Bericht vom 61. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 03.08.2022

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Bericht vom 61. Prozesstag – Mittwoch, 03.08.2022

Der Prozesstag umfasste die Befragung Johannes Domhövers (im Weiteren abgekürzt mit J.D.) durch den Senat, die Oberstaatsanwältin der Bundesanwaltschaft Alexandra Geilhorn sowie den Neonazi-Nebenklagevertreter Arndt Hohnstädter. Die Befragungen umfassten den Tatkomplex Eisenach II, wobei es vorrangig um die Beteiligung von J.D. an dem Angriff sowie sein Wissen zum Tatablauf, der Planung und weiteren Vorkommnissen im Nachgang ging.

Den Prozesstag begleitende Kundgebung

Auch dieser Prozesstag begann mit einer Kundgebung vor dem OLG Dresden. Erneut kamen solidarische Personen unter dem Motto „Unsere Solidarität gegen politischen Verrat“ zusammen. Eine feministische Perspektive auf den Komplex war thematischer Kern dieser Kundgebung, wobei die Organisator:innen vorrangig einen Austausch über die Unterstützung patriarchaler Gewalt durch Männerbündelei in unserer Bewegung anregen und deren antifeministische Grundhaltung thematisieren wollten.

 

Im Saal/Zuschauer:innenraum

Der Andrang von Pressevertreter:innen war im Vergleich zum vorherigen Prozesstag geringer, sodass mehr solidarische Menschen im Saal Platz nehmen konnten. Doch nicht nur solidarische Personen, sondern auch ein aggressiv auftretender Rechter war zugegen, der bereits mehrfach durch verbale und körperliche Angriffe gegen Personen vorm Gerichtsgebäude auffiel. Dieser hatte sich schon in den frühen Morgenstunden angestellt und mit den Einsatzkräften verbündelt, sodass sein Reinkommen nicht verhindert werden konnte.

Vor Prozessbeginn wurde erneut eine Person in den Saal gelassen, um die Prozessbeteiligten zu filmen. Sie hielt mehrfach auf die Zuschauenden, aber vor allem schien sie in Frau Geilhorn ein gesuchtes Filmobjekt gefunden zu haben. Diese stellte das Strafgesetzbuch vor sich auf und lächelte, sofern ihr das möglich ist, minutenlang in die Kamera.

Der Prozess begann um 09:42 Uhr in Anwesenheit der Nebenklagevertreter Kruppe, der mal Tripp hieß, (vertritt Leon Ringl) und Hohnstädter (vertritt Enrico Böhm und Maximilian Andreas). Der Vorsitzende Schlüter-Staats fragte den Gebäudechef des Gerichts, wie viele Personen draußen noch anstehen würden. Als dieser meinte, es seien noch einige, rügte der Vorsitzende die bereits anwesenden Zuschauer:innen einerseits und gab sich andererseits großzügig. So meinte er, er warte, bis das Einlassprozedere vorbei sei und alle Zuschauer:innen im Saal; zugleich unterstellte er dem Publikum erneut, sich zu spät angestellt zu haben. So meinte er, die Zuschauer:innen sollen sich eine Stunde vor Prozessbeginn anstellen, dann würden solche Verzögerungen nicht auftreten. Auf den Hinweis seitens des Publikums, dass ein Großteil der Personen seit 08:00 Uhr anstand und das Einlassprozedere, welches erst 08:45 Uhr beginnt, die Verzögerungen hervorruft, ging der Vorsitzende nur insoweit ein, dass er meinte, die zuständigen Beamt:innen würden ihn schon nicht anlügen; die Äußerung unterstellte dem Publikum jedoch zu lügen. Selbst Pressevertreter:innen missfiel das Gesagte seitens des Vorsitzenden; doch leider war das nur in Kopfschütteln und Gesprächen im Nachgang wahrzunehmen und nicht durch verbale Interventionen in der Situation bzw. später vor Ort.

Danach ging der Vorsitzende allmählich zum Prozessgeschehen über und meinte, er plane weitere Termine für die Aussagen von Johannes Domhöver im Oktober ein, sei aber hoffnungsvoll, bereits Ende September das Thema beenden zu können. Zudem nehme er an, dass zum Thema Akteneinsicht des Nebenklagevertreters Hentze keine weiteren Stellungnahmen kommen.

 

Befragung des J.D. zu Eisenach II

Gegen 09:55 Uhr kam der Vergewaltiger und politische Verräter J.D. mit seinem obligatorischen Personenschutz: Acht bewaffnete und becapte Männer mit schusssicheren Westen und einer großen Dichte an Flanellhemden begleiteten ihn hinein; von diesen blieben sechs im Saal und positionierten sich erneut so, dass sie sowohl das Publikum als auch die Angeklagten dauerhaft im Blick hatten. Auch dieses Mal kam J.D. ohne einen Blick in das Publikum oder auf die Angeklagten zu werfen in den Saal und setzte sich neben seinen Rechtsbeistand Stephan an den Vernehmungstisch. Abermals war sein Blick starr gen Senat gerichtet.

Da das Brimborium um den Auftritt von J.D. samt Gefolgschaft seine Zeit dauert, ging die Befragung durch den Senat erst 10:00 Uhr weiter. So setzte ein Senatsmitglied seine Befragung vom 60. Prozesstag fort.

 

Exkurs: Wahrnehmungen zum Kronzeugen

An dieser Stelle soll das Auftreten von J.D. kurz erläutert werden. Abermals richtete er seinen Blick beim Betreten sowie Verlassen des Saals nicht in den Raum sowie zu den Zuschauer:innen, sondern starrte steif auf die Personenschützer. Sobald er saß, blickte er lediglich den Senat an, einzig bei der Befragung durch Frau Geilhorn sowie während der Nutzung eines Bildschirms wandte J.D. seinen Blick vom Senat ab.

J.D. wirkte nervöser oder zumindest unkonzentrierter als am vorherigen Tag, so erbat er sich öfters eine Denkpause nach einer Frage, nur um im Anschluss daran die Frage nochmals wiederholt zu bekommen. Ebenso häufig begann er zu antworten, korrigierte sich aber während der Antwort selbst. Auch der Senat intervenierte häufiger, um zu ermitteln, ob J.D. nun seine erlebte Erinnerung wiedergab oder ob er Vermutungen anstellte, die vorrangig auf irgendwelchen anderen Erlebnissen beruhten, aber keinen Bezug zum Tatkomplex Eisenach II aufwiesen. So wiederholte ein Senatsmitglied mehrmals den Hinweis, dass es in Ordnung sei, wenn er eine Frage nicht beantworten könne. Nicht selten beantwortete J.D. eine gestellte Frage auch nur scheinbar: Er erzählte zwar lang und ausschweifend, aber auf die eigentliche Frage nahm er keinen oder nur bedingt Bezug.

Nahezu im 30 Minutentakt musste J.D. durch Zuschauer:innen aufgefordert werden, doch lauter und vor allem ins Mikrophon zu sprechen.

 

Der lange Weg nach Eisenach

Eingangs fragte das Senatsmitglied, wo er in Berlin zum Zeitpunkt des Tatkomplexes Eisenach II (siehe den Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplexe Eisenach II – (Leon Ringl)) gewohnt habe. J.D. meinte, dass dies in der Gürtelstraße in Friedrichshain gewesen sei, korrigierte sich aber sogleich und meinte, er habe in der Gaudystraße, Prenzlauer Berg, in der Nähe des Mauerparks gewohnt. Anlass der Frage war es, abschätzen zu können, wie weit bestimmte Entfernungen gewesen seien. Es stellte sich heraus, dass die Entfernungen zwischen der Arbeit, dem geliehenen Auto und dem weiteren angeblich Beteiligten fast alle fußläufig gewesen seien, sein Wohnort war jedoch weiter entfernt.

