Bericht vom 89. Prozesstag – Donnerstag, 09.03.2023

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Bericht vom 89. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 09.03.2023

Am 88. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden brachte die Verteidigung zwei Beweisanträge ein, die sich mit dem rechtlichen Hinweis vom letzten Prozesstag befassten. Zwei weitere Anträge thematisierten die Kostenübername eines Sachverständigen-Gutachtens und die Ablehnung des Adhäsionsantrag des Eisenacher Neonazis Maximilian Andreas. Zentral war an diesem Tag jedoch die Auseinandersetzung um den rechtlichen Hinweis. Auch am 89. Prozesstag endete die Beweisaufnahme nicht.

 

Prozessbeginn (14:05 Uhr): Ablehnung von Anträgen der Verteidigung

Der Prozess begann in Anwesenheit der rechten Nebenklagevertreter Hohnstädter und Hentze. Selbst Manuell Kruppe kam diesmal nicht verspätet.

Der Vorsitzende verkündete zwei Entscheidungen mit Bezug zum gestrigen Prozesstag. Die erste Entscheidung bezog sich auf die Beweisanträge im Zusammenhang mit der Gesundheits-App (im Rahmen der zweiten Erklärung nach §257 StPO durch die Verteidigung). Der Senat lehnte diesen Beweisantrag ab, da er ohne Bedeutung sei. Darin sollte nachgewiesen werden, dass der Beschuldigte am Abend des 18.10.2019 nicht in Eisenach gewesen sein könne, wovon der Senat, so der Vorsitzende, nach derzeitiger Sachlage auch ausgehe.

Der zweite Beschluss bezog sich auf den Antrag, für das Plädoyer eine Präsentation als visuelle Unterstützung nutzen zu können. Dieser wurde ebenfalls abgelehnt. Es sei nach §258 Abs. 1 StPO nicht vorgesehen, dass zum Plädoyer eine Präsentation gezeigt werde, das Wort müsse reichen.

Anschließend wollte die Verteidigung weitere Beweisanträge einbringen.

 

Beweisanträge der Verteidigung zum rechtlichen Hinweis – Beweisantrag 1: Tatortrekonstruktion Bahnhof Wurzen

Der Beweisantrag bezog sich auf den Tatkomplex Wurzen (siehe Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplex Wurzen). Die Verteidigung beabsichtigte, eine 3D-Tatortrekonstruktion im Bereich des Kiosks am Bahnhof Wurzen zu erstellen, hierfür soll das Videomaterial der Überwachungskamera des Kiosks genutzt werden.

Die bisherige Beweisaufnahme ergab, dass am 15.02.2020 höchstens sieben Personen am Angriff beteiligt waren. Diese Zahl stützt sich auf die Aussage des Zeuge B. am 13. Prozesstag, der angab, auf eine Gruppe von vier bis acht Personen gestoßen zu sein. Das deckt sich mit den Aufnahmen der Videoüberwachungskamera des Kiosks. Auf diesem sind sechs Personen sowie der Schatten einer weiteren Person zu sehen.

Die Verteidigung beantragte ein Sachverständigengutachten zur 3D-Tatortrekonstruktion. Damit soll bewiesen werden, dass die Gruppe aus maximal sieben Personen bestand. Zusätzlich soll die Kioskinhaberin Frau K. als Zeugin geladen werden. Sie stellte die Überwachungsvideos zur Verfügung. Die Kamera nimmt auf, sobald es zu Bewegungen in ihrer Nähe kommt. Sie war sehr sensibel eingestellt, weswegen die Aufnahme schon beginnt, wenn sie Schatten oder Lichtveränderungen wahrnimmt. Frau K. soll bestätigen, dass die Kamera sowie deren Einstellungen sich seither nicht verändert haben.

Zudem soll der Zeuge Marcel T., der bereits am 18. Prozesstag eine Aussage tätigte, erneut vernommen werden.Er hatte Angaben zu Bewegungsabläufen der Gruppe gemacht. Jedoch wurde der Zeuge durch keine verfahrensbeteiligte Person näher dazu befragt. Die Verteidigung mahnte hier nochmals an, dass ihnen das Video der Überwachungskamera erst unmittelbar vor der Zeug:innenvernehmung des T. gezeigt wurde.Folglich konnten sie sich nicht optimal auf die Zeug:innenvernehmung vorbereiten. Auch wenn die Angaben zur Gruppengröße seitens des Zeugen widersprüchlich waren, ergab sich aus der Aussage, dass keine Menschenmenge vor Ort war und damit kein Landfriedensbruch vorliegt.

