Nachrichten aus dem Gefahrengebiet Friedrichshain-Nordkiez
Wir machen diesen Polizeiübergriff öffentlich, nicht weil wir jetzt für eine liberale Kieizpolizei plädieren. Wir sehen ihn als ein Beispiele für viiele diese Übergriffe im Friedrichshainer Nordkiez gegen Menschen, die vielleicht den Profitinteressen der Immobilienwirtschaft im Weg stehen, egal ob sie dort in linken Hausprojekten oder als Mieter*innen leben.
Tina wollte nur Schrippen holen, da hat man ihr plötzlich die Zeit gestohlen
aus dem Song Gefahrengebiet von Paul Geiger-Zähler
Der dunkel gekleidete Mann mit grauen Haaren wurde von hinten gegriffen, mit Gewalt gegen eine Häuserwand gedrückt und gegen das Bein getreten. Danach wurden ihm Handfesseln angelegt. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde ihm klar, dass sein Angreifer Mitglied der Polizei war. Einkaufstasche und Gürteltasche wurden dem Mann weggerissen und dem zweiten Polizisten übergeben. Im Auto der beiden befand sich eine ebenfalls zur Polizei gehörende Frau in Zivil. Der festgenommene Mann wurde schließlich zum LKA nach Tempelhof gebracht. Dort musste er zwei Stunden mit Handfesseln in einer Zelle warten und wurde dann erkennungsdienstlich behandelt und nach fast 3 Stunden entlassen. Der Mann habe einen Aufkleber an einen Laternenpfahl geklebt, lautete die offizielle Begründung für die fast dreistündige Maßnahme. Die beschriebe Szene spielte sich am 12.12. gegen 11.20 Uhr an der Rigaer Straße/Ecke Voigtstraße ab. Was vielleicht Demokratieidealist*innen überraschen mag, ist für uns, die wir im Friedrichshainer leben und und dort auch seit mehreren Jahren gegen Gentrifizierung und Verdrängung von einkommensarmen Menschen kämpfen, nicht so ungewöhnlich. Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass linke Hausprojekte über Wochen von der Polizei belagert und überfallen wurden, und dass diese Maßnahmen später von Gerichten als rechtswidrig erklärt wurden. Auch danach wurden Leute, die zB zur Küche für Alle oder anderen Veranstaltungen linke Hausprojekte besuchten, von der Polizei angehalten und ihre Personalien verlangt. Wir seien hier im Gefahrengebiet, hieß es zur Begründung, wenn überhaupt eine gegeben wurde.
Polizei-Repression für Gröner und Co.
Wir haben aber auch lange erfahren, dass auch außerhalb der linken Hausprojekte die Polizei massiv gegen aktive Bewohner*innen vorging. Das haben wir bei unseren Widerstand gegen das CG-Projekt in der Rigaer Straße 71-73 erfahren. Das spontane tägliche Scheppern, mit dem Anwohner*innen in den Jahren 2016-17 gegen die CG-Baustelle protestieren, wurde vom Landeskriminalamt als politisches Delikt eingestuft. Als es dann an der CG-Baustelle zu der in dem Prozedere vorgesehen Informationsveranstaltung mit den Anwohner*innen kommen sollte, verhinderte ein massives Polizeiaufgebot einschließlich Hubschraubern, dass kritische Nachbar*innen daran teilnehmen konnten. Da haben wir erkannt, was Gefahrengebiet Rigaer Straße heißt. Für die repressiven Staatsapparat sind wir, die kritischen Anwohner*innen, die sich einmischen, die sich gegen Gentrifizierung und Verdrängung wehren, die Gefahr. Da ist es ganz egal, ob wir in linken Hausprojekten oder in einer Mietwohnung leben. Die Gefahr sind alle Menschen, die der Durchsetzung der Interessen der Immobilienwirtschaft entgegenstehen.
Polizieren in historischer Tradition
In diesen Zusammenhang stellen wir auch den Polizei-Angriff vom 12. Dezember. Verantwortlich sind besondere Polizei-Einheiten, die sich freiwillig dafür melden, in rebellischen Kiezen Law and Order durchzusetzen. Das bedeutet konkret Überwachung und Belagerung von linken Hausprojekten, Personalienkontrollen bei Bewohner*innen, aber auch direkte Angriffe wie am 12.12. Dabei sind diese Law-and-Oder-Schwadrone keine Ausnahmen der Polizei, vielmehr stehen sie in deren Tradition. Polizieren heißt die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols. In diesem Zusammenhang trat die Polizei historisch vor allem in proletarischen Kiezen als Disziplinierungs- und Unterdrückungsinstanz auf. Genau so erfahren wir die Polizeischwadrone als aktive Bewohner*innen im Nordkiez.
Wir sind keine Poltikberater*innen und werden dahier nicht für eine kiezfreundliche Polizei plädieren. Wir wollen aber alle diese Übergriffe offen machen. Von Polizeigewalt Betroffene rufen wir auf, laut und unmissverständlich deutlich zu machen, was gerade passiert und Passant*innen als Zeug*innen zu Hilfe zu rufen. Nachbar*innen rufen wir auf, nicht wegzusehen, wenn sie Polizeigewalt im Kiez sehen. Bleibt stehen und beobachtet das Handeln der Polizei, wenn die von den Maßnahmen Betroffenen es wünschen. Lasst Euch von der Polizei nicht wegschicken, denn es ist Eurer Recht, der Staatsgewalt beim Polizieren zuzugucken.
Denn nicht der Staatsgewalt sondern den Menschen, die da wohnen gehört die Straße!
Stadtteilinitiative Wir bleiben alle Friedrichshain