Das Senatsmitglied erfragte im folgenden Details, die die Anreise sowie die Situation in Eisenach betrafen. So wollte er wissen, weshalb J.D. sein privates Mobiltelefon nicht mitführte, worauf dieser entgegnete, er wollte konspirativ anreisen. Damit sei gemeint, dass es zu vermeiden sei, durch eine etwaige Funkzellenauswertung in den Kreis Verdächtiger zu geraten. Daher habe er auch Bargeld mitgeführt und dies zum Tanken genutzt, da diese Zahlungsmethode entpersonalisiert sei. Danach begann ein kurzes Rätselraten hinsichtlich des Parkplatzes, den J.D. angefahren haben soll. J.D. habe sich den Namen nicht gemerkt, vermutete aber, dass der Name mit einem „T“ begonnen habe. Das Senatsmitglied wollte mit sechs möglichen Parkplatz-Namen auftrumpfen, die seiner Meinung nach entlang des von J.D. beschriebenen Weges auf der A9 hätten liegen sollen, doch keiner begann mit dem entsprechenden Buchstaben, an keinen der genannten konnte sich J.D. erinnern. Da es, so die Selbsterkenntnis, rein spekulativ sei, hier des Rätsels Lösung zu bieten, verbleibe er bei „T“.

Der Name des Parkplatzes sei bereits im Vorfeld bekannt gewesen; der andere Tatbeteiligte habe im Vorfeld den Weg angeschaut; letztlich hätten sie sich anhand der Beschilderung und der Ausfahrten orientiert. Anschließend daran ging es nochmals um die durch ihn beschriebene Situation im Tunnel in Jena, wobei er geblitzt wurde. So erinnere er sich, dass das zweite Auto wohl doch kein silberner Golf gewesen sein kann, sondern ein anderes Auto mit einer dunkleren Farbe. Das von ihm genutzte Auto sei von der Länge her ähnlich wie der Golf, jedoch sei es ein längeres Auto gewesen, welches neben ihnen gefahren sei.

Anschließend war die Fahrt nach Eisenach, in die Stadt hinein und um das „Bull’s Eye“ herum ein zentrales Thema. So wurden J.D. u.a. mehrere Google-Maps-Auszüge vorgelegt. J.D. holte sich am Senatstisch die jeweiligen Ausdrucke, dabei vermied er tunlichst, den Blick zu den Angeklagten oder dem Publikum zu richten. Auf dem ersten Auszug zeichnete er den Weg ein, welchen er mit einem der Beschuldigten genutzt habe, um einmal den Weg vom „Bull’s Eye“ zu der Wohnung des Neonazis Leon Ringl abzufahren. Dabei erwähnte er, erstmals vor Ort gewesen zu sein.

Vor Ort sollen J.D. und einer der Beschuldigten auch eine Begehung gemacht haben. So sei das Auto in der Nähe des Hauptfriedhofes abgestellt worden. Angesprochen auf eine Überwachungskamera – diese gehört zu der Firma Feuerstein und war bisher an den Prozesstagen 33 , 40, 52 und 54 Thema – meinte er zwar nicht mehr zu wissen, an was für einem Gebäude sich diese befunden habe, aber es sei gefühlt eine Kamera mit 360-Grad-Radius gewesen; und diese habe sich an einem Gebäude befunden, dass nicht auf der Straßenseite der Kneipe stünde. Als sie den Weg vom „Bull’s Eye“ zurück zum Auto abgegangen seien, hätten sie versucht, nicht in die Kamera zu schauen. Von der Überwachungskamera selbst habe er bereits im Vorfeld gewusst. Diese Angabe korrigierte er einen Augenblick später und meinte, eventuell haben sie diese auch erst beim Achtgeben auf Kameras bemerkt. Das Senatsmitglied fragte, woher das Wissen zur Kamera hätte stammen können. J.D. meinte daraufhin, dass der Beschuldigte bereits zuvor vor Ort gewesen sei, er es also bereits gewusst habe oder beide hätten es erst bei der Begehung wahrgenommen – beides sei denkbar.

Die Tatsache, dass dort eine Kamera gewesen ist, schien J.D., sofern seine Aussagen stimmen, nicht davon abzuhalten, 14 Mal an diesem Abend durch eben diese zu fahren und auch noch davor zu parken, sodass anschließend Teile des Nummernschilds durch das LKA vermeintlich identifiziert wurden.

 

Kartenlesen muss geübt sein

Im Weiteren Verlauf habe es einen „Testlauf“ gegeben: So seien sie vom „Bull’s Eye“ bis zur Wohnung von Leon Ringl gefahren, an einem bestimmten Punkt hätte J.D. dann abbiegen und nach Hause fahren sollen. J.D. habe mit dem Beschuldigten die Route wohl ein- bis zweimal abgefahren, anschließend sei der Beschuldigte in der Nähe der Wohnanschrift des Leon Ringl ausgestiegen. Die Gruppe habe J.D. dort vor Ort nicht gesehen. Das Senatsmitglied erfragte, ob der Bereich einzugrenzen sei. J.D. meinte, er könne sich an einen kleinen Fluss erinnern, der dort gewesen sei, an eine Kreuzung hingegen nicht, nur dass er einmal abgebogen sei. Das Senatsmitglied legte ihm einen weiteren Google-Maps-Auszug vor; dieser zeige das nähere Wohnumfeld von Ringl. J.D. solle sich orientieren und erbat sich etwas Zeit hierfür. Nach mehreren Augenblicken meinte er, er sei eher visuell veranlagt, könne es auf der Karte nicht rekonstruieren, sondern würde eine Möglichkeit benötigen, auf der er den Weg nachfahren könnte. Der Vorsitzende drängte J.D. die Karte zu nutzen und nannte ihm Orientierungspunkte, was die Verteidigung kritisierte. Der Vorsitzende fragte J.D. wiederholt, ob er sich orientieren könne, ob er wisse, wo die Wohnung von Ringl sich befände; doch J.D. schien komplett orientierungslos und meinte, er würde eine andere Karte benötigen, dabei verwies er erneut auf seine visuelle Orientierung.

 

Die lange Nacht vor dem "Bull’s Eye"

Das Senatsmitglied kam kurz auf den zuvor erwähnten Fluss zurück und wollte wissen, ob er in dessen Nähe den Beschuldigten abgesetzt habe, was J.D. bejahte. Danach sei er zum „Bull’s Eye“ zurückgefahren und habe gegenüber diesem geparkt. Als er die Position eingenommen habe, habe er dies telefonisch an die wartende Gruppe durchgegeben. Im Laufe des Abends habe er die Parkposition mehrmals geändert, zudem sei er zwischenzeitlich mehrmals um den Block gefahren. Währenddessen habe er wiederholt telefonisch mitgeteilt, was vor Ort geschähe. Vor der Kneipe sei, ausgenommen eines Streits, nicht viel los gewesen. Gefragt, ob er länger mal weg gewesen sei, meinte J.D., dies könne durchaus sein. Als das Senatsmitglied nachfragte, ob er eine konkrete Erinnerung daran habe, musste J.D. das verneinen.

Sicher sei er hingegen – sogar ganze 100 Prozent –, dass es kein Treffen zwischen ihm und der wartenden Gruppe gegeben habe, sondern sich der Kontakt auf Telefonate beschränkt habe.

Das Senatsmitglied ging über zur Situation, als Ringl aus der Kneipe herauskam; dabei wollte er wissen, ob dieser die Route gefahren sei, die J.D. zuvor mit dem Beschuldigten abgefahren sei. Dies bejahte J.D. und gab den Weg wieder, welcher gefahren worden sei. In dem Moment, ab welchem ihm klar gewesen sei, dass Ringl zu seiner Wohnung abbiegen würde, habe er die Gruppe kontaktiert und den bereits genannten Beschuldigten erreicht. Dieser sei genervt gewesen, dass die Meldung erst so spät erfolgt sei.

J.D. sei zunächst davon ausgegangen, dass Ringl aus dem Haupteingang kommen würde, habe diesen deswegen erst später draußen wahrgenommen. Dann habe er vermutet, sie hätten ein Ablenkungsmanöver versucht, als sie die einzige Kreuzung auf dem Weg ansteuerten, so sei es zu der Verzögerung gekommen, die den Anfang von einem, wie er sagte, „Chaos“ darstellte.

