„Suizide“ in Heilbronn: „Verantwortlich ist die Knastleitung!“

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Wie uns Gefangene berichteten, sind seit der Leitung von Herrn Vesenmeier, früherer Staatsanwalt, im Knast Heilbronn vermehrt „Suizide“ aufgetreten. Die Gefangenen sprechen von „fahrlässiger Tötung“ und machen Vesenmeier für die Suizide und auch für das „herunterspielen der Morde“ verantwortlich. Von einem früheren Staatsanwalt, so die Gefangenen, kann man auch erwarten, dass er Dinge so verdrehen kann, dass sie sich immer weiter von der Wahrheit entfernen.

Insgesamt wissen wir von vier Gefangenen, die sich seit Februar diesen Jahres das Leben, alle durch Erhängung, nahmen.

So verstarb am 10.02.21 ein Gefangener, welcher im Knast auch als „suizidgefährdet“ galt. Er hatte einen gelben Punkt an seiner Zellentür, was bedeutet, dass er eigentlich unter permanenter Aufsicht stehen müsste. Diese erfolgte, so Gefangene, nicht.

Am 17.06.21 verstarb ein 24-jähriger Gefangener. Er erhängte sich mit einer Mülltüte im Ostflügel.

Am 05.06.21 erhängte sich ebenfalls ein Gefangener in der Nacht. Er war anscheinend am Nachmittag oder den Tag davor noch bei einem Psychologen.

Am 21.10.2021 erhängte sich ein 45-jähriger Gefangener, ebenfalls im Ostflügel. Grund dürfte die Ablehnung des 2/3 Antrages bzw. des offenen Vollzugs gewesen sein.

Anmerkung: wir haben bewusst nicht die Namen der Gefangenen genannt, weil wir nicht wissen, ob das für die Angehörigen in Ordnung ist. Meldet euch gerne bei uns, wenn ihr die hier genannten ermordeten Gefangenen kennt.

Verantwortlich machen die Gefangenen den Knast vor allem wegen der miserablen Umstände: fehlende medizinische Versorgung, kaum Ausgang/Freigänge, fehlende Vollzugspläne, falsche Gutachten und drogenschmuggelnde Wärter*innen. Die Lage drinnen beschreiben sie als völlig aussichtslos. Die Gefangenen werden ohne Arbeit, ohne Perspektiven und meist auch krank entlassen. Die medizinische Versorgung sei miserabel, viele beklagen sich über Kreislaufprobleme, die nicht behandelt werden. Vor allem die vielen Drogen, welche durch die Wärter*innen geschmuggelt werden, betrachten viele Gefangene als großes Problem, weil sich durch den Kosum die Aussichtslosigkeit oft verschärft.  Der Satz „ich schaffe es hier nicht mehr, ich gehe kaputt hier“ fällt leider zu oft. Diese Perspektivlosigkeit mündet oft in selbstverletzendem Verhalten und Toten.

Die Gefangenen beklagen sich auch über den sehr offen aussgetragenen Rassismus seitens des Knastes. Schwarze haben nicht die gleichen Rechte wie weiße Gefangene. Sie werden z. B. für bestimmte Arbeitsstellen im Knast nicht in Betracht gezogen bzw. bleiben gänzlich arbeitslos. Viele Gefangene wollen allerdings arbeiten, weil es Ablenkung vom Knastalltag schafft.

Die Konsequenzen der vielen Toten in der letzten Zeit bestürzen fast alle. Vier Suizide in einem so kurzen Zeitraum hinterlassen traumatisierte Mitgefangene, welche die Sorge haben, den enormen Druck durch die Anstalt auch irgendwann nicht mehr auszuhalten. Es fehlen Gesprächsangebote zu dem Thema und Personal, welches die Gefangenen mit ihren Ängsten und Befürchtungen ernst nimmt. Stattdessen bekommen sie nur Beruhigungsmittel und/oder eben reingeschmuggelte Drogen.

Generell verschweigt die Anstalt die Zustände und ihre Verantwortung. Leitmedien berichteten ebenfalls über die Kritik der Gefangenen an der Knastleitung, allerdings spielen sie die Vorkommnisse herunter und berichten ausschließlich aus Knastperspektive. Dabei werden die Gefangenen, die auf die Missstände aufmerksam machen wollen als „Rädelsführer“ bezeichnet, die „Unruhe stiften wollen“.

Diese Form von Berichterstattung macht es umso wichtiger, aus Gefangenenprespektive über die Morde in Heilbronn zu sprechen und das Schweigen darüber zu brechen! Verbreitet diese Infos, tragt sie in die Medien, auf die Straße, nutzt die Möglichkeiten die ihr habt! Die Gefangenen werden sich weiterhin wehren, sie lassen sich den Mund nicht verbieten – lasst uns Seite an Seite mit ihnen gemeinsam kämpfen.

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