Zum angekündigten "Non Kongress" 2024 in Berlin

Geht es nach den Vorstellungen von „Gruppen und Einzelpersonen aus Wuppertal, Münster, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Offenburg“, soll Anfang 2024 in Berlin ein sogenannter „Non-Kongress“ durchgeführt werden. Wir haben da ein ganz mieses Gefühl.

 

Nach einem sog. „Kommunique Nr. Zero“ wurde gerade der Text „Kommunique Nr. One“ veröffentlicht mit der konkreten Ankündigung des geplanten Kongresses.(1)

 

Was genau geplant ist, bleibt verschwommen – u.a. auch deshalb, weil der Text viel mit fragwürdigen, oft biologischen Metaphern arbeitet. So wird etwa der weltweite Kapitalismus als „Krebsgeschwür mit Metastasen“ bezeichnet, es geht um die „diversen Wurmfortsätze der gescheiterten Linken“.

 

Gleich im ersten Absatz geht es zentral um eine angebliche „rigide Sprachpolitik“ der linken Bewegungen, das Thema Corona zieht sich durch den ganzen Text – Wagenknecht lässt grüßen.

 

Den existierenden linken Bewegungen wird Schwäche, Richtungslosigkeit und Anbiederung an die Herrschenden vorgeworfen.

 

„Da sich die erbärmliche radikale Linke in ihrer Liberalität immer weiter desavouiert hat durch Klima-Appell-Politik, Absegnung autoritärer Corona-Maßnahmen und Etablierung selbiger „von unten“, einer Nicht-Positionierung oder Unterstützung grüner Waffenlieferungenspolitik, können wir gemeinsam mit ihr kein revolutionäres Begehren mehr entwickeln. Nicht nur deshalb ist eine Orientierung an den globalen Aufständen, die eben nicht von der traditionellen Linken oder ihren Parteien und Gewerkschaften hervorgebracht werden, sondern sich oftmals erst gegen sie durchsetzen müssen, für uns die einzig mögliche Perspektive antagonistischer Politik in den Metropolen selbst.“

 

Vieles an der Kritik der linken Bewegungen wird sicher breit geteilt. Doch was wollen die Autor*innen der Einladung zum Kongress statt dessen?

 

In den Worten der ausführlich zitierten Ezra Riquelme (2):

 

„ ...Angesichts dessen gilt es, die Linke zu besiegen, d. h. die Aufhebung des Sozialen ständig aufrechtzuerhalten, um die Offenheit der Empfindsamkeit für die Realitätsebene der Seele zu ermöglichen. Kurz gesagt, die Präsenz der Lebensformen in ihrer ganzen Dichte zu erkennen, anstatt sie mit dem Blick der Herrschaft eines sozialen Wesens zu erfassen. Die Aufgabe von Revolutionären besteht nicht darin, “die Linke zu radikalisieren”, sondern die Linke sowohl in der Theorie als auch in der Praxis methodisch zu sabotieren...“

 

Neben krudem esoterischem Gerede scheint hier die „insurrektionalistische“ Spielform des Anarchismus eine neue Schleife zu drehen: War die „Zerstörung“ schon immer Mittel und Ziel zugleich, um der herrschaftsfreien Gesellschaft näher zu kommen, scheint nun die Zerstörung der linken Bewegungen selbst in den Fokus zu rücken.

 

 

 

Das Konspirationistische Manifest

 

Oft wird auf Frankreich und die dortigen Bewegungen verwiesen. Das vor einiger Zeit dort erschienene „Konspiratorische Manifest“, vermutlich aus dem Dunstkreis von Autor*innen des „Kommenden Aufstands“, scheint für die Autor*innen eine wichtige Referenz zu sein und wird auch direkt zitiert.

 

Wir haben das „Konspirationistische Manifest“ nicht gelesen – was wir an Zitaten im Netz gefunden haben, hat uns gereicht. U.a. geht es auch hier, wie in der Einladung zum „Non-Kongress“, viel um Corona.

 

So wird, in völliger Verkennung herrschender kapitalistischer Konkurrenz-Verhältnisse, von einer weltweiten Verschwörung aller Herrschenden zur Unterdrückung unkontrollierter Proteste 2020 schwadroniert. Eine weltweite Verschwörung aller Herrschenden - Anklänge an die antisemitischen sog. „Protokolle der Weisen von Zion“ und andere antisemitische Pamphlete sind unübersehbar.

 

Wer abschließend über „Rache für zwei Jahre weisse Folter“ spricht, hat die Welt nicht verstanden.

