[HH] Whose streets? Our streets! Antirepressions-Schanzenviertelfest im Zeichen von G20 und seinen Folgen
Der Gipfel ist längst vorbei, was bleibt ist die Erinnerung an eine Zeit der faktischen Besatzung und deren Folgen in Form von Verletzung (physisch/psychisch) und Repression.
Wir alle konnten erleben, dass für einen ergebnislosen Gipfel polizeistaatliche Methoden angewandt wurden. Die allgegenwärtigen vermummten Einheiten inklusive ihrem schweren Gerät, die abschreckend und einschüchternd wirken sollten; eine Aufhebung der Gewaltenteilung in dem die Polizeiführung über Politik und Gerichte hinweg entscheiden konnte; der Gebrauch fragwürdiger bis verbotener Einsatzmittel (Gummigeschosse, Sonder-Einsatz-Kommandos mit Maschinenpistolen, IMSI-Catcher...) und das übermäßige Nutzen des Gewaltmonopols hat Viele entsetzt. Es ist längst kein Thema mehr, dass z.B. Pfefferspray eigentlich eine Notwehrwaffe knapp unterhalb des Schusswaffengebrauchs ist. Dass nun die Kritik daran in totalitärer Art zurückgewiesen wird und eine unsachliche „Aufarbeitung“ dieser Wochen stattfindet passt dazu; ebenso dass der eigentliche Gipfel und dessen - wie erwartet - inhaltsloser Ausgang in diesem „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“ völlig untergegangen ist.
Im Vorfeld des Gipfels wurde versucht alle Proteste als kriminell zu diffamieren und deren Durchführung durch fragwürdige Verbote („blaue Zone“) zu unterbinden.
Hausdurchsuchungen aufgrund eines Zeitungsinterviews im Dezember 2016 in dem „Straftaten gebilligt“ worden sein sollen, welches nun Protagonisten eines Teils der Proteste zugeordnet wurde oder auch die Stürmung der B5 am 08.07. aufgrund von „Hinweisen“ zeigen wie niedrigschwellig mit voller Härte zugeschlagen wurde. Diese volle Härte bekamen auch viele Menschen auf den Straßen, beim Camp-Aufbau, bei Blockaden sowie bei der „Welcome to hell“-Demonstration zu spüren. Dass es die im Vorfeld heraufbeschworenen „Toten“ nicht gab, lag nicht an der Polizei, die mal wieder eine neue Stufe der Eskalationsstrategie ausprobiert hat.
Und die ist noch nicht abgeschlossen, aktuell sitzen noch über 30 Leute in U-Haft (von ursprünglich 51). Verhaftungen während Verletztenversorgung oder wegen angeblich szenetypischer Kleidung gepaart mit abstrusen Begründungen, die die U-Haft andauern lassen (beispielhafte Zitate sind da „Zeichen setzen“, „es gibt Aufrufe Soli-Briefe zu schreiben“, „schädliche Neigungen“...), zeigen auch hier, dass Rechtsstaatlichkeit beliebig ist.
Das Ganze ist sowieso ein gern angenommener Anlass um „die linke Szene“ zu verteufeln und am Besten noch weiterreichende Gesetzesverschärfungen zu fordern – es ist Wahlkampfzeit und so muss Niemand über andere Aspekte - wie Legitimität, Inhalte und Durchführung - des Gipfels diskutieren. Da werden lieber die eingesetzten Beamt*innen zu Held*innen hochgelobt und deren Verletztenzahlen immer weiter hochgeschraubt. Sonderurlaub, Kulturprogramm und am Liebsten noch Schmerzensgeld gibt es als Belohnung. Die rund 50 Verfahren gegen Einsatzkräfte werden - auch aufgrund der fehlenden Kennzeichnungspflicht- erfahrungsgemäß im Sande verlaufen.
Die unzähligen verletzten Menschen - ob physisch oder psychisch -, die auf den Straßen von Polizeikräften angegriffen wurden, haben da maximal Repressionen zu erwarten, da ja in Polizeilogik Niemand ohne Grund verletzt wurde.
Aktuell sind über 150 Verfahren gegen Protestierende eingeleitet (109 gegen namentlich bekannte Menschen), es sollen durch die 170-köpfige „SoKo Schwarzer Block“ und der Mithilfe der Bevölkerung noch wesentlich mehr werden. Viele werden mit einem neuen Gesetz konfrontiert sein, mit dem geregelt ist, dass jeglicher körperlicher Kontakt zu mindestens drei Monaten Knast führt, daneben stehen wird als „Billigung“ angesehen.
Dieses Prä-G20-Gesetz reiht sich ein in andere Verschärfungen, die der Polizei noch mehr Entscheidungsgewalt einräumt, auch wenn jetzt schon Richter*innen und Staatsaanwält*innen meist der polizeilichen Argumentation folgen. Neben dem vergleichsweise kleinen Eingriff der Blutprobe, die nun ohne richterlichen Beschluss angeordnet werden darf, ist der polizeilichen Zeugenvorladung bei – im Gesetz schwammig gehaltener- Legitimation durch die Staatsanwaltschaft Folge zu leisten und in Bayern kann eine - auf polizeilicher Einschätzung beruhende - Präventivhaft nun unendlich andauern.
Nach dem Gipfel sind u.a. wieder im Gespräch: mehr Datensammlungen mit europäischem Abgleich, mehr Aufenthaltsverbote inklusive entsprechenden Grenzkontrollen (die es zum G20 ja auch gab), Fußfesseln und die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht in NRW.
In Hamburg haben wir die gern in Wahlkampfzeiten hervorgeholte „Flora-Debatte“, diesmal gleich inklusive Repressionsandrohung an unterstützende Zentren.
All das kennen wir so oder ähnlich schon. Wir haben es vor und während des Gipfels geschafft unseren Unmut gemeinsam zu zeigen, uns nicht vertreiben zu lassen und damit der Diffamierung zu trotzen.
Holen wir uns die Straßen nun gemeinsam komplett zurück und feiern, flohmarkten und informieren wir uns – wie gewohnt auf unseren Straßen unangemeldet!
Gemeinsam gegen Repression! Gemeinsam für Beschuldigte, Verletzte, Zentren und Strukturen!
Samstag 23. September ab 10 Uhr
Sternstraße, Beckstraße, Augustenpassage, Ludwigstraße, Kampstraße, Schanzenstraße & wo ihr wollt!
- nachbarschaftlich, solidarisch, unkommerziell und unangemeldet
Kontakt: antirep-fest@riseup.net (PGP-Schlüssel auf Anfrage)
Ergänzungen
presse
das abendblatt hats nun auch entdeckt, aber lesen können die nicht richtig "rund um die Rote Flora" sehe ich im Aufruf gar nicht, das ganze bebildert mit dem wöchentlich stattfindenden -kommerziellen- Schanzenflohmarkt...echte Qualitätsarbeit...
https://www.google.de/search?client=opera&q=https%3A%2F%2Fwww.abendblatt...