SS-Siggi - Gut das Du tot bist! Ein wütender Nachruf

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Nun ist "SS-Siggi", wie er sich nennen hat lassen schon eine Weile unter der Erde. Aber zwei Begegnungen mit ihm haben sich mir eingebrannt. Ich möchte die Euch einfach erzählen. Damit was anderes im Raum steht, als dieser Mythos. Auf Wikipedia wird er mit Bild in einer seiner "Helden"positionen abgebildet. Sowas kotzt mich an. Der Typ war ein Drecksack. Und er war angreifbar.  Der Bericht ist subjektiv.

 

SS-Siggi - Gut das Du tot bist!

 

 

Ich werde zwei andere Ausflüge unternehmen.

 

Zuerst in die 80er, in die Hochzeit des deutschen Punks. Ich war noch sehr jung. Und noch sehr grün hinter den Ohren. Frisch verliebt in eine lesbische junge Frau. Ich war ein Junge, aber im Herzen schon immer eine JungeMädchen (Oder im spirituellen Sinne etwas Drittes). Wir gingen auf dieses Punkkonzert in das legendäre selbstverwaltete Zentrum. In NRW ein Magnet für geilen Punk.

 

Als wir in das Konzert reingingen, ließ ich meine Freundin vor. Als ich durch die Tür trat, machte mich sofort ein Typ an. Was ich ihn so angucke, oder so. Von Null auf Hundert. Ich solle mich wehren. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah und wollte mich nicht prügeln. Das war dem Arsch egal. Ich solle den ersten Schlag machen. Aber ich konnte mich gar nicht schlagen. Ich konnte immer schon besser wegrennen, als mich körperlich mit Jungs zu messen, die mich provozieren wollten um sich zu prügeln. Um im Schulhof vor den Mädchen oder den Jungs gut rüber zukommen. Patriarchale Rituale. Ich war an einer Hauptschule, an der einige Jungs von Nazis indoktriniert worden waren.

 

Also kam es wie es immer kam. Ich machte keinen ersten Schlag. Und keinen zweiten Schlag. Er schlug mir ins Gesicht und verprügelte mich, auch als ich schon am Boden lag. Ich rief um Hilfe, aber die depperten Punks schauten nur zu, oder einfach nur weg.

 

Verprügelt am Boden sammelte mich eine alte Kämpferin des Zentrums auf und brachte mich mit gebrochener Nase ins Krankenhaus.

 

Ich hatte seitdem immer Unwohlsein, wenn ich durch die Tür ging. Meine Begleiterin hatte von dem allem nichts mitbekommen und wunderte sich wo ich blieb, und wir waren jung und schnelllebig und die Liebesgeschichte hatte damit ihr Ende genommen. Dass sie mich Jahre später vor anderen Lesben als Liebhaber verleugnete ist eine andere Geschichte.

 

Am meisten hatte mich geschockt, dass niemand, aber auch gar niemand von den Punks eingegriffen hatte. Das war ein Vertrauensbruch, weil ich mich bisher darauf verlassen hatte, dass wir als Punx zusammenhalten.

 

Und die ältere Kämpferin rekonstruierte mit anderen aus dem Zentrum, wer oder was da passiert ist.

 

SS-Siggi hatte einfach um einen Kasten Bier gewettet, den Dritten, der zu Tür reinkommt ohne Anlass zu verprügeln. Meine Freundin war die Dritte und das Arschloch schlug keine Frauen (Wers glaubt wird selig) und so war ich die auserkorene Person.

 

Einmal mehr Männergewalt in meinem Leben.

 

 

 

Der zweite Ausflug ist andere Art.

 

Wir saßen zusammen in der WG-Küche. Noch immer in dieser Stadt mit dem geilen Zentrum. Viele Jahre nach dem Überfall durch SS-Siggi. Andere Gewalterlebnisse haben die alten überlagert. Ein Anruf. „Pfanni“ aus dem Autonomen Zentrum rief an. SS-Siggi sei hier. „Pfanni“ war alleine mit einer Freundin hinter der Theke. Vor der Tür wären auch Nazis. Wir hatten eigentlich einen gemütlichen Abend geplant. Und wir hatten alle Schiss. Aber wir konnten die zwei hinter der Theke ja nicht alleine lassen. Ich hab gar nicht nachgedacht, dass das Schwein mich damals vermöbelt hat.

 

Also wir rein ins Auto. Menschen vom Zentrum, Punx und Autonome. Mit Knüppeln. Im Auto sprachen wir uns ab. Wenn wir in eine Schlägerei gehen müssen, dürfen wir nicht zögern. Wenn wir in die Konfrontation gehen müssen, dann stehen wir füreinander ein. Kein zurück. Im Nachhinein war das eine sehr wichtige Absprache. Wir wussten, wir werden alles geben.

 

Wir parkten um die Ecke. Und als wir zwei Nazis sahen (damals war grüne Bomberjacke und Glatze gerade angesagt), die am Zentrum vor dem Infoladen in Langeweile eine Transparent versuchten anzukockeln, rannten wir los. Noch dreißig Meter. Die Nazis sahen uns und freuten sich. „Schlägerei, wie geil ist das denn.“ Und bauten sich breitbeinig und lachend auf, um uns zu empfangen. Wir waren zu fünft.