Letztlich verwies die Verteidigung darauf, dass die Ermittlungsbehörden in einem anderen Strafverfahren bereits gegen sieben Person ermittelt. Juristisch ist der Sachverhalt so zu betrachten, dass, wenn lediglich sieben Personen an dem Angriff beteiligt gewesen sind, nicht mehr als sieben Personen beschuldigt sein können und auch nicht gegen mehr ermittelt werden kann. Der Hintergrund ist, dass eine Ermittlungsbehörde nicht mehr Beschuldigte als Tatbeteiligte führen darf. Demnach wird bei sieben Tatbeteiligten momentan gegen zu viele Personen ermittelt.

Im Anschluss daran äußerte der Vorsitzende, dass der Beweisantrag dazu nötige, darüber nachzudenken, ob sich dann mit den Vorwürfen gegen sämtliche Beschuldigte diesbezüglich zu befassen sei. Dies würde zu einer langwierigen und aufwendigen Beweisnahme führen.

 

Beweisantrag 2: Innenraumüberwachung

Der zweite Beweisantrag setzte sich aus zwei Teilen zusammen. Teil 1 befasste sich mit der Fahrzeuginnenraumüberwachung vom 15.02.2020 mit vermeintlichen Bezug zum Tatkomplex Wurzen. Bereits am 53. Prozesstag widersprach die Verteidigung einem Selbstlesekonvolut, das Unterlagen und Ermittler:innen-Interpretationen zu dieser beinhaltete. In der entsprechenden Aufnahme waren zwei unbekannte männliche Personen (UMP) zu hören, deren Stimmen vermeintlich die zweier Angeklagter sein sollen.

Im Eröffnungsbeschluss des Gerichts, so die Verteidigung, hieß es, dass die beiden Angeklagten an den Gegenprotesten gegen einen Neonazi-Aufmarsch am 15.02.2020 in Dresden teilnehmen wollten, sich aber auch dazu bereit erklärt hätten, an einem Angriff auf Neonazis in Wurzen teilzunehmen.

Jedoch deutet die Äußerung „rumlaufen mit den Kids“ auf eine unbestimmte Handlung, nicht aber auf einen zielgerichteten Angriff am Bahnhof Wurzen hin. Da auch der Begriff „Bezugsgruppe“ fiel, zeigt die Absicht, sich an den genannten Gegenprotesten zu beteiligen.

Die Bundesanwaltschaft (BAW) beschrieb die konstruierte Gruppe als sehr organisiert und eine sorgfältig planende, was ein hohes Maß an Vertrauen und Präzision voraussetzt. Die Mitnahme und der Einbezug von jungen und unbekannten Personen steht dem entgegen. Zudem zeigt die Frage, ob „Pfeffer“ mitgenommen werden soll, dass die UMP, die das formulierte, nichts von der angedachten Aktion wusste.

Anschließend wurden aus einem Antifa-Ratgeber über Verhalten auf Demos vorgelesen, womit gezeigt wurde, dass das Gespräch eines über übliche Demonstrationsabsprachen war. Alles von den beiden UMPen Genannte, so u.a. die Bekleidung sowie das Pfeffer, sind auch in dem Demo-Ratgeber zu finden.

In diesem Zusammenhang wurde beantragt, die beigefügten Fotos eines Demo-Fotografens anzuschauen. Diese sollen aufzeigen, dass es Sitzblockaden von vermummten und schwarz gekleideten Menschen gab. Zudem beantragte die Verteidigung, den polizeilichen Einsatzleiter der Polizeidirektion Dresden für die Demos an dem Tag zu laden. Dieser soll bestätigen, dass es versuchte und ausgeführte Angriffe auf Teilnehmer/innen des rechten Aufmarsches gab.

Im Weiteren beabsichtigte die Verteidigung eine Sprachnachricht, die einer der Angeklagten am 16.02.2020 schickte, einzuführen. In dieser wurde das Wochenende als „entspannend“ und „inhaltlich nicht so sinnvoll“ bezeichnet. Hier besteht eine große Diskrepanz zwischen dem Angriff (eher unentspannt, anstrengend) und der Sprachnachricht („entspannend“). Zugleich kann der Angriff als erfolgreich angesehen werden, was der Äußerung „inhaltlich nicht so sinnvoll“ entgegensteht. Diese ist vielmehr im Kontext der Teilnahme an den Gegenprotesten zu betrachten.