Das Senatsmitglied wollte in die Situation nochmals vertiefen und stellte mehrere Nachfragen, die folgende Erinnerung bei J.D. preisgaben: So sei Ringl aus dem Seiteneingang herausgekommen und zu diesem Zeitpunkt habe J.D. den telefonischen Kontakt versucht herzustellen, was mit dem Losfahren auch funktioniert habe. Während der Fahrt habe er lediglich mit dem Beschuldigten gesprochen. Er habe nicht gewusst, wo sich der Beschuldigte zu dem Zeitpunkt konkret aufgehalten habe. Zudem äußerte er sich nochmals zu der „Standleitung“, die bestanden haben soll. Eigentlich sei das Telefonat nur so lange geplant gewesen, bis Ringl abbiegt, jedoch habe er in der Hektik vergessen, aufzulegen, wodurch das Gespräch weitergelaufen sei. Auch habe er gar nicht hören wollen, was am anderen Ende zu hören gewesen wäre.

 

Da muss etwas schief gelaufen sein

Im Anschluss wurde die Rückfahrt des J.D. näher betrachtet. So sei ihm kein Gespräch in Erinnerung geblieben, in dem es um die Mitnahme eines angeblich Tatbeteiligten zurück nach Berlin gegangen sei. Auch habe er keine Erinnerung daran, ob es Absprachen wegen eines etwaigen Anschlusstreffpunktes oder der Mitnahme anderer angeblich Tatbeteiligter gegeben habe. Er sei, mit kurzer Pause so 60 bis 70km nach Eisenach, direkt nach Leipzig gefahren. Nachdem er Eisenach verlassen habe, habe er auch bemerkt, dass das Telefonat noch liefe: Und das bereits seit neun oder zehn Minuten. Ihm sei dies komisch vorgekommen; er habe bereits da vermutet, dass etwas schief gelaufen sei. Er versuchte anschließend mehrmals die Gruppe telefonisch zu erreichen. Alle Anrufversuche seien gescheitert. Er habe das Telefon dann ausgeschaltet. Entsorgt habe er es vor Leipzig. Entweder habe er es aus dem Fenster geworfen oder in einem Mülleimer während eines weiteren Stopps gelegt. Das Telefon habe er nicht nochmals eingeschaltet, nachdem es aus gewesen sei.

Danach sei er in die Wohngemeinschaft zweier angeblich Tatbeteiligter nach Leipzig-Connewitz gefahren. Auch diese Situation betreffend stellte das Senatsmitglied Nachfragen. In der WG sei J.D. auf eine mitbewohnende Person sowie eine weitere Person gestoßen. Er habe zu beiden gemeint, es sei in Eisenach etwas schief gelaufen und sie sollten eventuell Vorkehrungen treffen, falls es zu Hausdurchsuchungen kommen sollte – konkret habe er ihnen mitgeteilt, dass sie „aufräumen“ sollten. Die beiden in der WG anwesenden Personen haben nach seiner Erinnerung die Information zur Kenntnis genommen, an etwaige Gefühlsregungen ihrerseits könne sich J.D. nach drei Jahren nicht erinnern, auch wisse er nicht, was sie gemacht hätten, nachdem er die Wohnung wieder verließ. Im Wechselspiel zwischen Fragen und Antworten meinte J.D., dass er Eisenach nicht erwähnt habe, da er nicht wusste, ob die beiden Personen mit der Aktion etwas hätten anfangen können.

Er sei ungefähr 15 Minuten dort gewesen. Danach sei er direkt nach Berlin zu seiner Wohnung in der Gaudystraße weitergefahren. Dort habe er seinen Computer eingeschaltet und sei bei Jabber online gegangen, um zu sehen, ob eine der angeblich tatbeteiligten Personen online sei. Ein Beschuldigter wäre online gewesen, an weitere Personen könne er sich nicht mehr erinnern. Aus dem gemeinsamen Chat habe sich ergeben, dass es zu Festnahmen gekommen sei. So sei ein angeblich Tatbeteiligter aus Berlin festgenommen worden. Er habe sich schließlich den Schlüssel zu dessen Wohnung besorgt und sei zu dieser gefahren. In der Wohnung habe er Gegenstände mitgenommen, die bei einer etwaigen Hausdurchsuchung in das Tatschema passen würden. Aber ebenso elektronische Speichermedien sowie Gegenstände, die Bezug zu Kampfsport herstellen könnten, habe er mitgenommen. Die entsprechenden Gegenstände habe er entweder in der eigenen Wohnung oder seinem Keller verwahrt. Jedoch habe er lediglich oberflächlich geschaut und nur jene Gegenstände mitgenommen, die sofort ersichtlich waren. Später habe er der Person die Gegenstände zurückgegeben.

Danach kam das Senatsmitglied nochmals auf die zuvor erwähnte Jabber-Kommunikation mit einem der Beschuldigten zurück. J.D. könne sich nur an diese Kommunikation via Jabber erinnern, mit anderen angeblich Tatbeteiligten, die nicht festgenommen worden waren, habe er nicht kommuniziert. Inhalt des Gesprächs sei gewesen, Schadensbegrenzung zu betreiben; die zuvor genannte Wohnung hinsichtlich einer möglichen Hausdurchsuchung aufzuräumen. Gefragt, ob Verhaftungen thematisiert worden seien, meinte J.D., dass er sich daran heute nicht mehr erinnern könne. Doch diese Erinnerung könne sich auch mit späteren mischen. Er könne auch nicht mehr sicher sagen, ob er zu diesem Zeitpunkt oder später via Jabber von dem Beschuldigten erfahren habe, wie dieser entkommen sei; jedoch meine er, es sei erst während einer späteren Jabber-Kommunikation thematisiert worden.

Daran anschließend war kurz die Nutzung von Einzel- und Gruppenchats via Jabber und deren jeweilige Sicherheit Thema. Danach machte der Vorsitzende einen thematischen Sprung und wollte in Erfahrung bringen, wie die Spitznamen des Beschuldigten gewesen wären. Den Jabber-Namen habe er schon genannte, meinte J.D. daraufhin. Der Vorsitzende wurde konkreter und wollte die geläufigen Spitznamen erfahren. So wisse er selbst, dass J.D. als „Brecher“ bekannt gewesen sei. J.D. lachte und nannte daraufhin zwei vermeintliche Spitznamen des Beschuldigten.

Abermals kam der Vorsitzende auf den Chat mit dem Beschuldigten zurück. So wollte dieser wissen, wann der Austausch zeitlich via Jabber stattgefunden habe. J.D. entgegnete, dies sei wohl zwischen 10:00 und 11:00 Uhr gewesen, was er entsprechend der Fahrzeiten errechnet habe.

Gefragt, ob der Beschuldigte auf dem Weg nach Eisenach sein Smartphone mitgeführt habe, meinte J.D., er habe keines dabei gehabt bzw. habe er keines gesehen.

Im Anschluss an diese Frage gab es eine erste Pause, welche die Verteidigung zuvor mehrfach erbeten hatte.

Nach dieser verblieb der Vorsitzende bei Fragen zur Jabber-Kommunikation. J.D. verwies auf bereits Gesagtes: Er könne sich nicht erinnern, ob er mit dem Beschuldigten darüber kommuniziert habe, wie sich dieser der Festnahme entzogen habe. Zugleich sei zu diesem Zeitpunkt nicht über die Festnahmen kommuniziert worden. Ebenso könne er sich nicht erinnern, ob während der Jabber-Kommunikation von der Polizei die Rede gewesen sei. J.D. sei erst im Nachgang der Geschehnisverlauf allmählich bekannt geworden.

