ein Einblick in de 8/12 Fall in Paris: Tag 10 – 18.10.2023

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Die Tage vergehen und gleichen sich...

 

Wir erwarten eine weitere Anhörung zum Thema Waffen. Jedoch wird die Anhörung dadurch eröffnet, dass einer der Anwälte Schlussfolgerungen zu Protokoll gibt (um die Fachsprache zu verwenden).

 

Er kam noch einmal zur Vernehmung des Sprengstoff-Experten zurück. Dieser hatte im Zeugenstand ausgesagt, dass er eine Genehmigung für als geheim eingestufte Beweismittel hatte. Der Anwalt beantragt daher, die Verschlusssachen, zu denen er Zugang hatte, zu versiegeln und die Angelegenheit der Deklassifizierungskommission zu überantworten. Diese Eingabe wird ebenso wie die anderen, dem Gericht in der Hauptsache übermittelt. Somit werden die Richter*innen nicht vor der abschließenden Beratung über sie entscheiden – nicht sonderlich spannend.

 

 

 

Der Feuerwerker, dessen Job es ist, Knallkörper herzustellen, egal was der berühmte Experte für "typische Mischungen aus dem irakisch-syrischen Raum" davon hält, kehrt in den Zeugenstand zurück. Er soll sich nun für Waffen rechtfertigen, die er vor allem für seinen Job als Requisiten benötigt und für die er keine Munition hat! Sie würden mit ihrem Kaliber keinem Fuchs den garaus machen, geschweige denn einem dickbäuchigen Bonzen, der nur ein einziges Mal in einer Diskussion unter Betrunkenen erwähnt wird.

 

Nun geht es für den benannten “Spezialisten” zurück zum Softair-Spiel. Zumindest das hat er “manchmal” tatsächlich gespielt.

 

Die Richterin kommt auf die "entspannte" Haltung des Angeklagten während der Verhöre beim DGSI zu sprechen, bei denen die Beamten ihn durch seine Maske lächeln sahen (es ist Teil dieses Berufs!). Ja, wir alle reagieren auf unterschiedliche Art und Weise auf Stress. Er hat sogar aufgelacht, als die Polizei ihn als den "treuen Leutnant des charismatischen Führers" betitelten. Aber es ist ganz egal, wie oft er ihnen erzählt, dass sie befreundet sind und keine Mitglieder einer hierarchischen Gruppe – oder überhaupt einer Gruppe. Dass sie horizontale Verbindungen bevorzugen. All das interessiert diese Leute nicht. Die Geschichte ist geschrieben, es müssen nur noch die Rollen verteilt werden. Er weist allerdings darauf hin, dass er keineswegs “entspannt” war, weder beim DGSI noch vor dem Untersuchungsrichter oder in der (9-monatigen!) Untersuchungshaft. Somit sind ihm alle seine Antworten unter Stress und Zwang abgerungen worden und rein gar nichts wert.

 

Es ist dieselbe alte Leier: Dennis den Lausbuben zu spielen, indem er im Wald mit einer Zwille von Decathlon auf Konservendosen zielt, wird zum belastenden Beweismittel.

 

Er hat Freude an Softair, hat es schon in jungen Jahren gespielt und später gemeinsam mit Freund*innen… insgesamt 2 (!) mal. Intensives Training für den Bürgerkrieg, Frankreich hat Angst! Unabhängig davon, wie oft er erklärt, dass er in den Abhörprotokollen oder den gefundenen Notizen nur von Airsoft gesprochen hat, sind Richter*innen und Staatsanwaltschaft entschlossen, dies unbedingt mit dem Thema Waffen zu verknüpfen.

 

Zu Waffen im Übrigen: Frage der Richterin, ob er jemals echte Waffen benutzt habe, auf dem Schießstand, bei der Jagd oder bei anderen Gelegenheiten. Antwort: Nein, abgesehen von einem Mal auf einer Reise nach Guyana. Danach seien ihm fast die Zähne ausgefallen, weil er sie – anders als die erfahrenen Jäger, die ausgiebig darüber lachten – nicht richtig halten konnte. Er hat es nie wieder versucht und besitzt auch keine.
Unter den gänzlich objektiven Belastungsfaktoren sind nun sehr (sehr) ausgewählte Auszüge aus seinem Notizbuch an der Reihe. In dieses Buch wurden viele Dinge notiert, etwa zum Fensterputzen oder Kaffeekaufen, aber nein! Wir betrachten nur die wenigen Seiten, auf denen Rojava erwähnt ist. Denn ganz offensichtlich hat er in seinem Leben an gar nichts anderes mehr gedacht. Dass er auch schon länger davon sprach, ein Grundstück zu kaufen, ist nebensächlich. Eine schäbige Krypto-Mao-Broschüre, die sich in seiner Tasche befand, weil er sie aus irgendeinem Infoladen (die Definition von Infoladen [Franz. “infokiosque”] musste den Richter*innen und Staatsanwälten erst erläutert werden, sic) mitgenommen hat, wird für die Staatsanwälte zu seinem Nachttischbuch. Jedoch hatter er die Broschüre erst im Gefängnis gelesen hat und distanziert sich rigoros von ihr.

 

Unter dem Vorwand, dass bestimmte Themen in seinen aufgeschriebenen Gedanken wiederkehren (es ist freilich eigenartig, dass sich jemand mit Erster Hilfe für Schwerverletzte auseinandersetzt, bevor er sich in eine Gegend begibt, in der sich noch immer Positionen des IS befinden), werden uns Auszüge serviert, die eine autoritäre Ausrichtung des Angeklagten darstellen sollen. Es interessiert sie nicht, dass jede Frage vollkommen im Widerspruch zu den (anti-autoritären) Prinzipien steht, die er von Beginn an unermüdlich verteidigt hat. Fragen werden ihm außerdem durchschnittliche 4 – 5 Mal gestellt. Eine besonders häufig wiederholte ist diejenige, wer sich denn hinter den Decknamen in den Notizen verberge. Eine Frage, die keinen Kompromiss duldet!

 

Zitat des Tages wäre dann wohl Maos “die Waffen ergreifen, wo sie sind” und alles Verfügbare skrupellos ausnutzen: Genau das tut die Anklage, indem sie indem sie immer genau die Auszüge auswählt, die ihr in den Kram passen. Indem sie außenvorlässt, dass sogar in der Abschrift angegeben wurde, dass sie “betrunken und spaßig” aussahen und mitnichten den Schlag des Jahrhunderts vorhatten. Indem sie die Mao-Broschüre auswählt und nicht die über gewaltlose Kommunikation oder Pflanzenhygiene. Oder indem “Seite 4 und 5” aus den massenhaften Notizen ausgesucht werden, ohne dass ersichtlich wäre, wohin den die anderen 3 verweht wurden. Ein hübscher Flickenteppich, der vom DGSI nach dem Muster “zu geheim als dass jemand wissen kann, wo die Informationen herkommen” gezeichnet wurde.

 

Auf die Wahrheit, wie eine andere autoritäre Figur mal verlauten ließ, müssen wir warten und dann schauen: “Die Geschichte wird richten!”

 

übersetzt aus: https://paris-luttes.info/suivi-du-proces-du-8-12-17417?lang=fr

 

 

 

 

 

Beteiligt euch an der Solidarität mit den Angeklagten des 8. Dezember!

 

Kundgebung am Freitag, 27. Oktober, 11.00 Uhr vor dem Tribunal de Paris (Neuer Justizpalast, Porte de Clichy)

 

 

 

 

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