[S] Farbe auf italienisches Konsulat – Freiheit für die Gefangenen der Brigate Rosse
heute haben wir das italienische Konsulat auf dem Killesberg mit roter Farbe markiert. Grund hierfür ist die Verhaftung von sieben ehemaligen Militanten der Brigate Rosse (BR) vor zwei Tagen. Zwei weitere Militante, die nun in Frankreich verfolgt wurden, haben sich gestellt und sind nun ebenfalls in Haft.
Sie alle sollen nach Italien abgeschoben werden, wo sie jahrzehntelange Haftstrafen erwarten.
Der Verfolgungswille der Herrschenden gegenüber der Stadtguerilla, die ab den 1970ern überall in Europa entstanden, ist weiterhin ungebrochen. Die Brigate Rosse (Roten Brigarden) entwickelten sich aus den ökonomischen Kämpfen der Arbeiter*innen in den Industriezentren Norditaliens und waren stark in diesen Kämpfen verankert. Sie organisierten sich in den Fabriken und Arbeitervierteln. Als illegale, bewaffnete Stadtguerilla setzten sie immer wieder Akzente in betrieblichen Kämpfen, indem sie Fabrikbesitzer oder Profiteure direkt angriffen oder für ihr Handeln bestraften. In ihrer weiteren Geschichte griffen sie ebenfalls den Staat, seine Institutionen und Vertreter an. Schlussendlich wurden die Roten Brigaden Italiens durch massiver Repression zerschlagen: unzählige Genoss*innen wurden von Carabinieri ermordet, tausende landeten in den Knästen, durch Kronzeugen-Regelungen kam es zu Verrat und diejenigen, die sich nicht von ihrer Geschichte distanzierten oder Verrat begangen wurden für Jahrzehnte weggesperrt.
Zur Geschichte der Roten Brigaden → Interview von Carla Mosca & Rossana Rossanda mit Mario Moretti (ehem. Gründer und Führer der BR): „Brigate Rosse – eine italienische Geschichte“
Obwohl die Zeit der bewaffneten Kämpfe vorerst vorbei ist, ist es wichtig, sich weiterhin mit den Erfahrungen auseinanderzusetzen. Die Geschichte der Stadtguerilla, der Brigate Rosse in Italien, der RAF in Deutschland oder des 17. November in Griechenland um nur drei zu nennen, ist die Geschichte der revolutionären Bewegung und damit auch unsere Geschichte. Sich seine Geschichte selbst anzueignen, aus ihren Erfahrungen zu lernen und gemachte Fehlern nicht zu wiederholen, ist unerlässlich. Ansonsten wird sie weiterhin von den Herrschenden geschrieben.
Auch weiterhin ist die Verfolgung ehemaliger Militanter keine Geschichte, noch immer vergisst der Staat und die herrschende Klasse nicht. Umso wichtiger ist es, gerade jetzt die eigene Geschichte nicht zu vergessen und Solidarität mit den verfolgten Militanten und ihre Kämpfe zu zeigen. Morgen ist der erste Mai, der Kampftag der Arbeiter*innenklasse. Wie kaum ein anderer Tag in unserer Geschichte ist er geprägt von den Kämpfen unserer Klasse. Zeigen wir auch morgen unsere Solidarität mit den verfolgten Militanten und den (bewaffneten) Kämpfen unserer Geschichte. An diese anzuknüpfen und den Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung fortzuführen, liegt an uns.
Daher: am ersten Mai auf die Straße!
Freiheit für alle politische Gefangene!
Hoch die internationale Solidarität!
Im Buch „Brigate Rosse – eine italienische Geschichte“ wird Mario Moretti gefragt:
„Mario Moretti, du bist seit 22 Jahren raus aus der Welt der Leute, neun als Illegaler und dreizehn im Gefängnis. Wenn dir ein böser Engel auf einem Tablett Freiheit und Vergessen und auf einem anderen Tablett Knast und Erinnerung bieten würde, was würdest du nehmen?“
seine Antwort:
„So falsche Engel gibt es nicht, nur die Menschen schlagen zwei gleichermaßen grausame Arten zu sterben vor. Jedenfalls würde ich ihm sagen: Gib mir Freiheit und Erinnerung. Wenn du das nicht kannst, mein lieber Engel, dann fliegst du tief, nicht mal auf der Höhe unserer Niederlage.“