Dieser – auf das Thema Jabber-Kommunikation und Festnahme bezogene – Gesprächsausschnitt zwischen Vorsitzenden und J.D. war ein Exemplarischer: Während der Vorsitzende bereits gestellte Fragen wiederholte oder eigentlich bereits Gesagtes nochmals erfragt – die Verteidigung markierte dies zumeist als nicht-zuhören seitens des Vorsitzenden –, beantwortete J.D. wiederholt gar nicht die gestellte Frage, sondern verkam eher in ein unpräzises Erzählen.

Danach setzte das Senatsmitglied wieder mit seinen Fragen ein. Er gab J.D. einen weiteren Google-Maps-Auszug. Auf diesem sollte dieser die WG zweier angeblich Tatbeteiligter in Connewitz ausmachen. J.D. markierte auf dem Kartenausschnitt die vermeintliche Lage der WG. Zusätzlich zog das Senatsmitglied die Aussage des J.D. vom 01.05.2022 heran und gab diese zu Protokoll. Diese umfasste eine Skizze, die J.D. von der WG angefertigt habe. Die folgenden Fragen des Vorsitzenden bezogen sich auf die Skizze und ob J.D. diese angefertigt habe, was dieser bejahte; im Weiteren ging es um die Zusammensetzung der WG und die Zimmerbelegung. J.D. sei mehrmals in der Wohnung gewesen.

 

Nach Eisenach II – Hausdurchsuchungen und weitere Treffen

Das Senatsmitglied bezog sich in der nachfolgenden Frage auf Aussagen des J.D. vom letzten Prozesstag (60. PT am 28.07.2022) zu einem angeblichen „Nachtreffen“ bei Weimar. So wollte das Senatsmitglied wissen, wann dieses ungefähr stattgefunden habe. J.D. rechnete etwas herum, bezog die Witterungsbedingungen in seine Überlegung ein und meinte, dass dieses Treffen wohl im März/April 2020 stattgefunden haben könnte. Gefragt, ob er noch wisse, wer neben ihm an diesem teilgenommen habe, bat J.D., ob er sich die Namen notieren könne. Dabei atmete er tief durch und schrieb womöglich irgendetwas auf. Anschließend nannte er sieben Namen, bei einer achten Person nannte er nicht den Namen, aber den vermeintlichen Wohnort. Dies trug J.D. sehr aufgeregt und schnell vor, weshalb das Senatsmitglied ihn bat, die Namen nochmals etwas langsamer zu wiederholen.

Das Treffen sei nach J.D. ein anlassbezogenes gewesen, um in einen Austausch über die Folgen des angeblichen Angriffs im Zusammenhang mit dem Tatkomplex Eisenach II zu treten. Die Frage, wer das Treffen organisiert habe, meinte J.D., dies wisse er nicht mehr, stattdessen ging er ungefragt darauf ein, wie es zu dem Treffen kam und warum der entsprechende Ort gewählt wurde. Auf dem Treffen solle über das, aufgrund der Festnahmen, erwartete Verfahren und wie damit umzugehen wäre, gesprochen worden sein. Der Ort sei ausgewählt worden, da dieser nicht im Fokus von Ermittlungsbehörden gestanden habe.

J.D. meinte, es sei „alles sehr diffus“ und „dubios“ gewesen, da bis dato keine Hausdurchsuchungen stattgefunden hätten. Auch sei es das erste Mal nach der angeblichen Tatbegehung gewesen, dass alle vermeintlich Tatbeteiligten zusammen gekommen seien. Anlass des Treffens sei es gewesen, sich – fernab von Einzelgesprächen – über die jeweils eigenen Rollen in einem möglichen Verfahren auszutauschen und Erwartungen abzugleichen, vor allem hinsichtlich des Aspekts, dass Teile der angeblich Beteiligten durch die Polizei festgenommen worden seien, andere wiederum entkommen seien. Auch das vermeintliche Auffliegen der Scouting-Funktion, die J.D. an diesem Abend inne gehabt haben soll, sei besprochen worden. Die Gespräche seien an diesem Tag sehr lange gegangen.

Als das Senatsmitglied erfragte, ob J.D. einschätzen könne, ob zu diesem Zeitpunkt den Ermittlungsbehörden diese Funktion schon bekannt gewesen sei, meinte J.D., dass er sowie die anderen angeblich Tatbeteiligten nicht davon ausgegangen seien. Auch zu dem Moment, als er das Blitzerfoto erhielt, sei nicht davon ausgegangen worden, da der vermeintliche Tatort und der Blitzer-Ort 120km auseinander wären. J.D. habe auch nicht gewusst, dass er geblitzt worden sei. Schlüter-Staats hakte hinsichtlich des Blitzerfotos nach. Bei diesem Austausch mit J.D. wurde ersichtlich, dass er sich nicht mehr erinnerte. Im Laufe dieses Gesprächs schwankte J.D. zwischen der Aussage, dass ihm das Blitzerfoto nicht bekannt gewesen sei zum Zeitpunkt des Treffens; der Aussage, er wisse es nicht und der Aussage, es sei wohl beim Treffen Thema gewesen, ob er Teil eines etwaigen Verfahrens werden könne, weshalb es „logischerweise“ bekannt gewesen sein müsse.

Das Senatsmitglied ging anschließend dazu über, Fragen zu dem Entkommen eines Teils der angeblich Tatbeteiligten vor der Polizei zu stellen. J.D. stützte sich dabei auf ausschließlich vermeintliche Gespräche und Äußerungen anderer Personen, die während des Treffens geführt bzw. getätigt worden seien. So seien vier Personen entkommen, wovon eine Person später von der Polizei gefasst worden sei. Im Weiteren erläuterte J.D. sein rudimentäres und vermeintliches Wissen zur angeblichen Flucht vor der Polizei in Eisenach.

 

Aus nichts wird nichts aber J.D. weiß alles

Das Senatsmitglied blieb beim Abend des Eisenach-II-Tatkomplexes und wollte wissen, ob bei dem Treffen im Frühjahr auch über den angeblichen Angriff als solchen gesprochen wurde. J.D. meinte, dass dies auch Thema gewesen sei, nur um direkt auf die „losgelöste Stimmung“ hinzuweisen. Direkt an diese Aussage anknüpfend behauptete J.D., dass einer der Tatbeteiligten auf dem Treffen gemeint habe, im Kontext des vermeintlichen Angriffes den Satz „Das nächste Mal bringen wir dich um“ geäußert zu haben. Jedoch wisse er nicht, wie der Satz gemeint sei, ob ernst oder ob es lediglich dem Moment geschuldet gewesen sei. Auch über die Tat selbst soll sich ausgetauscht worden sein, hier äußerte J.D. jedoch nur grobe Erinnerungsfetzen. Diese Fetzen konkretisierte er erstaunlicherweise bei der Frage, bei der es letztlich bloß darum ging, ob er zu diesem Zeitpunkt Aktenkenntnis gehabt habe oder nicht. Die Konkretisierung blieb letztlich nur eine scheinbare, da er seine Vorstellungen wiedergab, welche er gehabt habe, als ihm die Situation wohl angeblich geschildert worden sei. Auch sprach J.D. die Situation um einer Messer, welches Leon Ringl mit sich geführt haben soll, an und meinte, die Nachfrage der angreifenden Person, ob dies tatsächlich ein Messer sei, sei eher provokativ gewesen, wohingegen am 36. Prozesstag ersichtlich wurde, dass es deeskalativ gemeint gewesen sei und der Angriff abgebrochen worden sei. Die Wertung dieser Situation nahm J.D. anhand von Hörensagen vor, am Angriff selbst sei er nicht beteiligt gewesen.

An dieser Stelle hakte auch die Verteidigung ein, die genau diesen Umstand kritisierte, dass J.D. sehr allgemein, vage und unklar blieb, worauf sich J.D. tatsächlich beziehe. Jedoch unterbrach der Vorsitzende diesen Einwand, würgte ihn ab und ließ das Senatsmitglied sein Gefrage fortsetzen. Dieses ergab, dass J.D. letztlich nur die oben genannte Drohung einer Person meinte zuordnen zu können; eine weitere Zuordnung konnte er nicht mehr vornehmen, da er eingestehen musste, keine Erinnerung mehr zu haben.