Teil 2 des zweiten Beweisantrags befasste sich mit der Knastentlassung einer angeklagten Person. Diese wurde in linken Zusammenhängen medial breiter begleitet. Zudem fand diese bereits ein Jahr vor dem Angriff in Wurzen statt. Folglich hätten die Beschuldigten in ihrem Chatgespräch nicht die hier angeklagte Person meinen können.

Im Rahmen der Knastentlassung gab es eine Party, die seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) observiert wurde. Die Verteidigung beantragte daher, den Präsidenten des BfV, Thomas Haldenwang, zu laden. Dieser soll bestätigen, dass sich ein konkreter der beiden Beschuldigten auf dieser Party aufhielt, um damit zu zeigen, dass es im Chatgespräch nicht über die hier angeklagte Person gemeint war.

Schlüter-Staats äußerte auf den Beweisantrag, dass dieser nicht abgelehnt werden könne und sich damit beschäftigt werden müsse. Danach sagte die Verteidigung, sie hat keinen weiteren Beweisantrag zum rechtlichen Hinweis, jedoch hatte sie noch zwei Anträge zu anderen Gegenständen.

 

Weitere Anträge der Verteidigung – Antrag 1: Kostenübername des Sachverständigen-Gutachtens

Der erste Antrag befasste sich mit der Kostenübername des Sachverständigen-Gutachtens des Kommunikationswissenschaftler Prof. Heinz Walter Schmitz durch die Staatskasse. Die Übernahme sieht die Verteidigung aufgrund der fehlenden Sachkunde des Gerichts als notwendig an. Schmitz war mittels Beweisantrag der Verteidigung am 56. Prozesstag geladen gewesen, um die Interpretation eines Gesprächs der mutmaßlich Angeklagten oder Beschuldigten, das als Beweismittel im hiesigen Verfahren angeführt wird, zu bewerten.

Die Verteidigung führte die Aussagen und Erkenntnisse von Schmitz aus. Dabei verwies sie auf Fehler und bewusste Unterlassungen oder Fehldeutungen seitens der BAW.

Schlüter-Staats unterbrach die Verteidigung und meinte, ein entsprechender Antrag sei bereits gestellt worden. Das bestätigte die Verteidigung und verwies darauf, dass das ein ergänzender Antrag ist, der in die Hauptverhandlung eingebracht wird, damit alle Anwesenden diesen hören können. Die Verteidigung konnte ihre Ausführungen fortsetzen. Jedoch unterbrach der Vorsitzende nach wenigen Augenblicken erneut, um zu hinterfragen, ob dies ein vorgezogenes Plädoyer sei. Die Verteidigung entgegnete, das Gesagte gehört hierher und setzte abermals fort. Nach wenigen Worten unterbrach Schlüter-Staats und entzog der Verteidigung das Wort.

So warf der Vorsitzende der Verteidigung vor, sie würde abschweifen und der BAW irgendwelche Fehler unterstellen. Diese könne die Verteidigung dann im Plädoyer ausführen. Damit entzog er der Verteidigung diesen Antrag betreffend für den heutigen Prozesstag das Wort und meinte zusätzlich, dies sei heute nicht zentral und der Antrag könne beim nächsten Mal fortgesetzt oder schriftlich eingereicht werden.

Die Verteidigung zeigte sich verwundert, warum der Vorsitzende ihr gerade an dieser Stelle das Wort entzieht, wo Kritik an der BAW geäußert wird. Daraufhin warf Schlüter-Staats der Verteidigung erneut vor, sie habe bereits vor dem Verfahren alles in der Hand gehabt, sodass sie das gleiche hätte sehen können, wie die BAW auch. Zudem sind, entsprechend der Verteidigung, neue Dinge passiert, die sie weiter begründen muss.

 

Zusammenfassung der Beweisanträge

Anschließend wollte Schlüter-Staats die Verhandlung fortfahren lassen. Die Verteidigung sagte, sie hat noch einen Adhäsionsantrag. Diesen stellte der Vorsitzende jedoch zurück. Danach beabsichtigte er, die bestehenden Beweisanträge zusammenzufassen, womit er sichergehen wolle, ob er diese inhaltlich richtig verstanden habe. Dem solle eine Pause folgen, in der diese diskutiert und womöglich entschieden werden sollen.

Schlüter-Staats fasste kurz den ersten Beweisantrag zusammen, wonach sieben Personen am Angriff beteiligt gewesen sein sollen, was die Überwachungsvideos zeigen sollen. Ansonsten seien keine weiteren Person vor Ort gewesen. Entsprechend erachte er es als relevant, wer in diesem Verfahren beschuldigt sei. Dazu meinte er, sein erster Gedanke dazu wäre, dass sich hier, sofern es sieben Personen gewesen seien, dann damit befasst werden müsse, welche der Beschuldigten aus Sicht des Gerichts beteiligt gewesen sei.

