun eine weitere Verschärfung des Polizeigesetzes in Baden-Württemberg an, welche im Vergleich zu Bayern bislang noch sehr wenig Aufmerksamkeit bekommen hat und möglichst stillschweigend verabschiedet werden soll. Wieder als “Anti-Terror-Gesetz” geframt soll es mit der Verschärfung künftig möglich sein, in einem 30km breiten Korridor entlang der Bundesgrenzen Schleierfahndungen durchzuführen, d.h. “verdachtsunabhängige” Personenkontrollen, die geradezu nach Racial Profiling schreien. Außerdem dürfen präventiv (!) im Rahmen einer Onlinedurchsuchung alle gespeicherten Daten wie Kontakte, Bilder, Kommunikation aus der Vergangenheit oder Passwörter ausgelesen, sowie Kamera und Mikrofon an Handys als Wanze benutzt werden. Bodycams dürfen ohne richterlichen Beschluss auch in Privaträumen eingesetzt werden; umfassende Personenkontrollen im Vorfeld von Demonstrationen werden legalisiert und bauen eine abschreckende Drohkulisse auf. Schließlich droht eine Unendlichkeitshaft: durften sog. Gefährder*innen bislang 14 Tage eingesperrt werden, soll der Zeitraum nun auf 3 Monate erhöht werden, die theoretisch immer wieder verlängert werden können – mensch kann also auf unbegrenzt lange Zeit im Knast sitzen – und all das ohne überhaupt einen Prozess gehabt zu haben.

 

Besonders diese Möglichkeit zur Unendlichkeitshaft macht die Absurdität des Polizeigesetzes deutlich: anhand welcher Kriterien sollen Richter*innen, die die Länge der Haft festlegen, entscheiden, ob Personen wohl in der nächsten Zeit eine “unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung” planen, ohne willkürlich Orakel zu spielen und damit massive Fehlentscheidungen und Repressionen zu billigen?!

 

 

 

Das neue Polizeigesetz steht nicht für sich allein: Es ist Teil eines Paradigmenwechsels hin zu einem autoritären Sicherheitsstaat mit kontrollsüchtigem Überwachungsapparat, der Feinde nicht nur außen, sondern auch innen vehement bekämpft. Ziel ist Anpassung und Unterdrückung, Angst

 

und Uniformität. Dies wird umso deutlicher, wenn mensch sich den Anlass der Gesetzesnovelle vor Augen führt: es gibt eigentlich keinen. Leider steht BaWü nicht kurz vor der Revolution und dass von der riesigen linksradikalen Szene eine große Gefahr für die innere Sicherheit ausgeht, widerlegt jede halbwegs professionelle Studie. Dennoch – oder gerade deshalb – wird versucht, den Spielraum sozialer Bewegungen, die nicht staatlich organisiert sind, massiv einzuschränken. Daher kann es keine Strategie sein, möglichst brav zu bleiben und den Staat nicht zu ärgern, um vor Repressionen geschützt zu sein. Jetzt leise zu sein, heißt später nicht mal mehr die Option zu haben, laut zu werden!

 

 

 

Die Auswirkungen des heutigen Polizeistaates wurden z.B. am Montag, d. 27.05.2019 deutlich. Wieder einmal wurde ein erst kurz zuvor besetzter Freiraum in Freiburg mit hartem Durchgreifen von der Polizei geräumt und alle anwesenden Suppportis und Vorbeilaufende kontrolliert, durchsucht, abgefilmt und die Personalien aufgenommen. Die brennenden Autos heute sind auch eine klare Botschaft gegen dieses maßlose Zusammenwirken von Staat und Polizei. Wir stehen in Solidarität mit den Besetzis und wünschen viele erfolgreiche kommende Besetzungen! Solidarische Grüße auch an die von Räumung bedrohte Elsi in Basel!

 

 

 

Wir halten es aus pragmatischer Sicht für wichtig, die geplante Verschärfung der Polizeigesetze in BaWü und anderswo zu verhindern! Allerdings kann die Lösung nicht eine Polizei mit nur ein bisschen weniger Handgranaten sein! Die Rücknahme einzelner Reformen ändert nichts an den ungerechten Grundprinzipien unserer Gesellschaft. Daher stellen wir uns gegen jegliche Herrschaft und gegen ein System, was auf ungleicher Machtverteilung, Privateigentum, Kontrolle und Zwang beruht.

 

 

 

Wir müssen uns alle die Frage stellen, was uns wirklich sicher macht: Sicher nicht die Institution Polizei, deren Aufgabe es ist, das Eigentum und damit das Interesse der Wohhabenden und Mächtigen zu schützen.

 

Wir wollen neue Formen des Zusammenlebens jenseits vom “Rechtsstaat” entwickeln und umsetzen. Wir wollen Verantwortung für unser Handeln individuell und gemeinschaftlich tragen, ohne Androhung von Knast und Gewalt. Für Freiheit und Solidarität, für ein Leben in Anarchie!

 

 

 

Freiheit stirbt mit Sicherheit!

 

 

 

 

 

Mehr Infos zum Polizeigesetz und der Kampagne NoPolGBW: www.nopolgbw.org

 

Analyse des Gesetzes von der Informationsstelle Militarisierung e.V.: https://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2019-2-Polizei.pdf

 

 

 

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