Während des Gesprächs, so J.D. eine Frage des Senatsmitglieds beantwortend, sei der Angriff als nicht erfolgreich eingeschätzt worden, was mehrere Gründe gehabt habe, die er auch nannte. Letztlich sei eine Verkettung von Gründen ursächlich, beginnend mit seinem verspäteten Anruf. Bei diesem verblieb der Vorsitzende und wollte wissen, ob das seitens der anderen thematisiert worden sei, was J.D. verneinte. Ebenso wollte er wissen, welchen Einfluss der verspätete Anruf gehabt habe, woraufhin J.D. meinte, er sei nicht dabei gewesen, könne die Auswirkungen folglich nicht beurteilen.

Das Senatsmitglied ging zu verwendeten Tatmitteln über, zu welchen sich J.D. äußern solle. Dieser erwähnte erneut die angebliche Nutzung eines Hammers, meinte ansonsten, dass über diesen sowie weitere Gegenstände offen bei dem Treffen gesprochen worden sei. Wer ihn benutzt haben soll, wisse er aber nicht. Neben dem Hammer sei lediglich noch ein Pfefferlöscher genutzt worden, an weitere Gegenstände könne sich J.D. nicht erinnern. Auf eine Nachfrage meinte er dann, dass auch Hände eingesetzt worden seien zum Schlagen.

Das Senatsmitglied fragte danach, ob dies das einzige Treffen dieser Art gewesen sein, was J.D. verneinte. So habe es weitere Treffen gegeben, u.a. nach den Hausdurchsuchungen im Juni 2020, spätere hätten Online stattgefunden. Die Tat selbst sei dann jedoch nicht mehr Thema gewesen, sondern vielmehr die Koordination das Verfahren betreffend.

 

Sportsfreunde und Spekulationen

Erneut folgte ein Themenwechsel: Blitzerfoto. Das Senatsmitglied wollte wissen, ob er sich mit dem Angeklagten, von welchem er sich das Auto geliehen habe, über den Angriff unterhalten habe, was J.D. für den Zeitraum vor dem Bekanntwerden des Blitzerfotos verneinte. Die folgenden Fragen drehten sich um das Verhältnis zum Angeklagten, was nach J.D. sogar eine „freundschaftliche Komponente“ gehabt habe – auch hier brachte er Sport als exemplarischen Ausdruck für seine Sicht auf Freundschaft.

Erst nach den Hausdurchsuchungen sei Eisenach allmählich ein Thema im Austausch gewesen. Doch weder der Vorsitzende noch das Senatsmitglied ließen es bei dieser Verlautbarung des J.D. bewenden, sondern fragten jeweils nach, ob er dem Angeklagten nach der Tat davon erzählt habe. Dreimal wurde dabei eine ähnlich Frage mit ähnlicher Intention formuliert, wobei J.D. die Frage zweimal verneinte und beim dritten Mal meinte er, dies könne durchaus möglich sein. Hier intervenierte die Verteidigung erneut und kritisierte das Vorgehen des Senats.

J.D. schwadronierte weiter über den Angeklagten und wie dieser doch irgendwie irgendwas von der Tat in unmittelbarer Tatnähe hätte erfahren können – hier wusste sich J.D. dann nur durch den Verweis auf die Freundschaft zu anderen Tatbeteiligten zu helfen und die Spekulation, ob nicht darüber Angaben an den Angeklagten hätten laufen können.

Das Senatsmitglied stieg an dieser Stelle wieder ein und wollte etwas zu den verwendeten Kennzeichen an den Fahrzeugen wissen, die an dem Tatabend von der Polizei gestellt wurden. J.D. probierte zu antworten und verwies auf das Weißenfels-Beispiel, wobei er sofort seitens des Fragenden unterbrochen und klargestellt wurde, dass er nichts allgemeines meine, sondern konkret zu diesen etwas wissen wolle. Auch hier gestand J.D. wortreich ein, nichts zu wissen.

J.D. checkte die nachkommende Frage zu dem Begriff „Checker“, die ihn das Senatsmitglied stellte, nicht. Letztlich meinte J.D., er dies sei womöglich ein Synonym für den Begriff „Scout“, welchen er verwendet; er wisse auch nicht, wer wiederum „Checker“ verwenden würde bzw. verwendet habe.

Im Anschluss versuchten sich das Senatsmitglied und J.D. an einer zeitlichen Einordnung der Bewährungsstrafe, die er im Zuge mit der Teilnahme an Protesten während der Eröffnung des EZB-Neubaus im März 2015 in Frankfurt/Main erhalten habe. So bejahte J.D., dass die Aktion in Weißenfels (siehe 60. PT) vor seiner Bewährungsstrafe gewesen sei. Das Verfahren bzgl. Frankfurt/Main habe es zu der Aktion in Weißenfels noch gar nicht gegeben. Das Verfahren in Frankfurt datierte er danach von 2014 auf 2015, woraus er schloss, dass wohl 2013 Weißenfels stattgefunden habe, was er die Woche zuvor noch auf 2014 oder 2015 einordnete. Die Aktion in Weißenfels sei, so wäre sich J.D. sicher, vor dem Frankfurt-Urteil geschehen, da das Urteil „latenten Stress ausgelöst“ habe – er habe sich schlicht keine Gedanken über eine Bewährungsstrafe gemacht.

Dann wollte das Senatsmitglied wissen, ob einer der Angeklagten am Tatkomplex Eisenach II beteiligt gewesen sei. J.D. meinte daraufhin, dieser sei auch an dem Parkplatz-Treffpunkt zugegen gewesen. Nunmehr machte das Senatsmitglied einen Vorhalt zu einem Bericht und wollte ein Bild zeigen, wobei die Bildunterschrift sowie der Text nicht erkenntlich sein sollte für J.D.. Dennoch war kurzzeitig der Name eines der Angeklagten erkennbar, bevor ein Blatt davor geschoben wurde. Kurz bevor das Senatsmitglied weiter fortfahren konnte, bat eine Angeklagte, das Licht im Saal auszumachen, da dies blendet. J.D. vernahm dabei erstmals wieder ihre Stimme.

Nach der Starthilfe durch das verspätete Zudecken des Bildes, meinte J.D., dies sei der Hauseingang eines der Angeklagten; dies erkenne er, da er dort selbst mal gewohnt habe. Danach forderte der Vorsitzende ihn auf, die abgebildete Situation einzuordnen. Daraufhin meinte er, er erkenne sich selbst wieder, was er an „der Körperhaltung, Gesicht, Profil“ festmachen könne. Er meinte, dies sei eventuell der Tag der Schlüsselübergabe (J.D. meinte am 60. PT, er habe bei einem der Angeklagten am Tatabend in Berlin dessen Auto ausgeliehen). Er wäre nur verwundert darüber, dass er eine Cargohose tragen würde.

Der Vorsitzende las aus dem Polizeibericht das Datum sowie die Uhrzeit des Bildes vor. J.D. meinte hierauf, ihm sei – wie so oft – aus Erzählungen bekannt gewesen, dass sich gegenüber dieses Hauseingangs eine Kamera befunden habe. Der Vorsitzende bezog  sich abermals auf den Polizeibericht in dem stehe, dass die Abbildung den Angeklagten sowie den J.D. bei der Schlüsselübergabe zeigen würde. Im Weiteren merkte der Vorsitzende an, dass die seitens der Polizei angemerkte Uhrzeit der Übergabe vor der läge, die J.D. angegeben habe. Angesprochen darauf meinte J.D., dass dies möglich sein könne: Er habe sich ja selbst auf dem Bild wieder erkannt. Der Vorsitzende gab den Vermerk zu Protokoll. Gegen die Verwertung widersprach die Verteidigung.

Daran anschließend verwies die Verteidigung auf die Fürsorgepflicht des Senats und forderte eine Pause ein, die es anschließend gab. So wurde ab 13:00 Uhr eine ca. einstündige Pause gemacht.