Sofern sich ein konkreter der beiden Beschuldigten auf dieser Haftentlassungsparty aufgehalten habe, wäre klar, dass der Chat nicht über die hier angeklagte Person geführt worden sein könne. Er wolle aber auch die BAW Stellung nehmen lassen.

Die Verteidigung wies daraufhin, dass die Beteiligten eines Chatgesprächs parallel noch andere Dinge machen. Die Interpretation, wonach die aus der Haft entlassene Person am Angriff beteiligt gewesen sein soll, ist schwierig. Dieser Chatausschnitt kann sich genauso auf gänzlich anderes beziehen. Zudem merkte die Verteidigung an, dass die Interpretationen in diesem Verfahren seit Beginn ein Problem sind. Seitens der BAW sowie durch den Vorsitzenden getätigte Deutungen haben sich als falsch erwiesen.

Die Oberstaatsanwältin der BAW, Alexandra Geilhorn, wollte darauf Bezug nehmen und behauptete, die  Interpretationen von Chatinhalten würden nie nur auf den Interpretationen selbst aufbauen, sondern unterläge immer einer Kette an Beweisen als Grundlage. Diese Äußerung rief bei der Verteidigung Unverständnis vor, im Zuschauer:innenraum führte es zu vereinzelten Lachern und Kopf schütteln.

Anschließend ging es in die Pause (15:26 Uhr).

 

Knastentlassungsparty

Nach Beendigung dieser (16:03 Uhr), erhielt die BAW das Wort, um Stellung nahmen zu können. Frau Geilhorn hielt sich kurz und meinte, sie hätten sich auf das Behördenzeugnis konzentriert. Sie halte es für eine Vermutung, dass der Beschuldigte an der Haftentlassungsparty teilgenommen habe.

Der Vorsitzende verfügte die Verlesung eines Behördenzeugnisses des BfV, das auf einer Observation der Party basiere und in dem einige der Partygäst:innen aufgeführt seien. Schlüter-Staats verlas Auszüge aus dem Observationbericht. Danach bewertete er den Beweisantrag der Verteidigung und kam zum Schluss, dass ein:e Mitarbeiter:in des BfV zu laden sei, jedoch müsse es nicht der BfV-Präsident selbst sein. Er versuche, eine BfV-Person bis zum kommenden Prozesstag vorzuladen, parallel dazu schicke er ein Lichtbild des Beschuldigten an das BfV, da die Observationsteams ihn eventuell gesehen haben könnten, ohne aber zu wissen, wer diese Person sei.

Zum anderen, dem ersten Beweisantrag, meinte Schlüter-Staats, dieser sei nicht ganz so zwingend, da er es aufgrund der Bauweise des Bahnhofs für nicht ausgeschlossen halte, dass mehrere Gruppen vor Ort gewesen seien. Das Überwachungsvideo lasse keine tatsächlichen Rückschlüsse auf die Anzahl der beteiligten Personen zu.

Die Verteidigung beantragte noch einen Gerichtsbeschluss zum abgelehnten Antrag einer Präsentation als visuelle Unterstützung für die anstehenden Plädoyers. Der Vorsitzende ließ das protokollieren und meinte, dass der Gerichtsbeschluss am nächsten Prozesstag käme.

 

Weitere Anträge der Verteidigung – Antrag 2: Adhäsionsantrag

In diesem beantragte die Verteidigung vom Adhäsionsantrag des Eisenacher Neonazis Maximilian Andreas (war als Zeuge am 28. und 29. Prozesstag geladen) abzusehen. Der Antrag sieht sie als unzulässig an, da sich der Vergewaltiger und politische Verräter Johannes Domhöver (J.D.) in seinem Verfahren vorm Landgericht Meiningen bereit erklärt hat, 1.000,-€ Schmerzensgeld an den Neonazis Andreas zu zahlen. In dessen Adhäsionsantrag wird diese Tatsache aber verschwiegen. Es muss demnach überprüft werden, ob die Zahlung schon erfolgte, zudem ist die Beiziehung des Protokolls der Hauptverhandlung vor Landgericht Meiningen erforderlich.