 

 

 

Und nun rannten wir um so schneller auf sie zu. Wir waren entschlossen, sie zu verprügeln. Diese Kraft erkannten sie. Wahrscheinlich waren sie stärker als wir alle zusammen. Aber wir waren so entschlossen in unserem Sprint, dass sie unsicher wurden. Und wir zogen durch. Die beiden Nazis ließen Ihren SS-Siggi im Zentrum zurück und rannten in verschiedenen Richtungen davon und gaben den Eingang vor dem Zentrum frei. Ich verlangsamte meinen Sprint. Aber an mir vorbei zog ein Punk und rief mir zu: „Den kriegen wir noch“. Wir hatten entschieden das zusammen durchzuziehen, also taten wir das auch. Ich sprintete hinter dem Nazi her, der ließ sich auf die Straße fallen und versuchte sich zu schützen. Und wir schlugen mit unseren Knüppeln zu. Die verdutzten Autofahrer glotzen aus den Fenstern. Ich glaube nicht, dass wir das Schwein ernsthaft verletzt haben. Es war die Angst, die diese braune Ratte am meisten getroffen hat. Ich ließ auch schnell ab und wir kehrten um. Mittlerweile waren auch einige Antifas eingetroffen. Gleichzeitig kam SS-Siggi aus unserem Zentrum raus, verdutzt rannte er sofort von dem Zentrum weg. Einer von den Antifas war ein Macker ohnesgleichen, der Jahre später meinen Ausschluss aus der Szene durchzusetzen versuchte, weil wir als Anarchisten gewagt hatten seinen Militarismus und seine dubiose Zusammenarbeit mit den Bullen zu kritisieren – aber das ist eine andere Geschichte. Er zog eine Schreckschusspistole und schoss in die Luft auf den laufenden SS-Siggi. Ich war erstaunt. Die Leuchtspurpatrone traf Siggi während des Laufens auf vielleicht zehn, fünfzehn Metern in den Rücken auf seine geile grüne Bomberjacke. Wer die Dinger kennt weiß, wie schnell glühende Asche da ein Loch rein brennt. Das hat mich sehr gefreut.

 

Wir sind dann nach Hause gefahren und haben versucht unseren Abend fortzusetzen. Mich beschäftigte noch lange der Rausch, den ich hatte, als ich diesen Nazi verprügelte. So was wollte ich nicht so oft machen müssen, weil das auch was mit mir machte. Ich war auch vor mir erschrocken.

 

Aber Zweifel hatte ich keine, es war völlig richtig gewesen, was wir gemacht hatten. Die Antifas haben irgendwann noch deren Auto identifiziert, dass in einer Seitenstraße geparkt war. Es wurde völlig entglast und auch sonst schwer beschädigt. Irgendwann werden die Nazis sich dann unter Polizeischutz zu ihrem Auto zurück gewagt haben und eine schöne weite Strecke mit Durchzug auf der Autobahn verbracht haben, bis sie wieder in Dortmund ankamen. Der Tag wird auch SS-Siggi in schönster Erinnerung geblieben sein.

 

 

Und das; SS-Siggi, das wollte ich Dir nochmal hinterher rufen. Ich lebe noch. Du hingegen warst schon tot, als Du noch gelebt hast. Gut, das Du anderen keine Angst mehr machen kannst. Und, nein Siggi. Du warst kein Held, du warst nur ein brutaler, von Hass zerfressener Dreckskerl. Und ne arme Sau.

 

 

Gerne nachdrucken, in Naziecken kleben…

 

 

Andere Meldungen:

 

https://de.indymedia.org/node/154192

 

PS

Wurde ja bereit gelöscht einmal der Beritrag. Seh`aber keinen Grund für. Wenn wer den religiösen,spirituellen Zugang nicht mag; ich hab ihn vom Anfang wegkenommen und hier ans Ende gesetzt. Macht Euch locker, Leute. Das ist und bleibt ein politischer Beritrag:

SS-Siggi - Gut das Du tot bist!

Wahrscheinlich hast Du in Deinem Leben wenig Gutes getan. Ich meine, etwas wirklich wertvolles. Etwas was Menschen gut tat. Du hast mit Deinem Kumpels gesoffen. Gehetzt. Geprügelt. Und andere Menschen gehasst.

Ich weiß, was Du mir angetan hast. Darüber werde ich schreiben. Ich schreibe als Anarchist*in und spiritueller Mensch, als Transgender und als vielfach von Gewalt betroffenem Menschen.

Wer an Wiedergeburt glaubt, ahnt, dass Dein nächstes Leben Dich mit der Scheiße konfrontieren wird, die Du anderen beschert hast; mit Gewalt, mit Angst, mit Todesangst, mit Verachtung, mit Erniedrigung, mit Hass. All die Scheiße, die Du fabriziert hast und anderen angetan hast, musst Du selber durchlaufen.

Wer an Himmel und Hölle glaubt, wird Dich entweder in der Hölle schmoren sehen, oder im Himmel, gefoltert von Engelsgesang rund um die Uhr. Je auch Belieben.

Und wem das alles fremd ist, der*die kann sich jetzt entspannt zurück lehnen, mehr Ausflüge in die Welt des Jenseits mute ich Euch nicht zu.

Und damit zurück an den Anfang des Textes ganz oben.

Danke fürs Zuhören

 

 

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