Weiter Repression auf allen Ebenen
Blutige Verhaftung
Nicht einmal die zuständige Innen-Senatorin der baskischen Regierung konnte erklären, weshalb die baskische Polizei versucht hatte, in vorauseilendem Gehorsam eine Jugendliche festzunehmen, die noch 10 Tage Zeit hatte, sich aus eigenen Stücken im Knast zu präsentieren. Ähnlich wie die beiden jungen Männer, die für Graffitis beim Generalstreik 2 Jahre erhielten, war die junge Frau zu 1,5 Jahren Knast verurteilt worden, weil ihre Fingerabdrücke auf der Stange eines Transparents gefunden wurden, das ein verbotenes Symbol zum Inhalt hatte.
Zufälle aber auch! Die Madrider Audiencia Nacional hatte der Frau 10 Tage Zeit eingeräumt, sich zum Haftantritt zu melden, die baskische Ertzaintza kam schon am nächsten Tag vorbei, um sie vorzeitig abzuholen – ohne jeglichen Befehl. Bleibt als Erklärung nur Eigeninteresse, was für eine Polizeieinheit nicht nur undemokratisch ist, sondern korporativ äußerst bedenklich. Das Thema wurde öffentlich breit getreten, der Spott war sicher. Den abzureagieren ergab sich, als die Jugendliche, die sich vorsorglich 10 Tage versteckte und Interviews gab, wieder in der Öffentlichkeit erschien, umringt von hunderten von Freundinnen und Freunden. Um sich zu stellen versteht sich, diesmal sollte kein menschliches Schutzschild organisiert werden, das von der Polizei abzuräumen war. Dennoch konnte es den baskischen Schlägern nicht schnell genug gehen, sie droschen auf alles, was gerade im Weg stand. Unter anderem wurde einer 94-Jährigen das Handgelenk gebrochen, es gab mehrere Verletzte. (RB)
Massenprozess ohne Grundlage
Der Massenprozess gegen 28 Jugendliche, die wegen Mitgliedschaft in ETA (über die Jugendorganisation SEGI) angeklagt sind, geht in die entschiedende Phase. Zuletzt hatten unabhängige Gutachter ausgesagt, ihre wissenschaftlichen Untersuchungen hätten ergeben, dass die Aussagen von 9 der Jugendlichen, sie seien gefoltert worden, aller Wahrscheinlichkeit nach richtig sind – die spanische Justiz zweifelt dies regelmäßig an, obwohl sie in der jüngeren Vergangenheit von außerspanischen Gerichten und NGOs mehrfach der Folter überführt wurde. Auch in diesem Fall hatten die Gutachter das international anerkannte sogenannte Istanbul-Protokoll angewandt, das den Grad der Ehrlichkeit von solchen Aussagen überprüfen hilft. Dass die Staatsanwaltschaft am folgenden Tag die Anklage gegen 12 der 28 fallen ließ (keine ausreichenden Belastungsmomente) hatte nach eigener Aussage nichts mit dem Gutachten zu tun. Tatsache ist, dass die einzigen belastenden “Beweise“ die unter Folter erzwungenen Selbstbezichtigungen sind. Der Prozess ist damit vollends zu einer Farce geworden, die er vorher schon war. Ein Teil der nun Fallengelassenen hat nach der Verhaftung und Misshandlung ein Jahr in U-Haft verbracht – Tatsachen, die nicht wieder gut zu machen sind. Gegen die 16 verblieben Angeklagten fordert die Staatsanwaltschaft weiter sechs Jahre Haft. (RB)
Erneut Strafverlängerungen?
Auch nach dem Fiasko mit der willkürlichen und illegalen Strafverlängerung über die sogenannte Parot-Doktrin (Baskinfo berichtete mehrfach), die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Fall gebracht wurde und zur sofortigen Entlassung von ca. 80 Gefangenen geführt hatte, bastelt die spanische Regierung an Konstrukten, um die baskischen politischen Gefangenen solange wir irgend möglich im Gefängnis zu halten. Bisher wurde die Strafzeit, die manche Gefangene in französischen Knästen verbracht haben, auf die spanische Strafe angerechnet, sprich von ihr abgezogen. Das soll nun entfallen. Um diese Maßnahme zu legalisieren ist bereits ein Schnellgesetz in der Mache. Kritiker sagen, eine solche Regelung widerspräche einmal mehr dem europäischen Recht. Problem für die Spanier ist, dass Eile geboten ist, denn in der vergangenen Woche wurden auf Geheiß der Audiencia Nacional unter viel rechtslastigem Geheul zwei langjährige Gefangene entlassen, auf die die Neuregelung natürlich noch nicht angewandt werden konnte. Nun soll das Oberste Gericht entschieden, ob die AN richtig gehandelt hat. Am besten soll sie die Entscheidung rückgängig machen, die beiden Ex-Gefangenen sollen wieder rein in die Kiste. In dieser Richtung macht der neue Justizminister Druck und hat damit eine bisher einmalige Reaktion der OG-Richter ausgelöst: die verwahrten sich gegen politische Einmischung in ihre Entscheidungskompetenz und bestanden auf einem unabhängigen Charakter ihrer Entscheidung – als ob es eine solche Unabhängigkeit in den Jahrzehnten des Postfaschismus jemals gegeben hätte (wenn es um baskische Themen ging).