Zudem besteht kein Grund für den Antrag, vor allem das dieser erst über drei Jahre nach dem Ereignis (siehe Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplex Eisenach II – Leon Ringl) gestellt wurde. Gleichzeitig ist das geforderte des Schmerzensgeldes überhöht. So gab Andreas in seiner Zeug:innenaussage vor Gericht am 28. Prozesstag an, dass er nur Prellungen und blaue Flecke hatte und für einige Tage krank geschrieben war. Zudem war Andreas in der Lage, unmittelbar nach dem Angriff zu einer Aussage im Polizeirevier zu erscheinen und dort Fotos vom Vernehmungsprotokoll zu machen und auf denen die Namen der damals Festgenommenen zu lesen waren.

Schlüter-Staats bat den Nebenklagevertreter von Andreas, Michael Hentze, dies mit seinem Mandanten zu besprechen. So sei nach dem Vorsitzenden die anderweitige Rechtshängigkeit nicht geklärt, auch wenn J.D. bezahlt habe. Die Verteidigung machte den Vorsitzeden darauf aufmerksam, dass das nicht richtig ist, was er sagte. Im Adhäsionsverfahren ist es so, dass es nicht woanders anhängig gemacht werden kann.

 

Fortsetzung von Antrag 1: Kostenübername des Sachverständigen-Gutachtens

Danach forderte die Verteidigung, den vorhin abgebrochenen Antrag zu Ende führen zu können. Der Vorsitzende ließ das zu, meinte jedoch, es müsse sich auf die Passagen, die Bezug zum Sachverständigen Schmitz haben, reduziert werden.

Nachdem die Verteidigung begann, die Verlesung des Antrags fortzusetzen, unterbrach der Vorsitzende und meinte, diese Stelle sei schon vorgetragen worden. Es solle sich auf den Sachverständigen fokussiert und der Rest weggelassen werden. Ansonsten solle die Verteidigung den Antrag schriftlich einreichen. Die Verteidigung merkte an, dass das kein Geplänkel ist, was sie vorträgt und kritisierte den Vorsitzenden, dass dieser die Verteidigung abermals an der Stelle unterbricht, wo sie die BAW kritisiert.

Wiederholt beginnt die Verteidigung fortzufahren, wiederholt unterbricht Schlüter-Staats nach wenigen Worten und entzog der Verteidigung das Wort. Die Verteidigung forderte danach einen Gerichtsbeschluss für das Vorgehen des Vorsitzenden. Schließlich ließ der Vorsitzende den Vorgang protokollieren. Währenddessen merkte die Verteidigung an, dass sie besorgt über das Agieren des Vorsitzenden ist. Dieser gefährdet damit das Verfahren. Zudem kritisierte die Verteidigung, dass sie einen für sie so wesentlichen Antrag nicht vortragen kann, ohne unterbrochen oder im Wort abgeschnitten zu werden durch den Vorsitzenden.

Danach fand eine zehnminütige Pause (16:36 Uhr) statt, in der der Senat sich über den Gerichtsbeschluss beriet. Nachdem der Senat zurückkehrte, bestätigte dieser das Vorgehen des Vorsitzenden. So sei eine ergänzende Begründung eines Kostenantrages nicht notwendiger Bestandteil der Hauptverhandlung. Die Verteidigung solle diesen einfach schriftlich einreichen. Er werde dann zu den Unterlagen des Kostenantrages gelegt.

 

Weiterer Fahrplan

Die Verteidigung erfragte, wie sich der Vorsitzende die weitere terminliche Planung vorstellt. Der Vorsitzende sagte, er stimme dem Antrag hinsichtlich der Ladung einer:eines BfV-Mitarbeiter:in zu, dem anderen Antrag hingegen nicht. Er plane, die:den BfV-Mitarbeiter:in zum kommenden Prozesstag zu laden, ansonsten bestehe momentan kein Fahrplan. Er sei aber bestrebt, so schnell wie möglich zum Ende zu kommen.

Inwieweit in der kommenden Prozesswoche bereits die Plädoyers beginnen könnten, ließ der Vorsitzende offen. Er meinte zum Schluss nur, dass die:der BfV-Mitarbeiter:in eventuell nichts beitragen können und das Gericht nicht auf der Party zugegen gewesen sei. Daher müsse geschaut werden, wer zugegen gewesen sei und ausdrücklich wisse, ob der Beschuldigte vor Ort gewesen sei oder nicht.

Damit endete der 89. Prozesstag gegen 16:50 Uhr.

Der nächste Prozesstag ist Mittwoch, der 15.03.2023 um 09:30 Uhr am Oberlandesgericht Dresden.

 

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