Erfolgreicher Widerstand gegen die Todesstrafe in den USA
Amnesty International veröffentlichte im April einen globalen Report über die Todesstrafe, demzufolge die Anzahl der Hinrichtungen 2016 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück gingen. Zum ersten Mal seit 2006 sind die USA nicht mehr unter den Top-Fünf, sondern mit "nur" 20 Hinrichtungen im Jahr 2016 derzeit auf Rang sieben der weltweiten Henker*innen-Staaten. Das ist die niedrigste Zahl an Hinrichtungen in den USA seit knapp 3 Jahrzehnten. Allerdings ist der globale Kampf gegen die Todesstrafe trotz des Rückgangs 2016 auch in den USA noch lange nicht gewonnen.
Glücklicherweise konnten die für diesen Monat geplanten Hinrichtungen in Arkansas bis jetzt verhindert werden. Der Bundesstaat wollte zwischen 20. - 27. April 2017 gleich acht Gefangene durch die Verwendung von Giftcocktails ermorden. Eine dieser Hinrichtungen stoppte der US Supreme Court am 14. April, weil die Tatschuld des verurteilten Gefangenen ähnlich wie in vielen anderen bekannten Fällen zweifelhaft ist. Richter Wendell Griffen (Pulaski County Circuit Court) blockierte jedoch auf Intitiative von Pharmaproduzenten die restlichen sieben Exekutionen.
Fünf Pharma-Konzerne verlangen unter Beratung der Londoner Menschenrechtsorganisation REPRIEVE vom US Bundesstaat Arkansas, dass ihre Produkte nicht im Todestrakt für Exekutionen verwendet werden. Der Bundesstaat hatte allen Firmen verheimlicht, dass er ihre Produkte für Hinrichtungen zu verwenden beabsichtige. Während z.B. Fresenius Kabi USA und West-Ward Pharmaceuticals den Bundesbezirksrichter Griffen darum baten, sicherzustellen, dass ihre Produkte dort nicht eingesetzt werden, verlangte die Firma McKesson ihre Produkte komplett zurück, da sie vom Bundesstaat unter Vortäuschung falscher Verwendungszwecke betrogen worden sei. Obwohl der Bundesstaat in die Rückgabe einwilligte und McKesson die bereits gezahlte Rechnung zurück erstattete, schickten die Behörden die pharmazeutischen Produkte bis jetzt nicht zurück.
Hintergrund der Bemühungen Arkansas, acht Hinrichtungen vor Monatsende durchzuführen, sind die Verfallsdaten der Präparate. Da die meisten Pharmakonzerne inzwischen aufgrund von Imageschäden durch Proteste aus der Anti-Todesstrafenbewegung Ausschlussklauseln gegen eine Verwendung bei Hinrichtungen in ihren Kaufverträgen eingeführt haben, fällt es den Gefangenen ermordenden US Bundesstaaten zusehends schwerer, die von den sog. "Hinrichtungsprotokollen" vorgeschriebenen Chemikalien auf legalem Weg zu erwerben. In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Bestrebungen, diese Präparate ohne Lizenz der US Gesundheitsbehörde in Asien oder der EU zu besorgen. Anti-Todesstrafen-Aktivist*innen skandalisierten diese Versuche immer wieder erfolgreich und zwangen Behörden in den USA und der EU, dagegen vorzugehen. Zwar steht zu befürchten, dass viele Bundesstaaten demnächst ihre "Protokolle" gesetzlich ändern, aber bisher fällt lediglich Texas durch offensichtlich illegale Methoden auf, selbst bei seiner repressiven Auslegung der Gesetzgebung. Die Taktik der Anti-Todesstrafenbewegung, auf die in Frage kommenden Pharmakonzerne zuzugehen und ihnen dabei zu helfen, ihre Produkte aus dem staatlichen Morden in den USA heraus zu ziehen, hat in den letzten zwei Jahren viele Leben von Gefangenen gerettet und erscheint neben den vielfältigen anderen Aktionsformen ein wesentlicher Grund für die 2016 deutlich zurück gegangenen Hinrichtungszahlen zu sein, die Amnesty International im April 2017 veröffentlichte.
Diesen Monat ist jedoch eine weitere Hinrichtung in den USA angesetzt, und zwar im Bundesstaat Virginia, wo Ivan Teleguz am 25. April 2017 hingerichtet werden soll. Ab dem 16. Mai haben dann Texas fünf, Alabama zwei und Ohio drei Exekutionen terminiert, die nach dem Willen der Henker*innen bis zum 27. Juli 2017 stattfinden sollen.
Eine endgültige Überwindung der Todesstrafe in den USA hätte weltweite Auswirkungen. Gerade Gegner*innen der nun nach dem Referendum drohenden Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei würde es starke Argumente liefern.
Ergänzungen
Soli-Abend und Infoveranstaltung
Sa. 22. April 2017 - Berlin - Fischladen - Soli-Abend FREE MUMIA - Free Them ALL! - ab 20 Uhr
Soli-Abend mit Küche für Alle und Cocktails für Reisekosten zu Haftbesuch in den USA
ab 22 Uhr live mit Knattertones (Ska/Punk/Reggae) + Candy and the Stripes (Acoustic Punk)
danach DJ*s
Fischladen - Rigaerstr. 83, 10247 Berlin-Friedrichshain (U5-Samariterstr)
Mo, 24. April 2017 - Berlin - Soned e.V. - ab 20 Uhr – Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
Kiezküche und Information: An Mumias 63. Geburtstag geben wir einen aktuellen Überblick über seine Situation, insbesondere im Zusammenhang mit den Gefangenenkämpfen für medizinische Versorgung im US Bundesstaat Pennsylvania.
Soned e.V. - Kreuzigerstraße 19, 10247 Berlin-Friedrichshain (U5-Samariterstr)
8. Bundesberufungsgericht öffnet erneut Weg zu Hinrichtungen
Anscheinend öffnet 8. Bundesberufungsgericht Weg zu Hinrichtungen erneut
In den vergangenen Stunden gab es eine Entscheidung vor dem 8. Bundesberufungsgericht, die laut ersten Pressemeldungen den Weg zu einigen der Hinrichtungen in Arkansas erneut öffnet.
Hier einige Presse-Links, die noch VOR der Entscheidung des 8. Bundesberufungsgerichtes erschienen:
(NBC) Arkansas Plans Execution for at Least One Man Monday, Despite Legal Hurdles (April 17, 2017)
(NPR) Arkansas Pushes To Carry Out Executions, Fighting Court Rulings And The Clock (April 17, 2017)
(WP) Arkansas Supreme Court blocks planned executions as state vows to appeal (April 17, 2017)
(local "TALK BUSINESS & POLITICS") Major milestones today in Arkansas execution proceedings (April 17, 2017)
Donnerstag Nacht erste Hinrichtung durchgeführt
Nachdem die ersten drei angesetzten Hinrichtungen in Arkansas verhindert werden konnten, kam es gestern Nacht zu einer Hinrichtung. Gouverneur Hutchinson will auch die anderen Hinrichtungen durchziehen, weil Ende April eines der Präparate aus dem Giftcocktail abläuft. Todesstrafengegner*innen und Anwält*innen kündigten an, weiter zu kämpfen, um die anderen Gefangenen zu retten.