 

Viel Hin und Her von Berlin bis Eisenach

Das Senatsmitglied kam zu einer Aussage des J.D. vom vergangenen Prozesstag zurück: Bei dieser ging es um ein Treffen in einem Berliner Park im Oktober 2019, bei der Tatkomplex Eisenach I (siehe den Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplex Eisenach I – Bull’s Eye) Thema gewesen sein soll. Das Senatsmitglied erfragte, wie ein Beschuldigter von einem der Anwesenden genannt wurde, woraufhin J.D. dem nach kam. Danach wurde ein Name genannt, jedoch habe er keinen Bezug zu der genannten Person. Ihm sei der Name lediglich aus einem Gespräch über die Akten bekannt geworden.

J.D. wurde durch das Senatsmitglied eine Aussage aus seiner Vernehmung vom 01.05.2022 vorgehalten, in der es um ein so genanntes Safe-Handy ging. Laut des Vorhalts habe J.D. zu diesem Zeitpunkt gemeint, dass ihm das Telefon auf dem Parkplatz bei Leipzig funktionsbereit übergeben worden sei. Dem gegenüber stand seine Aussage vom vergangenen Prozesstag: Danach wisse er nicht mehr, ob das Telefon auf dem Parkplatz funktionsbereit übergeben worden sei oder ob es erst zusammengesetzt hätte werden müssen. J.D. sei sich nicht sicher, wie es nun gewesen sei, tendiere aber zu der Aussage vom vergangenen Prozesstag.

In der Vernehmung des J.D. vom 02.05.2022 sei es u.a. um die angebliche Fahrzeugbesetzung im Zusammenhang mit Eisenach II gegangen. Ihm sei jedoch nicht bekannt gewesen, wer in welchem Auto gesessen habe; er könne nur sagen, dass die Autos entsprechend der Aufgabe vor Ort besetzt worden seien.

 

Wer ist eigentlich Leon Ringl?

Danach übernahm das nächste Senatsmitglied: Dieser ging auf die Situation vor dem „Bull’s Eye“ am Tatabend ein. So sollte J.D. mitteilen, wann er Leon Ringl wahrgenommen habe, als dieser aus der Kneipe kam. J.D. meinte, ihm sei er sofort aufgefallen, er sei lediglich überrascht gewesen, dass dieser aus der Tür herauskam, aus welcher er kam. Die Personen, die Ringl begleitet haben sollen, ordnete J.D. dem „gleichen politischen Milieu zu“, ohne deren neonazistisches Weltbild aber als solches zu markieren. Bei einer der Personen wisse er, dass dieser der Hooligan-Szene von Rot-Weiß Erfurt angehöre. Danach wurde er gefragt, ob ihm die Namen der Personen bekannt seien, die mit Leon Ringl die Kneipe verließen. Er meinte, das Namen gefallen seien, für ihn aber diese uninteressant gewesen seien, vielmehr habe ihn die politische Ideologie der Personen interessiert.

Dass es sich um Leon Ringl gehandelt habe, habe J.D. daraus geschlossen, dass Ringl als letzte Person die Kneipe verlassen habe. Die letzte Person, so die Vermutung des J.D., müsse also der Besitzer – folglich Ringl – gewesen sein. Ringl sei von weiteren Personen begleitet worden, er vermute zwei (Anmerkung: Die drei Begleiter von Ringl waren Maximilian Andreas, Nils Ackermann und Robert Schwaab). Er habe auch Kenntnis über die Bedeutung und politische Einstellung der Begleiter Ringls gehabt. Gefragt, ob die Anzahl der Personen einen Einfluss auf die weitere Umsetzung des angeblich geplanten Angriffs gehabt habe, verwies J.D. auf Trainingsszenarien sowie seiner Erfahrung hinsichtlich des Weißenfels-Beispiels. Hiernach gäbe es eine maximale Anzahl an Personen, die händelbar seien. Zur konkreten Situation an diesem Abend und etwaigen Überlegungen (seinerseits), äußerte sich J.D. hingegen nicht, sondern rettete sich mit dem Verweis auf Übungen oder Exemplarisches, um sein – nicht nur situatives – Nicht-Wissen zu kaschieren.

Schlüter-Staats stieg in die Befragung wieder ein: Dabei ging es um Kenntnisse zu Leon Ringl; ein nicht durchgeführtes Briefing auf der Fahrt nach Eisenach; J.D.s Kenntnisse zu Informationsbeschaffung sowie zur Auswahl von „Zielpersonen“.

J.D. meinte, ein Foto von Ringl habe er nicht gehabt, weshalb es auch zu einem Briefing auf der Fahrt nach Eisenach mit einem der Tatbeteiligten hätte kommen sollen, doch letztlich hätten sie sich unterhalten, ein Briefing habe es nicht gegeben, daran würde sich J.D. erinnern können. Auf dem Laptop, den der Tatbeteiligte mitgeführt habe, seien wohl weitere Informationen zu Ringl abrufbar gewesen. Vorab habe er bereits relevante Informationen via Jabber erhalten, weshalb er sich ja erst für die Beteiligung entschieden habe. Woher diese Informationen stammten, wisse er nicht und es sei ihm auch egal gewesen, da es ihm um den Beitrag seiner Beteiligung gegangen sei.

Hinsichtlich der Frage zur Auswahl von Zielpersonen, verwies J.D. abermals auf seine vermeintliche Tätigkeit als Scout und fasste diese wiederholt zusammen, umschiffte dabei, wie so oft, die eigentliche Frage. Daher fragte der Vorsitzende erneut nach, ob es Thema gewesen sei, Einzelpersonen als Angriffsziele zu besprechen. Auf diese Frage erwiderte J.D.: „Wie meinen sie das?“ Der Vorsitzende gab dann Beispiele, also ob über Ziele wie Enrico Böhm oder Benjamin Brinsa gesprochen worden sei. Doch auch diese Frage begriff J.D. nicht, weshalb Schlüter-Staats fragte, ob es neben Ringl weitere Einzelpersonen als Angriffsziel gegeben habe. Erneut erwähnte J.D. dann seine Bewährungsstrafe und seine Scout-Tätigkeit. Über ein anderes Angriffsziel habe er mit einem Beschuldigten mal lose gesprochen. Der Vorsitzende hielt J.D. diesbezüglich eine Passage aus dessen Vernehmung vom 12.05.2022 vor, in der es um Informationen auf dem Laptop eines Beschuldigten ginge und J.D. letztlich eine Möglichkeit benannte, Informationen zu Personen aus dem „rechtsextremen Milieu“ (Schlüter-Staats) zu sammeln.

Danach äußerte sich J.D. zu einem selbst initiierten Vorhaben, wobei es um den geplanten Angriff auf einen Erzieher in Berlin-Hellersdorf gegangen sei, der Mitglied einer Rechtsrockband sei, die auf dem Neonazi-Festival „Schild und Schwert“ aufgetreten sein soll.

Schlüter-Staats kam auf den Moment zurück, in welchem Ringl seine Kneipe verlassen habe. Er wollte wissen, ob J.D. gewusst habe, dass Ringl als letzter die Kneipe verlassen würde oder ob es eine Vermutung gewesen sei. J.D. meinte, er habe die Information im Vorfeld erhalten und als Fakt hingenommen. Gleiches gälte für die vermuteten Schließzeiten, die er vorab mitgeteilt bekommen habe. Auf die Frage, ob er wisse, wie diese Fakten herausgefunden worden seien, stellte J.D. wieder eine Vermutung an: Er verwies darauf, dass er mal gefragt worden sei, ob er das so genannte „Flieder Volkshaus“ – die Eisenacher NPD-Zentrale – anschauen könne. Er meinte, die Aufklärung bzgl. der er angefragt worden sei, sei wohl ähnlich zu der in Eisenach gewesen; doch: Die Anfrage in Bezug aufs so genannte „Flieder Volkshaus“ habe er nicht angenommen. Diese Anfrage habe es bereits länger vor dem Tatkomplex Eisenach II gegeben; J.D. habe schlicht keine Zeit gehabt, vor allem aber habe er keine Zeit für das Thema investieren wollen.

