Presseerklärung der Hungerstreikenden Internationalist*innen
Zu Beginn wollen wir die Gelegenheit nutzen und ein paar Worte an die Hungerstreikenden richten, an die in den türkischen Foltergefägnissen, an Leyla Güven, Nasır Yağız, Yüksel Koç, Selma Irmak, Şiyar Xeli und allen anderen. Ihr habt eure Stimme im Widerstand erhoben und wir haben euch gehört. Heute stehen wir hier in tiefer Solidarität und Achtung. Euer Kampf ist auch der unsere und wir sind an eurer Seite.
Seit dem 7. November 2018, also seit 157 Tagen, befindet sich die HDP-Abgeordnete Leyla Güven in einem unbefristeten Hungerstreik. Inzwischen haben sich ihr über 7000 Menschen angeschlossen und bekräftigen ihre Forderungen. Der größte Teil der Hungersteikenden sind politische Gefangene in den türkischen Foltergefängnissen. Ihrer Freiheit und Rechte beraubt, sind sie bereit dazu ihr Leben zu geben. Ganz nach dem Leitspruch Leyla Güvens: “Ich bin die Freundin derer, die das Leben so sehr lieben, um dafür sterben zu können”, kämpfen sie für die Aufhebung der Isolation des kurdischen Politikers und Philosophen Abdullah Öcalans.
Dieser wird seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali vor der Küste von Istanbul gefangen gehalten. Seit 8 Jahren wird seinen Anwälten widerrechtlich und unter fadenscheinigen Begründungen jeglicher Zugang zu ihrem Mandanten verwehrt. Seit April 2015, nach der einseitigen Beendigung der Friedensverhandlungen mit der PKK durch die türkische Regierung, ist Abdullah Öcalan in Totalisolation. Niemand, nicht einmal seine Familie, darf ihn besuchen und er kann keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. Die Haftbedingungen sind damit Völkerrechtswidrig, worauf sowohl der Europarat und das Antifolterkomitee mehrfach hingewiesen haben.
Der Forderung der Hungerstreikenden nachzukommen bedeutet geltendes Völkerrecht durchzusetzen. Die andauernde Isolationshaft steht stellvertretend für die Unterdrückung der kurdischen Gesellschaft und ist als Folter zu bewerten. Abdullah Öcalan ist der anerkannte Repräsentant der kurdischen Gesellschaft. Er hat aus dem Gefängnis heraus zahlreiche Bücher geschrieben und in seiner Philosophie einen Plan für einen gesellschaftlichen, demokratischen Frieden im Mittleren Osten entwickelt. Die Errungenschaften der Revolution in der demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien gründen sich auf seine Theorie des demolratischen Konföderalismus. Trotz des Bürgerkrieges und der Bedrohung durch den sogenannten islamischen Staat hat sich dort eine Gesellschaft entwickelt, die Frauenbefreiung, Selbstverwaltung, Demokratie, Ökologie, Konfessions- und Völkerverständigung als zentrale Bestandteile einer friedlichen Gesellschaft ansieht und umsetzt. Durch die enstandene Stärke nahm hier die Niederlage des IS ihren Anfang und ihr Ende.
Auch in Europa werden die Forderungen Leyla Güvens gehört und unterstützt. Allein in Straßburg streiken derzeit 14 Menschen seit dem 17. Dezember, aktuell findet dort ein Massenhungerstreik vor dem Europarat statt. Unter anderen kam es in der Schweiz, in Schweden, in Frankreich, Spanien und Deutschland zu Solidaritätsaktionen von Zivilgesellschaftlichen Akteuren und Abgeordneten. In Deutschland befinden sich die Aktivisten Ömer Bağdur, Cemal Kobanê, Şiyar Xelil und Mele Mustafa Tuzak seit über 70 Tagen im unbefristeten Hungerstreik. Vergangene Woche beschlossen sie, den Schauplatz ihrer Aktion von ihren Wohnorten Kassel, Nürnberg und Duisburg nach Berlin zu verlegen, um eine größere Öffentlichkeit zu erreichen Trotz zahlloser Aktionen in Deutschland, folgen ein großteil der Medien hierzulande der Logik der Isolation. Der Unwillen der Bundesregierung sich zu dem Thema Menschenrechte und Kurdenfrage in der Türkei zu äußern ist bekannt.
Die wirtschaftlichen und strategischen Beziehungen zur Türkei stehen über allem. Um die Waffenverkäufe und den Flüchtlingsdeal nicht zu gefährden wird in Deutschland aktiv und immer stärker die kurdische Gesellschaft unterdrückt. Dazu gehören das Verbot sämtlicher kurdischen Symbole und Fahnen genauso wie Hausdurchsuchungen bei Verlagen und Pressebüros. Damit macht sich die BRD zum Handlanger dieser Menschenverachtenden Folter. Es ist jetzt Zeit, aktiv zu werden. Als Teil der Widerstandkommitees Berlin haben wir uns dazu entschlossen in Solidarität mit Leyla Güven und der kurdischen Freiheitsbewegung einen auf 72 Stunden befristeten Hungerstreik durchzuführen. Wir senden damit ein Zeichen der Solidarität an die Menschen, die im Kampf um ihre Rechte und Freiheit dazu bereit sind ihr Leben zu geben. Die Forderungen von Leyla Güven sind legitim.
Die Medienblockade muss durchbrochen werden. Leyla Güven wird gehört werden, ob es den Herrschenden passt oder nicht.
Freiheit für Öcalan! Freiheit für alle politischen Gefangenen!