 

Die Frage muss ernsthaft gestellt werden: Ist das „Konspiratorische Manifest“ ein Querfront-Projekt? In den letzten Jahren haben diverse linke Personen und Gruppen einen solchen Weg eingeschlagen. Erinnert sei hier etwa an Dieter Dehm, der mittlerweile wie kürzlich in Dresden auch vor und mit organisierten Neo-Nazis auftritt (3); an das Brandenburger „Bündnis für Frieden“, das mit AFD-Anhänger*innen demonstriert (4); an die Berliner Friedenskoordination (FRIKO), die mittlerweile ein erklärtes Bündnis mit „Die Basis“ und „Freie Linke“ eingegangen ist (5).

 

Die Buchform des „Konspiratorischen Manifests“ ist beim erklärt rechtsoffenen Verschwörungs-Verlag „Sodenkamp & Lenz“ erschienen (6). Anselm Lenz, umtriebiger Aktivist der Schwurbel-Demos in Berlin seit Beginn, ist mittlerweile gern gesehenen Redner bei diversen rechtsextremen Events. So trat er 2022 nicht nur beim „Sommerfest“ des rechtsextremen „Instituts für Staatspolitik“ (IfS) auf (um hier gemütlich mit einem AFD-Kader zu plaudern) (7), sondern war auch beim „Sommerfest“ des rechten „Compact“-Verlags zu Gast. (8)

 

Besonders interessant ist hier eine Veranstaltung vom Januar diesen Jahres, bei der Lenz bei der „Winterakademie“ des IfS eingeladen war, um direkt über das „Konspiratorische Manifest“ zu reden (9). Lenz sagt hier vor versammelten Rechten u.a., dass es eine bewussste Entscheidung der Autor*innen gewesen sei, die Buchrechte an den rechtsoffenen Schwurbelverlag „Sodenkamp & Lenz“ zu geben.

 

Auch inhaltlich scheint das „Konspiratorische Manifest“ nach rechts anschlussfähig zu sein, was bei den skizzierten Inhalten auch nicht verwunderlich erscheint. So gibt es eine durchaus wohlwollende Besprechung in der IfS-nahen Zeitschrift „Sezession“. (10)

 

 

 

„Konspirations“-Veranstaltung im Jockel

 

Bereits Anfang Juni gab es in Berlin eine Veranstaltung zum „Konspirationistischen Manifest“ im Biergarten Jockel. (11)

 

Veranstaltet wurde die Veranstaltung von Menschen rund um die aktuelle „Magazin-Redaktion“, anscheinend ein der „Freien Linken“ und dem Querfrontaktivisten und „Laidak“-Besitzer Bernd Volkert nahestehender Zusammenschluss. (12)

 

Auf der entsprechenden Homepage findet sich u.a. auch ein ausführlicher Text von Thomas Maul, in dem nicht nur die Corona-Pandemie als „leichter Schnupfen“ bezeichnet wird, sondern der auch von Holocaust- und Nazi-Relativierungen sowie antifeministischen Aussagen durchzogen ist. (13) Die "Magazin-Redaktion" hat sich weit von allen emanzipatorischen Bestrebungen entfernt.

 

Wir wissen nicht wie weit es hier - jenseits der inhaltlichen Überschneidungen - auch persönliche und organisatorische Überschneidungen zwischen den Menschen, die die Veranstaltung im Jockel organisiert haben, und denjenigen, die für den "Non Kongress 2024" aufrufen, gibt.

 

 

Wie weiter?

 

Die weiteren Entwicklung zur Vorbereitungen des „Non-Kongresses“ sollte durchaus beobachtet werden.

 

Wir haben da ein ganz mieses Gefühl im Moment.

 

 

 

(1) https://nonkongress.noblogs.org/

(2) https://bonustracks.blackblogs.org/2023/03/05/die-linke-besiegen/

(3) https://www.tag24.de/dresden/politik-wirtschaft/querdenker-demo-in-dresd...

(4) https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/10/brandenburg-havel-demonstra...

(5) https://kontrapolis.info/9848/

(6) https://sodenkamplenz.de/

(7) https://www.youtube.com/watch?v=7idmsieIVHc ab ca. 4:03:00

(8) https://www.youtube.com/watch?v=Iw8o6b8Fq0M&list=PLAWiZCGHaksb523ugBaHxZ...

(9) https://www.youtube.com/watch?v=SkWkqdpkKq0 interessant u.a. ab 23:00

(10) https://sezession.de/67074/unsichtbare-gegner-das-konspirationistische-m...

(11) http://www.magazinredaktion.tk/index.php

(12) https://www.anarchistischefoderation.de/b-gegen-krieg-faschismus-und-querfront-fuer-einen-konsequenten-antimilitarismus-ohne-verschwoerungsideologie/

(13) https://www.magazinredaktion.tk/maul_corona.php

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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