Hinsichtlich der „Aufklärung“ im Zusammenhang mit dem „Bull’s Eye“ erfragte der Vorsitzende, ob dieses auch vorher aufgeklärt worden sei, vor allem hinsichtlich der Schließzeit, der Anzahl der Gäste sowie deren Zusammensetzung. J.D. bat, ob die Frage wiederholt werden könne, woraufhin der Vorsitzende die Frage dahingehend abänderte, ob es Anhaltspunkte für eine tatsächlich durchgeführte Aufklärung gegeben habe. J.D. habe letztlich nur darauf geschlossen, dass eine Aufklärung stattgefunden habe, da nichts dem Zufall überlassen werde – das zeigte, er weiß es eigentlich nicht, aber tut so, als ob.

Der Vorsitzende kam zum „Plan B“ zu sprechen, den J.D. am 60. Prozesstag erwähnte. J.D. bestätigte, dass es sich dabei um die Überlegung gehandelt habe, in die Wohnung von Ringl reinzugehen, sofern das eigentliche Vorhaben nicht gelänge. Im Gegensatz zum letzten Verhandlungstag meinte J.D., dies sei im Auto besprochen worden. Zur Umsetzung könne er nichts sagen, da er diesbezüglich nicht nachgefragt habe bzw. es ihm egal gewesen sein, wie da vorgegangen werden könnte. An Diskretion seitens J.D. kann es nicht gelegen haben, denn er meinte, er hätte sicherlich nachfragen können, jedoch war er so auf sich und seine Aufgabe fokussiert.

Hinsichtlich „Knockout 51“ meinte J.D., dass diese Gruppe und ihr Agieren gegen Linke in Eisenach ständig Thema gewesen sei. Ihm sei auch deren Kampfsport-Hintergrund bekannt gewesen, woraus sich die Art des Angriffs ergeben habe, wofür es auch Trainingsszenarien gegeben habe. J.D. nannte Personen, mit denen er trainiert habe, welche zugleich Tatbeteiligte gewesen sein sollen. 

Ein weiterer Austausch über eine vermeintliche Voraufklärung in Eisenach brachte keinerlei Erkenntnis, ebenso wenig der Austausch über die veränderten Rahmenbedingungen, wenn Ringl anstatt nach Hause noch woanders hingefahren wäre. Während der Vorsitzende erfragte, welche Szenarien J.D. meinte, wobei der Vorsitzende Angriffsszenarien meinte, äußerte sich J.D. eher zu den Möglichkeiten der Wege von Ringl. Letztlich meinte J.D., er wäre Ringl wohl gefolgt, hätte dann Updates gegeben und dann hätte sich gezeigt, was weiter passieren würde.

 

Viele offene Frage und ausweichende Antworten

Im Folgenden stellte der Vorsitzende verschiedene Fragen zu:

  • dem Ort, an dem er einen der Tatbeteiligten abgesetzt habe vor dem Angriff;
  • zu dem angeblichen „Nachtreffen“ bei Weimar;
  • zu einem Pfefferlöscher;
  • zu Situationen, die zum Abbruch des Vorhabens führen;
  • zum Absetzen der Tatbeteiligten bei einer etwaigen Flucht.

Den Ort könne J.D. weiterhin nicht bestimmen, er erinnere sich lediglich daran, einen Tatbeteiligten in unmittelbarer Nähe der Wohnung Ringls abgesetzt zu haben. Die Frage zum „Nachtreffen“ brachte keine neue Erkenntnis.

Zum Pfefferlöscher wollte der Vorsitzende wissen, in welcher Weise dieser mitgeführt worden wäre, woraufhin J.D. fragte, ob damit gemeint sei, wie dieser zum Einsatz käme, was der Vorsitzende bejahte. Draufhin überlegte J.D. eine Zeitlang und bat schließlich, die Frage zu wiederholen. Er verwies dann auf die Trainings sowie darauf, dass dieses Gerät ein Teil der Ausrüstung sei.

Abbruchssituationen nach J.D. seien u.a. gewesen, wenn Ringl nicht nach Hause gefahren wäre. Der Vorsitzende wollte aber eigentlich wissen, ob es bei konkreten Angriffsszenarios Faktoren gegeben hätte, die zu einem Abbruch geführt hätten. Da verwies J.D. darauf, dass das die Entscheidung der Angreifenden gewesen sei, das auch Teil des Trainings gewesen sei. Der Vorsitzende brachte ein, ob die Mitführung eines Messers eine Rolle gespielt hätte. J.D. meinte, Einsatz eines Messers durch die Angegriffenen wäre ein Abbruchgrund gewesen, da die Situation dadurch unkontrollierbar geworden wäre. Der Vorsitzende schien nicht dieser Ansicht. Seiner Meinung nach „müsste man das doch in den Griff bekommen“, wenn drei Personen – eine Person von vorne, zwei von hinten – mit Teleskopschlagstöcken auf die Person losgegangen wären. Die Verteidigung äußerte daraufhin ihre Erschütterung über diesen Einwand, von den Zuschauer:innen gab es empörte Blicke und Kopfschütteln und seitens eines Journalisten die zentrale Frage: „Höre ich da etwa verborgene Straßenkampferfahrung heraus?“

Die wiederholten Einwände der Verteidigung kamen beim Vorsitzenden augenscheinlich nicht an und mündeten sogar in die Frage, warum das ein Abbruchgrund sei, etwa weil es gefährlich sei? J.D. verwies nochmals auf seine Antwort hinsichtlich des Messers und der Unkontrollierbarkeit der Situation.

Auch das Thema Absetzen der vermeintlich Tatbeteiligten im Zusammenhang mit der Verfolgung durch die Polizei ergab wenig. J.D. meinte, am Abend selbst sei dies eine spontane Überlegung gewesen; in Trainings seien solche Fluchtsituationen nicht geübt worden.

Auch eine weitere Nachfrage zum Ort des „Nachtreffens“ ergab nichts neues. Der Vorsitzende wandte sich anschließend an die Oberstaatsanwältin der Bundesanwaltschaft Alexandra Geilhorn und wollte in Erfahrung bringen, ob diese Fragen habe. Sie erbat eine Pause, um durchgehen zu können, was bisher abgearbeitet worden sei. Die Verteidigung äußerte, dass sie vorerst keine Fragen stellen werde, sondern später das Zustandekommen der Aussagen des J.D. als solche hinterfragen will.

Es kam zu einer letzten, knapp 15minüitgen Pause, bevor gegen 15:20 Uhr die Sitzung fortgesetzt wurde. Während der Pause verschwand der Nebenklagevertreter Kruppe.

Zu Beginn wollte die Verteidigung wissen, ob J.D. bereit ist, alle Fragen aller Verfahrensbeteiligter zu beantworten. Diesbezüglich bestehen Irritationen, weshalb die Frage aufkam. J.D. bejahte die Frage.

