Die Zensur findet längst statt

Seite 1 des Flugblattes

 

/// Art. 13 / EU-Urheberrechts-Novelle ///

 

Der untenstehende Text wird in Berlin verteilt werden – und darf gerne auch anderenorts (im Bedarfsfalle: auch umformuliert) verwendet werden; die jeweiligen VerteilerInnen sollten sich vorher über den genauen Inhalt der in ihrem jeweiligen Bundesland geltenden Impressumspflicht informieren.

 


 

 

 

Berliner Staatsanwaltschaft klagt drei Berliner AutorInnen an, die sich 2017 gegen das seinerzeit verfügte Verbot des internet-Mediums linksunten.indymedia aussprachen

 

 

 

Vor rund 1 ½ Jahren wurde das linke internet-Medium linksunten.indymedia vom Bundesinnenministerium als „Verein“ klassifiziert und verboten. Seitdem ist es von Rechts wegen am Erscheinen gehindert egal, was für Inhalte es veröffentlichen möchte. Eine Gerichtsentscheidung über das Verbot steht weiterhin aus.

 

Trotzdem hat nun die Berliner Staatsanwaltschaft gegen unsdrei Berliner AutorInnen, die sich seinerzeit mit einer Erklärung gegen das Verbot wandten – wegen Unterstützung sowie Verwendung des Kennzeichens des verbotenen vermeintlichen Vereins vor der Staatsschutzkammer des Berliner Landgerichts Anklage erhoben. Die Anklage wurde uns am 12./13. März 2019 zur Stellungnahme zugesandt. Nach unseren Stellungnahmen wird das Gericht entscheiden, ob es die Anklagen zuläßt und ob es die Hauptverhandlung eröffnet.

 

Zu diesem Vorgang nehmen wir wie folgt Stellung:

Das, was wir tatsächlich getan haben, war: Das Verbot des internet-Mediums links­unten.indymedia zu kritisieren und einen Ausschnitt aus der Verbots-Verfügung zu dokumentieren. Zur Frage eines Vereins hatten wir uns in unserem anklage-gegen­ständlichen Text überhaupt nicht geäußert.

Das – auch bildliche – Zitieren der Verbotsverfügung (sei es ausschnitts­weise oder in Gänze [siehe nebenstehend]) war legal, ist legal und werden wir auch weiterhin praktizieren.

Nicht nur Ausschnitte der Verbotsverfügung, sondern sogar Original-screen shots des Logos des verbotenen elektronischen Presseerzeug­nisses linksunten.indymedia wurde von zahlreichen AutorInnen und Medien – auch und gerade nach dem Verbot – verwendet (s. nebenste­hend zwei Beispiele); uns ist bisher (außer unserem eigenen Fall) nur ein einziger Fall bekannt, der zu strafrechtlichen Reaktionen führte.

Die polizeilichen Ermittlungen in dieser Sache erfolgten ausschließlich wegen Ver­wendung des vermeintlichen Kennzeichens des vermeintlichen Vereins; nun wer­den wir von einer Anklage auch wegen „Unterstützung der weiteren Betätigung“ des vermeintlichen Vereins überrascht – obwohl sich der vermeintliche Verein seinem Verbot gefügt hat und sich gar nicht mehr betätigt…

Das, was wir tatsächlich getan haben, war aber allenfalls – falls es denn überhaupt einen Verein gab – (im juristischen Sprachgebrauch) für diesen Verein zu werben. Die Werbung für Vereine, die keine kriminellen oder terroristischen Vereinigungen (im strafrechtlichen Sinne) sind, sondern nur vereinsrechtlich verboten wurden, ist aber nicht strafbar – und sogar im Falle von sog. kriminellen und terroristischen Vereinigungen ist seit 2002 nur noch die Werbung um Mitglieder und UnterstützerInnen für solche Vereinigungen strafbar.

Die Berliner Staatsanwaltschaft tritt also nicht nur unser Grundrecht auf freie Meinungsäußerung mit Füßen, sondern versucht auch noch auf den Kopf des  parlamentarischem Gesetzgebers, der 2002 zumindest zwei Exzesse des deutschen politischen Strafrechts korrigierte, zu spucken.

Der Umstand, daß wir nun nicht nur wegen vermeintlicher Vereins-Kennzeichen-Verwendung, sondern auch wegen vermeintlicher Vereins-Unterstützung angeklagt wurden, führt dazu, daß nicht das regulär für die Sache zuständige Amtsgericht Tiergarten damit befaßt wurde/ist, sondern – als Sondergericht – die Staatsschutz­kammer beim Landgericht Berlin.

In der Anklageschrift wird – zutreffend – zitiert, daß wir uns zu dem (der Anklage vorausgehenden) Ermittlungsverfahren wie gefolgt äußert hatten: „Wir halten den Text nach wir vor für politisch richtig und außerdem für juristisch legal.“
Die Staatsanwaltschaft bringt es allerdings fertig, uns anzuklagen, ohne auch nur auf ein einziges der Argumente1, die wir schon während des Ermittlungsverfahrens öffentlich und zugleich mit Schreiben an die Staatsanwaltschaft sowohl gegen die strafrechtliche Verfolgung unserer Meinungsäußerung als auch gegen das Verbot des elektronischen Presseerzeugnisses linksunten.indymedia vorbrachten, zu antworten.

Weg mit dem Verbot von linksunten.indymedia!
Meinungsäußerungs-, Pressefreiheit und Zensurverbot verteidigen!
Gegen die AfD-isierung von Staat und Gesellschaft!

Peter Nowak / Achim Schill / Detlef Georgia Schulze

Die der Anklage zugrundeliegende Strafnorm: § 20 Vereinsgesetz: Zuwiderhandlungen gegen Verbote.

Aktuelles Interview mit radio dreyeckland (Freiburg) vom 22. März 2019:
https://rdl.de/beitrag/wir-wollen-linksunten-seiner-ganzen-pluralit-t-zu...

Bilder: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

Der Inhalt der verloren gegangenen Fußnote:

 

 

Siehe:

 

 

 

(weitere Links in der .pdf-Version des Artikels)