 

Befragung der Bundesanwaltschaft zum Tatkomplex Eisenach II

Die Frau Geilhorn erwähnte eingangs, dass sie wenige Fragen habe, diese würden jedoch etwas durcheinander gehen. Ihre Fragen umfassten:

  • den zeitlichen Ablauf und Umfang der Jabber-Kommunikation zwischen J.D. und einem der Beschuldigten/Tatbeteiligten ➡ J.D. meinte, es habe die erste Kontaktaufnahme seitens des Beschuldigten gegeben, in der bereits die wichtigen Fakten geklärt worden seien; danach habe es sicherlich weitere Abstimmungen und Nachfragen geben. Jedoch sei es keine tägliche Kommunikation gewesen.
  • die Beteiligung des J.D. an der Gesamtplanung  ➡ J.D. meinte, er sei explizit für die Scouting-Tätigkeit angefragt worden. Er habe sich nicht an der Gesamtplanung beteiligt. Im Rahmen seiner Funktion habe er womöglich Überlegungen hinsichtlich der Umsetzung angestellt.
  • die Äußerung des J.D., wonach Eisenach I ein „missglückter Angriff“ gewesen sei und woher diese Einschätzung stamme ➡ J.D. verwies auf DNA-Spuren, die es am Tatort gegeben hätte, weshalb dieser Angriff allein deswegen nicht als Erfolg gewertet werden könne. Aber die Einschätzung stamme selbst nicht von ihm, sondern anderen Personen.
  • wie J.D. an den Schlüssel der Wohnung von einem der angeblich Tatbeteiligten gelangt sei ➡ Das wisse er nicht mehr.
  • zum Nachtreffen und etwaigen Schilderung dort zur Rollenverteilung in Bezug auf den Angriff ➡ J.D. verwies auf ein arbeitsteiliges Vorgehen der Beteiligten, welches unter diesen ausgemacht worden sei. Hierbei benannte J.D. eine angeklagte Person, die die Rolle der Überblicksperson inne gehabt habe; jedoch habe er das Wissen auch lediglich aus Gesprächen mitbekommen.
  • zur Rolle der Überblicksperson ➡ Diese Person habe im Training den Überblick über die Situation und würde eingreifen bzw. kommunizieren, wenn dies notwendig wäre.

Von größerer Relevanz war die Frage, ob ihm bekannt sei, wie auf Ringl und dessen Begleiter eingewirkt worden sei. Er könne nicht mehr sagen, wer mit welchen Gegenständen wo und wie zugeschlagen habe, aber es sei Thema bei dem Nachtreffen gewesen. Zudem behauptete J.D., es sei gemeint worden, dass der eingesetzte Hammer hinsichtlich seines Gewichts nicht schwer genug gewesen sein. Auf die Nachfrage von Frau Geilhorn, wofür dieser nicht schwer genug gewesen sei, sagte J.D., um Schaden an Personen herbeizuführen. Der Hammer, so seine Erzählung, sei genutzt worden, um damit gegen Personen vorzugehen. Gemäß der Gespräche, auf welche er verwies, habe es lediglich Platzwunden und eine Beschädigung am Fahrzeug gegeben, „aber nicht so viel.“ Er bestätigte zudem, dass es sich seiner Erinnerung nach um zwei Personen gehandelt habe, die Ringl begleitet hätten.

Diesem Part folgten noch weitere Fragen der Oberstaatsanwältin Geilhorn hinsichtlich:

  • der Rückgabe des geliehenen Fahrzeugs in Berlin ➡ Das wisse er nicht mehr.
  • der Vernehmung des J.D. vom 01.05.2022 (erste Vernehmung), in der er die Situation am Tattag negativ eingeschätzt habe ➡ J.D. zählte mehrere Momente auf, die er bereits im Laufe des Prozesstages als „Verkettung von Gründen“ bezeichnete, die ursächlich für den Verlauf und das Ergebnis der Tat gewesen sein.

Frau Geilhorn befragte ihn zudem zu seiner Aussage über „präparierte Autos“ vom 60. Prozesstag in Bezug auf seine Vernehmung, bei welcher er sogar Gegenstände genannt haben soll. Er meinte, er wisse, dass er zur Vernehmung Gegenstände genannt habe, aber da „die Gegenseite“ meinen würde, er wolle „Leute rein reiten“, gehe er einen Schritt zurück und sei sich nicht mehr sicher. Ohne Druck, würde er zu seiner Vernehmungsaussage stehen. Daraufhin fragte Frau Geilhorn, was für Gegenstände sich nun in diesem Auto befunden hätten. J.D. – der Druck scheint plötzlich dahin – gab dann wieder an, wovon er gehört habe, was sich im Auto befunden haben soll.

Hier hakte der Vorsitzende ein und wollte Wissen, ob er sich auf das konkrete Fahrzeug beziehen würde oder lediglich mitteile, was üblicherweise mitgeführt werden würde, woraufhin J.D. meinte, dass es nicht das Übliche sei, sondern er „nach einem Fakt“ gefragt worden sei und er diesen benenne. In diesem Zusammenhang meinte J.D. abermals erwähnen zu müssen, dass es nicht seine Motivation sei, „jemanden reinzureiten“.

Zum Ende hin hielt Frau Geilhorn dem J.D. eine Aussage aus dessen Vernehmung (vom 12.05.2022) vor, in der es um die Tatbeteiligung eines Beschuldigten beim Tatkomplex Eisenach I ging. J.D. meinte, der Beschuldigte sei involviert gewesen und auch aufgrund des Blutverlustes dieses Beschuldigten sei dieser bestrebt gewesen, Eisenach II durchzuführen.

Frau Geilhorn wandte sich nunmehr an den Vorsitzenden und wollte wissen, ob der Senat beabsichtige, Videos oder Tonbandaufnahmen zur Fahrzeuginnenraum-Überwachung vorzuspielen. Der Vorsitzende meinte, er habe nicht vor, Videos vorzuführen, womöglich aber eine Aufnahme aus einem Fahrzeuginnenraum-Gespräch. Damit endete die Befragung der Bundesanwaltschaft.

 

Fragen des Nebenklagevertreters Hohnstädter

Auch der Nebenklagevertreter Hohnstädter meldete sich, um Fragen stellen zu können, was ihm vom Vorsitzenden gewährt wurde. Die Verteidigung intervenierte und meinte, dass das den Nebenklagevertreter gar nicht betrifft, da er lediglich Enrico Böhm vertritt. Hohnstädter versuchte etwas zu entgegnen und meinte, er würde ja auch Abraham. vertreten. Die Verteidigung fragte nach, was er meine. Daraufhin entschuldigte sich Hohnstädter und meinte „Maximilian“. Die Verteidigung erfragte dann, ob „Maximilian Abraham ein neuer Verfahrensbeteiligter“ ist (Anmerkung: Gemeint hat Hohnstädter wohl Maximilian Andreas). In diesem Moment kam der Vorsitzende zu Hilfe und meinte, es sei ein akustischer Fehler gewesen und gab sich irritiert, weshalb nun mit Hohn gegenüber Hohnstädter reagiert werde. Dieser vertrete Böhm und da dieser „möglicherweise von der gleichen Partei angegriffen“ worden sein könnte, könne der Hohnstädter fragen stellen.

Die Fragen von Hohnstädter umkreisten die Thematik Trainings, Hammer und Recherchen zu Ringl. J.D. war die Befragung durch einen Neonazi-Anwalt anscheinend unangenehm, die Fragen beantwortete er dennoch, wenn auch ausweichend: Durch den Verweis darauf, dass die Antwort bereits während seiner Ausführungen im Laufe des vergangenen bzw. laufenden Prozesstages gefallen sei. J.D. sagte, bevor er Hohnstädter antwortete, er wolle die Frage im Allgemeinen, aber nicht konkret ihm, „der Gegenseite“, gegenüber beantworten. Der Vorsitzende verwies hier auf die eigentlich geklärte Irritation der Verteidigung, ob J.D. alle Fragen aller Verfahrensbeteiligter beantworten würde, was dieser zuvor bejahte. Nach ein paar Fragen schritt Schlüter-Staats ein, da Hohnstädter ins Allgemeine kam.

Am Ende teilte der Vorsitzende mit, was er gedenke, am nächsten Prozesstag, (62. PT, Do., 11.08.) zu machen: So beabsichtige er, näher auf die Scouting-Tätigkeit einzugehen. Zudem solle J.D. seinen politischen Werdegang darstellen und Auskunft über Trainings sowie seine Kontakte nach Leipzig und Berlin geben.

Der Vorsitzende beendete die Sitzung wie er sie begann: Mit einer Ermahnung des Publikums und dem Hinweis, sich am Folgetag eher anzustellen. Die Hinweise zu Beginn des Prozesstages seitens der Zuschauer:innen die Abläufe des Einlasses betreffend, scheinen nichts genützt zu haben. So endete der 61. Prozesstag um 16:00 Uhr.

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